Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
war aber trotzdem gefährlich. Nur Alchemisten durften sich um die Tode dieser Bestien kümmern und sie vor durchschnittlichen Menschen geheim halten.
»Könntest du andere Alchemisten nach Jägern fragen?«, erkundigte sich Adrian.
»Nein, noch nicht. Ich kann vielleicht in einigen Unterlagen stöbern, aber ich könnte diese Angelegenheit nie offiziell zur Sprache bringen. Sie würden sich an die Theorie meines Dads halten – dass es sich einfach um eine zufällig entstandene, etwas abseitige Gruppe von Menschen handelt. Dann würden sie mich auslachen.«
»Weißt du, wer dich nicht auslachen würde?«
»Clarence«, sagten wir beide wie aus einem Mund.
»Das ist kein Gespräch, auf das ich mich freue«, erklärte ich erschöpft. »Aber er könnte vielleicht doch etwas wissen. Und seine ganze Paranoia könnte sich auszahlen. All diese Bemühungen, sein Haus sicher zu machen? Falls es sich diese Gruppe wirklich in den Kopf gesetzt hat, Sonya etwas anzutun, dann ist sie vielleicht in noch größerer Gefahr, als uns bewusst war.«
»Wir müssen es Belikov erzählen. Er ist ein Meister im Beschützen. Er wird nicht ruhen, wenn wir ihn davon überzeugen, dass sie in Schwierigkeiten steckt – was nach dem Überfall mit dem Schwert doch recht wahrscheinlich zu sein scheint.« Ich bemerkte, dass Adrian jetzt zum allerersten Mal ohne Bitterkeit über Dimitri gesprochen hatte. Tatsächlich klangen seine Worte und sein Lob aufrichtig. Er glaubte wirklich an Dimitris Fähigkeiten. Ich behielt meine Beobachtung jedoch für mich. Wenn Adrian seinen Hass auf Dimitri überwinden konnte, musste es allmählich geschehen und ohne jede Hilfe von außen.
Ich setzte Adrian ab. Wir hatten vor, später weiterzureden. Gleich nach meiner Rückkehr in die Amberwood winkte mich Mrs Weathers heran. Was ist denn jetzt schon wieder? Ich war bereit mir anzuhören, dass Angeline etwas in Brand gesteckt hatte. Stattdessen wirkte Mrs Weathers’ Gesicht gelassen – freundlich sogar – , und ich wagte es, das Beste zu hoffen.
»Es sind einige Sachen für Sie gekommen, meine Liebe«, sagte sie. Aus einem kleinen Büro hinter ihrem Schreibtisch förderte sie zwei Kleiderbügel mit Kleidersäcken daran zutage, deren Reißverschlüsse zugezogen waren. »Eine kleine, energische Frau hat sie abgegeben.«
»Lia.« Ich nahm die Kleiderbügel und fragte mich, was ich darin finden würde. »Vielen Dank.«
Ich wollte mich schon abwenden, aber Mrs Weathers ergriff erneut das Wort. »Noch eins. Ms Terwilliger hat auch etwas für Sie hiergelassen.«
Ich versuchte, einen neutralen Ausdruck zu bewahren. Ich ertrank bereits in Ms Terwilligers letzten Aufträgen. Was war denn jetzt schon wieder? Mrs Weathers reichte mir einen großen Umschlag, der sich anfühlte, als sei ein Buch darin. Auf der Außenseite standen die Worte gekritzelt: Keine Arbeit. Vielleicht verabscheuen Sie das hier nicht. Ich bedankte mich noch einmal bei Mrs Weathers und schleppte meine Beute nach oben aufs Zimmer. Nachdem ich die Kostüme ungeöffnet auf mein Bett gelegt hatte, öffnete ich sofort den Umschlag. Etwas an ihrer Notiz verursachte mir Unbehagen.
Ich war nicht völlig überrascht, ein weiteres Zauberbuch vor mir zu haben. Es überraschte mich nur, dass dieses neu war, anders als diejenigen, über denen ich für sie gebrütet hatte. Das hier war modern. Es war kein Verlag aufgeführt, daher handelte es sich wahrscheinlich um einen Privatdruck, aber es war offensichtlich innerhalb der letzten Jahre gedruckt und gebunden worden. Verblüffend. Ich hatte Ms Terwilliger bewusst nie nach ihren magischen Freunden und ihrem Lebensstil gefragt, aber ich hatte immer angenommen, dass sie die staubigen, alten Bände lasen, die ich für sie übersetzen und kopieren sollte. Dass sie an ihren eigenen, neuen und auf den neuesten Stand gebrachten Büchern arbeiten könnten, war mir nicht einmal in den Sinn gekommen – obwohl es das hätte tun sollen.
Ich hatte keine Zeit, mir Vorwürfe zu machen, nicht, sobald ich einen Blick auf den Titel des Buches geworfen hatte. Der Unsichtbare Dolch: Praktische Zauber für Angriff und Verteidigung. Während ich durch die Seiten blätterte, sah ich, dass die Zauber tatsächlich genau das sein mussten, was der Titel vermuten ließ, aber auf eine modernere Weise formuliert, als ich es gewohnt war. Ihre Ursprünge wurden zitiert, dazu Zeiten und Orte. Sie waren zwar sehr verschieden, unterschieden sich aber kaum in der ihnen zugeschriebenen Effizienz.
Weitere Kostenlose Bücher