Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
schön, sie mal wieder zu sehen.«
Geistesabwesend berührte ich meine Wange. In der Schule überdeckte ich die goldene Lilie normalerweise mit Make-up, aber hier beim Ball konnte ich einfach behaupten, sie gehöre zum Kostüm, falls mich irgendwelche Lehrer wegen der Kleiderordnung in die Mangel nahmen.
Ein weiterer schneller Song wurde gespielt, und Treys Miene hellte sich wieder auf. »Jetzt werd ich mal zeigen, was ich als Tänzer draufhabe! Kommt ihr mit? Oder wollt ihr den ganzen Abend über den Punsch beaufsichtigen?«
»Ich stehe wirklich nicht auf schnelle Tänze«, sagte Brayden. Vor Erleichterung sackte ich fast in mir zusammen.
»Ich auch nicht«, bekräftigte ich.
Trey bedachte uns mit einem betrübten Lächeln, bevor er sich auf den Weg machte. »Was für eine Überraschung!«
Brayden und ich verbrachten tatsächlich einen guten Teil des Abends am Punschkessel und setzten unsere Diskussion über die Ursprünge Halloweens und die Umwandlung heidnischer Feiertage in christliche fort. Gelegentlich kamen Freunde von mir vorbei, und insbesondere Kristin und Julia schwärmten unaufhörlich von meinem Kleid. Ab und zu erhaschte ich auch einen Blick auf Eddie, der stumm und heimlich durch die Menge ging und jeden musterte. Vielleicht hätte er lieber gleich als Geist gehen sollen. Er blieb fast immer in Sichtweite von Jill und Micah, aber die Konzentration auf seine Wächterpflichten bewahrte ihn anscheinend davor, sich allzu sehr nach ihr zu verzehren.
Sowohl Brayden als auch ich hielten im Gespräch inne, als endlich ein langsamer Song gespielt wurde. Wir verkrampften uns und wechselten dann einen Blick; wir wussten beide, was jetzt kam. »Okay«, sagte er. »Wir können uns nicht die ganze Zeit davor drücken.«
Ich brach beinahe in Gelächter aus, das er mit einem kleinen Lächeln erwiderte. Auch er war sich vollauf über unsere Unbeholfenheit in solchen Dingen im Klaren. Irgendwie war das tröstlich. »Jetzt oder nie«, stimmte ich zu.
Wir gingen auf die Tanzfläche zu den anderen eng umschlungenen Paaren. Zu sagen, dass die meisten von ihnen tanzten, wäre eine sehr großzügige Auslegung des Begriffs Tanzen gewesen. Die Mehrzahl wiegte sich einfach ziemlich steif hin und her und drehte sich dabei. Einige nutzten die Gelegenheit, um sich aneinanderzuschmiegen und rumzumachen. Sie wurden dann eilends von Anstandsdamen auseinandergezogen.
Ich ergriff eine Hand Braydens, und er legte mir die andere Hand auf die Hüfte. Abgesehen von dem Kuss war das wahrscheinlich der intimste Kontakt, den wir bisher gehabt hatten. Es waren immer noch einige Zoll zwischen uns, aber ich musste angesichts der Verschiebung meiner Grenzen einfach überwältigt sein. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass ich Brayden mochte und ihm vertraute und dass an der Situation nichts merkwürdig war. Wie üblich fühlte ich mich nicht wie im siebten Himmel, aber auch nicht bedroht. Weil ich meine Gedanken von unserer Nähe ablenken wollte, achtete ich auf das Musikstück und bekam fast sofort ein Gefühl für den Takt. Etwa eine Minute nach Beginn der Liedes ging Brayden auf, was ich da tat.
»Du … du kannst tanzen«, sagte er erstaunt.
Überrascht sah ich zu ihm auf. »Natürlich.« Ich rauschte wohl kaum in einem großartigen Walzer durch den Ballsaal, aber meine Bewegungen erfolgten durchaus im Takt der Musik. Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, wie man sonst tanzen sollte. Brayden hingegen war nur einen Schritt von den steifen Bewegungen der meisten anderen Paare entfernt. »Ist nicht schwer«, fügte ich hinzu. »Einfach irgendwie mathematisch.«
Sobald ich es so formulierte, fiel bei ihm der Groschen. Er lernte schnell, und wir zählten gemeinsam die Schläge. Nicht lange, und wir erweckten den Eindruck, seit Ewigkeiten Tanzunterricht genommen zu haben. Eine größere Überraschung erlebte ich, als ich einmal zu ihm aufsah. Ich hätte erwartet, dass er konzentriert mitzählte. Stattdessen musterte er mich mit einem sanften Gesichtsausdruck … einem liebevollen sogar. Errötend wandte ich den Blick ab.
Erstaunlicherweise haftete ihm noch immer der Geruch von Kaffee an, obwohl er heute gar nicht gearbeitet hatte. Vielleicht konnte er diesen Duft auch durch noch so viele Duschen nicht loswerden. Aber so sehr ich Eau de Café liebte, so sehr ertappte ich mich doch dabei, dass ich daran dachte, wie Adrians Rasierwasser bei Wolfe gerochen hatte.
Beim nächsten schnellen Stück legten Brayden und ich eine Pause ein, und
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