Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
den anderen gefolgt. Sie haben es mir zwar verboten, aber … na ja.« In dem schwachen Mondlicht konnte ich sein Achselzucken kaum sehen. »Ich bin nicht sehr gut darin, Befehlen zu folgen. Als Castile mit Sonya herauskam und etwas davon faselte, dass du durch irgendeine Tür gelaufen seiest, habe ich mir gedacht, ich laufe mal schnell um den Block. Ich glaube, auch das hätte ich nicht tun sollen, aber die Wächter waren gerade irgendwie beschäftigt.«
»Du bist verrückt«, fauchte ich, obwohl ich glücklich darüber war, an diesem elenden Ort nicht im Stich gelassen worden zu sein. »Die Krieger sind so verrückt, dass sie einen Moroi wahrscheinlich sofort töten würden, wenn sie dich sähen.«
Er zog an meiner Hand. Selbst während seines Geplänkels hatten seine Worte einen harten Unterton gehabt. Er war sich vollauf der Gefahr bewusst, mit der wir es zu tun hatten. »Dann sollten wir jetzt besser von hier verschwinden.«
Adrian führte mich zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war, dann ging er um die gegenüberliegende Seite des Gebäudes herum. Ich sah die Lichter der Straße noch nicht, aber Adrian drehte bald ab und rannte zur anderen Seite des Grundstücks, also von dem Gebäude weg. Ich rannte neben ihm her und hielt noch immer seine Hand.
»Wohin laufen wir?«, fragte ich.
»Die Wächter haben sich auf der hinteren Seite des Geländes versammelt, damit man sie nicht entdeckt. Dieser Teil des Zauns ist abgeschaltet worden – falls du darüber klettern kannst.«
»Natürlich kann ich. Ich bin praktisch ein Wunderkind im Sportunterricht«, bemerkte ich. »Die Frage ist vielmehr, können Sie das auch, Mr Raucher?«
Der Zaun war zu erkennen, als wir näherkamen, und zwar im Wesentlichen deshalb, weil er einige der Sterne verdeckte. »Das ist der richtige Teil. Hinter dem zotteligen Busch«, sagte Adrian. Ich konnte keinen Busch erkennen, vertraute aber seinen Augen. »Geh ein kleines Stück daran vorbei, und dann kommt dieser Highway, den die Wächter als Sammelpunkt benutzt haben. Dort habe ich geparkt.«
Wir blieben vor dem Zaun stehen, beide ein wenig außer Atem. Ich spähte nach oben. »Weißt du genau, dass er immer noch ausgeschaltet ist?«
»Er war es jedenfalls, als wir reingekommen sind«, erwiderte Adrian, aber ich hörte eine leichte Unsicherheit in seiner Stimme. »Meinst du, diese Typen haben sich inzwischen genug berappelt, um das schon wieder repariert zu haben?«
»Nein«, gab ich zu. »Aber ich würde es trotzdem gern mit Bestimmtheit wissen. Ich meine, die meisten Elektrozäune, die im Handel erhältlich sind, würden zwar niemandem ernsthaften Schaden zufügen, aber wir sollten uns vergewissern.«
Er sah sich um. »Können wir einen Stock darauf werfen?«
»Holz leitet nicht.« Ich stöberte in meiner Handtasche und fand, was ich wollte: Einen Metallstift mit Kunststoffgriff. »Hoffentlich fängt der Kunststoff das Schlimmste ab, falls der Zaun wirklich geladen ist.« Ich gab mir Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen, und berührte den Zaun mit dem Stift, wobei ich halb erwartete, von einem heftigen Stromschlag zurückgeschleudert zu werden. Nichts geschah. Ich strich langsam mit dem Stift über den Zaun, da die meisten Elektrozäune einen unterbrochenen Impuls haben. Beständiger Kontakt wäre da vonnöten. »Sieht sauber aus«, meinte ich und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, bevor ich mich zu Adrian umdrehte. »Ich schätze, uns kann nichts passieren – ahh!«
Ein grelles Licht schien mir in die Augen, blendete mich und löschte aus, was ich an Nachtsicht hier draußen gewonnen hatte. Adrian stieß ebenfalls einen überraschten Ruf aus.
»Es ist das Mädchen!«, erklang eine laute Männerstimme. »Und … und einer von ihnen!«
Die Taschenlampe glitt über mein Gesicht, und obwohl vor meinen Augen immer noch Punkte tanzten, konnte ich zwei massige, schnell herankommende Gestalten ausmachen. Waren sie bewaffnet? Meine Gedanken rasten. So oder so war es gleichgültig. Sie stellten eine Bedrohung dar, da sich die Krieger in ihrer Freizeit schließlich gern im Zweikampf übten, ganz im Gegensatz zu Adrian und mir.
»Keine Bewegung«, befahl einer von ihnen. Eine Klinge blitzte im Schein der Taschenlampe auf. Nicht so schlimm wie eine Pistole, aber auch nicht sonderlich toll. »Ihr kommt beide mit, wieder rein.«
»Langsam«, fügte der andere hinzu. »Und keine Tricks!«
Zu ihrem Pech hatte ich allerdings noch ein paar Tricks im Ärmel. Schnell
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