Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
bekommen?«
»Ungefähr eine halbe Meile entfernt liegt eine Haltestelle. Sie hat eine Verbindung zu einer anderen Linie, die nach Carlton fährt. Die ganze Fahrt dauert ungefähr eine Stunde.«
Ich muss gestehen, das machte mich sprachlos. Es erstaunte mich, dass Adrian so viel herausgefunden hatte, und erst recht, dass er diese Mühe bereitwillig auf sich nehmen wollte. Doch auf der Rückfahrt kam von ihm kein einziges Wort der Klage darüber, wie unbequem es wäre oder wie lange er warten müsste, bis er bei Clarence ausziehen könnte.
Als ich wieder in der Amberwood ankam, brannte ich darauf, Jill die Neuigkeiten über Adrians Erfolg am College zu überbringen – nicht dass sie dazu mich gebraucht hätte. Über das Band würde sie wahrscheinlich ohnehin schon mehr wissen als ich. Trotzdem machte sie sich immer Sorgen um ihn und mochte sich zweifellos freuen, dass etwas gut für ihn lief.
Bei meiner Rückkehr war Jill nicht in unserem Zimmer, aber eine Notiz informierte mich darüber, dass sie anderswo im Wohnheim lernte. Der einzig positive Teil ihrer Strafe war der, dass sie sich nur an begrenzten Orten aufhalten konnte. Ich beschloss, diese Gelegenheit zu nutzen, um Ms Terwilligers verrücktes Amulett herzustellen. Ich hatte die meisten der notwendigen Zutaten erworben, und mit Erlaubnis des Geologielehrers hatte mir Ms Terwilliger Zugang zu einem der Chemielabors verschafft. So spät am Abend war niemand mehr dort, daher hatte ich reichlich Platz und Ruhe, um das Gebräu zusammenzumischen.
Wie wir bemerkt hatten, waren die Anweisungen extrem detailliert und – meiner Meinung nach – überflüssig. Es reichte nicht aus, einfach die Nesselblätter abzuwiegen. Die Anweisungen verlangten, dass sie eine Stunde ruhten , während ich alle zehn Minuten zu ihnen sagen sollte: »Mit der Flamme sei getränkt.« Außerdem musste ich den Achat kochen, um ihn mit Hitze zu tränken . Die übrigen Anweisungen waren ähnlich, und mir war sofort klar, dass Ms Terwilliger unmöglich wissen konnte, ob ich alles buchstabengetreu befolgt hatte – insbesondere die Beschwörungen. Trotzdem, der ganze Sinn dieser Nummer bestand darin zu berichten, wie es war, ein Magier alter Zeiten zu sein. Also befolgte ich pflichtschuldigst alle Anweisungen und konzentrierte mich darauf, sämtliche Schritte perfekt nachzuvollziehen, so dass ich bald in eine Art Trance fiel, in der nichts außer dem Zauber existierte.
Über zwei Stunden später war ich dann fertig und überrascht darüber, wie erschöpft ich mich fühlte. Das Ergebnis rechtfertigte gewiss nicht all die Energie, die ich hineingesteckt hatte. Übrig blieb mir eine Lederschnur, an der ein mit Blättern und Steinen gefüllter Seidenbeutel hing. Ich kutschierte ihn und meine Notizen zurück zu meinem Wohnheimzimmer, wo ich mich an meinen Bericht für Ms Terwilliger setzen wollte, damit ich diese Aufgabe erledigt hätte.
Als ich mein Zimmer erreichte, schnappte ich beim Anblick der Tür nach Luft. Irgendwer hatte über die ganze Fläche Fledermäuse und Gesichter mit Reißzähnen gemalt – mit roter Farbe. Quer über die Außenseite stand in großen Blockbuchstaben das Wort:
VAMPIRMÄDCHEN
Voller Panik stürzte ich in den Raum. Jill war dort – zusammen mit Mrs Weathers und einer anderen Lehrerin, die ich nicht kannte. Beide gingen unsere Sachen durch. Ich sah mich ungläubig um.
»Was ist hier los?«, fragte ich.
Jill schüttelte den Kopf. Ihre Miene wirkte gequält, sie konnte nicht antworten. Anscheinend war ich am Schluss der Durchsuchung eingetroffen, weil Mrs Weathers und ihre Kollegin bald fertig wurden und zur Tür gingen. Ich war froh, dass ich meine Alchemistenvorräte am vergangenen Abend mit ins Labor genommen hatte. Die Ausrüstung enthielt einige Messbecher, die ich mitgenommen hatte, weil ich sie vielleicht benötigen würde. Gewiss wollte ich den Wohnheimbehörden nicht erklären, warum ich einen Vorrat an Chemikalien besaß.
»Nun«, sagte Mrs Weathers streng. »Hier scheint nichts zu sein, aber später werde ich vielleicht noch eine weitere unangemeldete Durchsuchung vornehmen – also kommen Sie nicht auf irgendwelche dummen Ideen. Sie haben schon so genug Ärger.« Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen, Miss Melrose.«
Jill erbleichte. »Ich sage Ihnen doch, das war alles ein Irrtum!«
»Wollen wir es hoffen«, erwiderte Mrs Weathers unheilverkündend. »Wollen wir es hoffen. Ich hätte große Lust, Sie diesen
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