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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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folgte ihr die teppichbelegten Treppen hinauf in den ersten Stock. Der Flur oben war mit Bücherregalen vollgestellt. Viele von den schönen Augenblicken ihres Lebens verdankte sie wohl den Büchern. Mindestens tausend standen ordentlich und staubfrei in Reih und Glied. Wie sie sofort entdeckt hatte, daß in dieser ordentlichen Infanterie etwas fehlte, war erstaunlich. Meine Wohnungstür mußte schon mit der Axt zertrümmert sein, damit ich merkte, daß eingebrochen worden war.
    Sie machte eine Kopfbewegung in Richtung einer offenen Tür zu meiner Rechten. »Curtis' Büro. Letzten Montag bin ich heraufgelaufen, weil es nach Feuer roch. Er versuchte, seine Notizbücher im Papierkorb zu verbrennen. Eine glorreiche Idee, weil der Papierkorb aus Leder ist und natürlich auch brannte und entsetzlich stank. Da war mir klar, daß, was immer ihn bedrückte, mit diesen Aufzeichnungen zu tun hatte. Aber ich hielt es für falsch, daß er sich aus der Affäre zog, indem er zerstörte, was er einmal geschrieben hatte.«
    Seltsamerweise verspürte ich plötzlich Sympathie für Curtis Chigwell, der mit dieser Festung von Rechtschaffenheit leben mußte. Mich hätte das zu stärkeren Stimulanzen als Tee getrieben.
    »Jedenfalls habe ich die Aufzeichnungen an mich genommen und hinter meinen Segelsportbüchern versteckt. Offensichtlich ein dummer Fehler, weil Segeln immer meine große Leidenschaft war. Dort hätte Curtis als erstes nachgesehen. Ich glaube, er fühlte sich so gedemütigt, weil ich ihn erwischt hatte, oder er hatte Angst, daß er sein schreckliches Geheimnis nicht loswerden konnte, daß er am nächsten Tag versuchte, sich das Leben zu nehmen.«
    Ich schüttelte den Kopf. Max hatte al so doch recht. Ich hatte im Xer xes-Topf gerührt, und das hatte den Druck, der auf Chigwell lastete, verstärkt, so daß er geglaubt hatte, er habe keine andere Wahl mehr. Mir war leicht schwindlig. Ich folgte Miss Chigwell wortlos den Gang entlang, meine Füße versanken in dem weichen grauen Teppichboden. In einem Zimmer am Ende des Flurs sprang einem die Fülle von blühenden Pflanzen ins Auge. Es war Miss Chigwells Zimmer, eingerichtet mit einem Schaukelstuhl, einem Strickkorb und einer altertümlichen Schreibmaschine auf einem kleinen Tisch. Auch hier gab es Bücher über Bücher in hüfthohen Regalen, auf denen die farbenfroh blühenden Pflanzen standen. Sie kniete sich vor das Regal neben der Schreibmaschine und zog in grünes Leder gebundene altmodische Tagebücher heraus, auf denen in goldenen Lettern »Dr. med. Horace Chigwell« stand, insgesamt zwölf Bände, die achtundzwanzig Jahre protokollierten. Ich blätterte neugierig darin. Dr. Chigwell hatte eine saubere, steife, spinnwebartige Handschrift, ein Buchstabe stand akkurat neben dem anderen. Aber sie war schwierig zu entziffern. Die Bücher schienen die Krankengeschichte aller Xerxes-Angestellten zu enthalten.
    Ich saß in einem unbequemen Korbstuhl und suchte das Jahr 1962, das Jahr, in dem Louisa bei Humboldt angefangen hatte. Langsam fuhr ich mit dem Finger die Namen, die nicht in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt waren, entlang, fand Louisa aber nicht. 1963 tauchte sie am Ende der Liste als Weiße, siebzehn Jahre alt, wohnhaft in der Houston Avenue, auf. Der Name meiner Mutter sprang mir ins Auge - Gabriella Warshawski war die Person, die in einem Notfall verständigt werden sollte. Kein Wort über ein Kind, kein Wort über seinen Vater. Natürlich bewies das nicht, daß Chigwell nichts von Caroline gewußt hatte, nur daß er diese Tatsache nicht in seinen Notizbüchern vermerkt hatte. Der Rest des Eintrags bestand aus Notizen in medizinischer Kurzschrift: »BD 110/72, HgB 13, BUN 10, Bili 0.6, CR 0.7.« Ich vermutete, daß »BD« Blutdruck bedeutete, hatte aber nicht den blassesten Schimmer, was die anderen Buchstaben bedeuteten. Ich fragte Miss Chigwell, aber sie schüttelte den Kopf.
    »Dieses ganze technische Zeug war lange nach meiner Zeit. Mein Vater hat nie Blutuntersuchungen durchgeführt - damals konnten sie noch nicht einmal Blutgruppen bestimmen, geschweige denn all die anderen Dinge, die sie heute damit machen. Wahrscheinlich war ich zu verbittert, weil ich nicht Ärztin geworden war, als daß mich das noch interessiert hätte.«
    Eine Weile rätselte ich noch an den Einträgen herum, entschied dann jedoch, daß das Lottys Sache war. Jetzt hatte ich mich um das zu kümmern, wovon ich etwas verstand: Ich fragte Miss Chigwell, wie die Einbrecher ins Haus

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