Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
zeichnen.«
»Gibt es irgendeinen Grund, warum sich diese Symbole auf einer Waffe befinden sollten? Irgendeine größere Symbolik oder Bedeutung?«, hakte Dimitri nach.
»Na ja, ich wiederhole mich: Wenn Sie zeitlich zurückgehen, waren diese Sonne und das Gold einmal die wichtigsten Dinge für die alten Alchemisten. Ihr ganzes Denken drehte sich um diese Idee von Licht und Klarheit.« Ich berührte meine Wange. »Das ist in gewisser Weise immer noch wichtig – deshalb verwenden wir diese goldene Tinte. Abgesehen von anderen Vorteilen kennzeichnet uns das Gold als … rein. Geheiligt. Teil einer heiligen Sache. Aber auf einem Schwert … ich weiß nicht. Wenn derjenige, der das gemacht hat, von denselben Symbolen ausgeht, dann ist das Schwert vielleicht geheiligt worden.« Ich dachte an die Worte der Angreifer zurück, daran, in die Hölle zurückzukehren. Ich verzog das Gesicht. »Oder seine Besitzer haben vielleicht das Gefühl, es würde einer heiligen Pflicht dienen.«
»Wer waren diese Männer überhaupt?«, fragte Adrian. »Glaubt ihr, Jill ist in Gefahr?«
»Über Vampire haben sie jedenfalls Bescheid gewusst. Aber es waren Menschen«, erwiderte Dimitri.
»Das konnte selbst ich erkennen«, stimmte ich ihm zu. »Der eine war ziemlich groß, aber kein Moroi.« Das Eingeständnis, dass unsere Angreifer Menschen gewesen waren, fiel mir schwer und verwirrte mich. Ich hatte immer die Strigoi für böse gehalten. Das war schön einfach. Nicht einmal Moroi konnten wir immer trauen, weswegen die Vorstellung von Moroi-Attentätern, die es auf Jill abgesehen hatten, nicht allzu weit hergeholt schien. Aber Menschen … also diejenigen, die ich beschützen sollte? Das war hart. Ich war von meinesgleichen angegriffen worden, von den sogenannten Guten, nicht den reißzahnbewehrten Bestien, die man mich zu fürchten gelehrt hatte. Es erschütterte meine Weltsicht in ihren Grundfesten.
Dimitris Gesicht wurde noch grimmiger. »Von so etwas habe ich noch nie gehört – im Wesentlichen, weil die meisten Menschen nichts von Moroi wissen. Abgesehen von den Alchemisten.«
Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. »Das hatte nichts mit uns zu tun. Ich habe Ihnen doch gesagt, Schwerter sind nicht unser Stil. Ebenso wenig Überfälle.«
Sonya legte das Schwert auf den Couchtisch. »Niemand beschuldigt irgendwen. Ich nehme an, dieses Thema solltet ihr beide in euren jeweiligen Gruppen anschneiden.« Dimitri und ich nickten. »Obwohl wir den wichtigsten Punkt hier meines Erachtens übersehen. Sie haben mich wie eine Strigoi behandelt. Es ist nicht die einfachste Methode, jemanden mit einem Schwert zu töten. Dafür muss es einen Grund gegeben haben.«
»Es ist die einzige Möglichkeit, wie ein Mensch einen Strigoi töten könnte«, murmelte ich. »Menschen können keinen Silberpflock verzaubern. Ich nehme an, sie könnten sie in Brand stecken, aber das ist in einer Gasse nicht sehr praktisch.«
Stille senkte sich herab, während wir über die Angelegenheit nachgrübelten. Schließlich seufzte Sonya. »Ich glaube nicht, dass wir heute Nacht noch etwas erreichen, ohne mit den anderen zu reden. Soll ich das heilen?«
Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie mit mir sprach. Ich berührte abermals meine Wange. »Nein, das heilt schon von allein ganz schnell.« Das war eine der Nebenwirkungen des Vampirbluts in unserer Lilientätowierung. »Ich säubere die Wunde noch, bevor ich gehe.«
Dann ging ich so zuversichtlich, wie ich konnte, ins Bad. Als ich mein Bild im Spiegel sah, verlor ich meine Gelassenheit. Der Kratzer war nicht schlimm, überhaupt nicht. Was mich hauptsächlich aufregte, war das, wofür er stand. Sonya hatte die Klinge an der Kehle gehabt, aber mein Leben hatte ebenfalls in großer Gefahr geschwebt. Man hatte mich überfallen, und ich war hilflos gewesen. Ich machte einen Waschlappen nass und versuchte, ihn an mein Gesicht zu heben, aber meine Hände zitterten zu sehr.
»Sage?«
Adrian erschien in der Tür. Ich wollte hastig die Tränen wegblinzeln, die mir in die Augen getreten waren. »Ja?«
»Bist du okay?«
»Kannst du das nicht meiner Aura entnehmen?«
Er gab keine Antwort, sondern nahm mir stattdessen den Waschlappen ab, bevor ich ihn fallen ließ. »Dreh dich um!«, befahl er. Ich tat wie mir geheißen, und er tupfte den Kratzer damit ab. Jetzt, da er mir so nah war, sah ich, dass seine Augen blutunterlaufen waren. Außerdem roch ich den Alkohol. Trotzdem war seine Hand ruhiger als meine.
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