Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
er entschuldigte sich, weil er mit dem DJ sprechen wollte. Nach seiner Rückkehr wollte er sein mysteriöses Tun nicht erklären, erschien jedoch sehr zufrieden mit sich selbst. Schon bald folgte ein weiteres langsames Stück, also kehrten wir auf die Tanzfläche zurück.
Und das Gespräch zwischen uns kam ausnahmsweise einmal zum Erliegen. Es reichte aus, eine Weile bloß zu tanzen. So fühlt sich das einfache Leben an, dachte ich. So was tun Leute in meinem Alter. Keine großen Machenschaften oder Kämpfe zwischen Gut und …
»Sydney?«
Jill stand neben uns – einen besorgten Ausdruck auf dem Gesicht. Sofort schrillten bei mir die Alarmglocken. War sie vor einigen Stunden noch glücklich und sorglos gewesen, so war ihre Ausstrahlung jetzt eine völlig andere, und ich überlegte, worin der Grund dafür bestehen mochte. »Was ist?«, fragte ich. Meine erste Sorge galt Adrian – dass sie etwas durch das Band gespürt hatte. Ich schüttelte den Gedanken aber wieder ab. Ich musste mir eher Sorgen um Attentäter der Moroi machen, nicht um Adrians Wohlergehen.
Jill erwiderte nichts, sondern deutete mit dem Kopf einfach zu dem Tisch mit dem Punsch hin, fast genau zu der Stelle, wo Brayden und ich zuvor gestanden hatten. Dort unterhielt sich jetzt Trey, und zwar höchst angeregt, mit einem Mädchen, das eine venezianische Maske trug. Die Maske war wunderschön – eisblau, dekoriert mit silbernen Blättern und Blumen. Die Maske kam mir außerdem vertraut vor. Jill hatte sie bei Lias Modenschau getragen und behalten dürfen. Gleichermaßen vertraut war das Outfit des maskierten Mädchens, eine fast durchsichtige Bluse und ausgefranste Jeansshorts …
»Nein«, sagte ich, als ich das lange, rotblonde Haar erkannte. »Angeline. Wie ist sie hergekommen? Ach, vergiss es.« Sie konnte sich mit allen möglichen Leuten hier eingeschlichen haben. Die Aufsicht hätte sie in einem Shuttlebus wahrscheinlich nicht bemerkt. »Wir müssen sie hier rauskriegen. Wenn man sie erwischt, fliegt sie mit Sicherheit von der Schule.«
»Die Maske verdeckt aber ihr Gesicht«, bemerkte Jill. »Vielleicht fällt ja niemandem was auf.«
»Mrs Weathers wird es schon auffallen«, sagte ich seufzend. »Diese Frau hat einen sechsten Sinn für – oh. Zu spät.«
Mrs Weathers fungierte zwar auf der anderen Seite des Raums als Aufsicht, aber ihren Adleraugen entging nichts. Noch während ich über die belebte Tanzfläche spähte, näherte sie sich dem Punsch. Eindeutig identifiziert hatte sie Angeline vermutlich noch nicht, aber ihr Verdacht war ohne Zweifel erregt.
»Was ist?«, fragte Brayden und blickte zwischen Jill und mir hin und her. Zweifellos stand auf unseren Gesichtern dasselbe Entsetzen geschrieben.
»Unsere Cousine wird gleich gewaltig Ärger bekommen«, antwortete ich.
»Wir sollten dringend was tun.« Jills Augen waren groß und ängstlich. »Wir müssen sie von hier wegbringen.«
»Wie?«, rief ich.
Gerade als sich Trey und Angeline auf den Weg zur Tanzfläche machten, hatte Mrs Weathers den Tisch mit den Getränken erreicht. Sie folgte den beiden, kam jedoch nicht sehr weit – weil der Punschkessel plötzlich explodierte.
Nicht die Schale selbst. Der Punsch darin spritzte explosionsartig und in einem spektakulären Schauer aus leuchtend grüner Flüssigkeit durch den Raum. Mehrere Leute in der Nähe wurden getroffen, und lautes Gekreisch ertönte. Aber es war Mrs Weathers, die das meiste abbekam.
Ich hörte, wie Brayden scharf Luft holte. »Wie um alles in der Welt ist das denn passiert? Das muss – Sydney?«
Ich hatte aufgeschrien und war einen Meter zur Seite gesprungen, weil ich genau wusste, weswegen diese Schale explodiert war. Brayden vermutete, dass meine Reaktion ihren Grund in Angst oder einer Verletzung hatte. »Schon gut«, sagte er. »Wir sind zu weit entfernt für irgendwelche Splitter.«
Sofort sah ich zu Jill hinüber. Sie antwortete mit einem hilflosen kleinen Achselzucken, das sagte: Na ja, was hätte ich denn sonst tun sollen? Meine übliche Reaktion auf Moroi-Magie waren Abscheu und Furcht. Heute Abend mischten sich auch noch Schock und Entsetzen darunter. Wir sollten keine Aufmerksamkeit auf uns lenken. Na gut, niemand wusste oder hätte auch nur erraten können, dass Jill vampirische Wassermagie angewandt hatte, aber es spielte auch keine Rolle. Es sollte sich halt nur nicht herumsprechen, dass an der Amberwood merkwürdige, unerklärliche Phänomene auftraten. Wir mussten unter dem Radar
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