Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
Alle konnten entweder in sehr kurzer Zeit gewoben oder im Voraus für unmittelbar destruktive Effekte hergestellt werden – wie der Feuerzauber.
Es waren genau die Zauber, nach denen ich Ms Terwilliger gefragt hatte.
Zornig stopfte ich das Buch in den Umschlag zurück. Wie konnte sie es wagen, mich damit verführen zu wollen? Glaubte sie, es würde mich für alles entschädigen, was ich ihretwegen durchgemacht hatte? Mrs Weathers war noch unten, und ich hatte große Lust, ihr das Buch zurückzugeben und zu sagen, es sei versehentlich an mich geschickt worden. Oder ich konnte es auch einfach gleich morgen früh auf Ms Terwilligers Schreibtisch legen. Ich wünschte jetzt, es nicht einmal geöffnet zu haben. Es ungeöffnet »zurück an den Absender« zu schicken, hätte ihr sehr deutlich klargemacht, dass sie mich nicht dadurch in ihren magischen Kreis hineinziehen konnte, dass sie ein Thema fand, das mich interessierte.
Mrs Weathers kannte jedoch meine Verbindung zu Ms Terwilliger, und sie würde mir einfach sagen, ich solle es doch morgen selber zurückgeben. Also würde ich das Ding bis dahin behalten müssen. Ich tröstete mich damit, dass ich etwas Klebeband hervorholte. Ich konnte zwar nicht ungeschehen machen, dass ich den Umschlag geöffnet hatte, aber es hatte etwas psychologisch Beruhigendes, ihn wieder zu versiegeln.
Doch als ich mich daran machte, das Klebeband abzuwickeln, wirbelten meine Gedanken zurück zu dem Abend mit Adrian und Wolfe. Wolfe vertrat die Theorie, dass die meisten Überfälle zufällig geschahen und ihren Grund in der Achtlosigkeit des Opfers hatten. Das hatte mich ein wenig beruhigt. Zusätzlich zu dem Wissen, nach welchen Anzeichen für Gefahr ich Ausschau halten musste, verlieh mir diese Aussage Zuversicht. Er hatte beiläufig Überfälle erwähnt, die geplant oder von eher persönlicher Natur waren, aber diese standen offensichtlich nicht im Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Trotzdem lenkten sie mich zurück zu meinem Gespräch mit Adrian. Was, wenn an Clarences Geschichten etwas Wahres war? Was, wenn Vampirjäger real waren? Wir hatten die ganze Zeit über gewusst, dass der Angriff auf Sonya nicht zufällig erfolgt war, aber wenn sie es wirklich mit einer Gruppe zu tun hatte, die seit dem Mittelalter existierte … nun … meine und Adrians Ängste wären dann berechtigt. Sie würden sie wahrscheinlich erneut überfallen. Wie sehr sie auch abgelegene Parkplätze meiden mochte oder leichtsinnige Spaziergänge, es würde diese Leute gewiss nicht aufhalten.
Ich warf noch einen Blick auf den Umschlag und beschloss, ihn doch nicht gleich zu versiegeln.
Kapitel 13
A m Tag des Balls erwog ich ernsthaft, noch einmal in das Kostümgeschäft zu gehen und das entflammbare weiße Kostüm zu kaufen.
Lias Kleid war … schon etwas mehr, als ich erwartet hatte.
Sie hatte eine sehr gute Nachahmung der Chitons angefertigt, wie sie die alten Griechen getragen hatten, das musste ich ihr lassen. Das Kleid war ärmellos und an den Schultern festgesteckt, so dass sich ein Ausschnitt ergab, der tiefer war, als mir behagte. Das Kleid war bodenlang, und sie hatte meine Größe irgendwie vollkom men richtig geschät zt, ohne meine Maße zu nehmen. Aber hier endete die historische Ähnlichkeit auch. Das Material war irgendeine Art von Seide, ein fließender Stoff, der sich anschmiegte und meine Figur besser zur Geltung brachte, als man es von einem Kleid erwarten sollte. Was immer es für ein Material sein mochte – die alten Griechen hätten es nicht herstellen können, und es war … rot.
Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal Rot getragen hatte. Vielleicht als Kind. Sicher, die verschiedenen Amberwood-Uniformen zeigten manchmal Burgundertöne, aber das Rot war in ihnen doch sehr gedämpft. Doch der Chiton war von einem leuchtenden, flammenden Scharlachrot. Derart intensive Farben hatte ich noch nie getragen. Mir gefiel nicht, welche Aufmerksamkeit ich dadurch erregte. Verstärkt wurde der Effekt noch durch das viele Gold, das sie in das Kleid eingearbeitet hatte. Glitzernde Goldfäden tanzten an den Säumen des roten Stoffes. Der Gürtel war ebenfalls golden – und bestand nicht aus dem billigen Plastik des Kostüms im Geschäft. Die Nadeln, die das Kleid zusammenhielten, waren golden (oder zumindest aus einem hochwertigen Metall, das wie Gold wirkte), ebenso die Accessoires, die sie beigelegt hatte: Kette und Ohrringe aus kleinen Münzen. Sie hatte mir sogar einen goldenen
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