Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
brauchen.«
Als ich hinauseilte, hörte ich Abe sagen: »So zart besaitet. Man sollte meinen, sie wäre nicht so zimperlich, wenn man ihren Beruf bedenkt. Aber Ihnen, junger Mann, macht es anscheinend nicht so viel aus, über Blut zu reden … «
Abes Streicheleinheiten für Keith’ Ego zeigten Wirkung, und Keith stürzte sich in die eine Geschichte, die ich ganz bestimmt nicht hören wollte. Ich ging zurück durch den dunklen Flur und trat nach draußen. Die frische Luft war mir willkommen, auch wenn es über fünf Grad wärmer war als in dem Raum, den ich gerade verlassen hatte. Ich holte ein paarmal tief Luft und zwang mich zu Gelassenheit. Alles würde gut werden. Abe würde bald aufbrechen. Keith würde in seine eigene Wohnung zurückkehren. Ich würde mit Jill und Eddie an die Amberwood gehen – und die beiden waren anscheinend wirklich keine schlechte Gesellschaft, wenn man sich überlegte, mit wem ich auch hätte zu tun bekommen können.
Ohne ein echtes Ziel beschloss ich, mir Clarence’ Haus etwas näher anzusehen. Ich entschied mich für eine Richtung und begann meinen kleinen Rundgang. Die Außenfront war mit bewundernswerter Liebe zum Detail gestaltet worden. Auch wenn die Villa in der südkalifornischen Landschaft deplatziert wirkte, blieb sie beeindruckend. Ich hätte schon immer liebend gern Architektur studiert – ein Fach, das mein Vater für sinnlos hielt – , und war von meiner Umgebung beeindruckt. Als ich mich umschaute, bemerkte ich, dass auch die Gartenanlage nicht zu dieser Umgebung passte. Ein Großteil des Landes in dieser Region war durch den sommerlichen Mangel an Regen braun geworden, aber Clarence hatte offensichtlich ein Vermögen ausgegeben, seinen ausgedehnten Garten üppig und grün zu halten. Exotische Bäume – schön und voller Blüten – waren kunstvoll arrangiert, um Gehwege und Innenhöfe zu schaffen.
Nachdem ich einige Minuten lang durch diese von Menschen geschaffene Natur geschlendert war, drehte ich um und kehrte zur Frontseite des Hauses zurück. Als ich jemanden hörte, blieb ich sofort stehen.
»Wo stecken Sie?«, erklang eine Stimme. Abe. Na klasse. Er suchte nach mir.
»Hier drüben«, hörte ich Adrian sagen. Ich konnte ihn so gerade eben verstehen. Seine Stimme kam von der anderen Seite des Hauses. Ich hörte jemanden über die geschotterte Einfahrt gehen. Dann hielten die Schritte inne, als sie das erreichten, was meiner Vermutung nach die Hintertür war – wo Abe stand.
Ich biss mir auf die Unterlippe und blieb, wo ich war, durch das Haus verborgen. Ich hatte beinahe Angst zu atmen. Mit ihrem scharfen Gehör konnten Moroi die winzigste Kleinigkeit auffangen.
»Hatten Sie überhaupt vor, jemals zurückzukommen?«, erkundigte sich Abe erheitert.
»Ich habe keinen Sinn darin gesehen«, war Adrians lakonische Antwort.
»Der Sinn ist Höflichkeit. Sie hätten sich die Mühe geben können, die Alchemisten kennenzulernen.«
»Sie wollen mich nicht kennenlernen. Insbesondere der Mann.« In Adrians Stimme lag ein verborgenes Gelächter. »Sie hätten sein Gesicht sehen sollen, als ich ihm an der Tür begegnet bin. Ich wünschte, ich hätte ein Cape angehabt. Das Mädchen hat zumindest einen gewissen Mut.«
»Trotzdem spielen sie eine entscheidende Rolle bei Ihrem Aufenthalt hier – und bei Jills Aufenthalt. Sie wissen, wie wichtig es ist, dass sie beschützt wird.«
»Ja, das verstehe ich. Und ich verstehe auch, warum sie hier ist. Was ich aber nicht verstehe, ist, warum ich hier bin.«
»Ach nein?«, fragte Abe. »Dabei hätte ich vermutet, dass es sowohl für Sie als auch für Jill offensichtlich ist. Sie müssen in ihrer Nähe bleiben.«
Es folgte eine Pause. »Das sagen alle … aber ich bin mir immer noch nicht sicher, ob es notwendig ist. Ich glaube nicht, dass sie mich in ihrer Nähe braucht, ganz gleich, was Rose und Lissa behaupten.«
»Haben Sie etwas Besseres zu tun?«
»Das ist nicht der Punkt.« Adrian klang verärgert, und ich war froh darum, nicht die Einzige zu sein, auf die Abe diese Wirkung hatte.
»Doch, das ist genau der Punkt«, widersprach Abe. »Sie haben bei Hof vor sich hin geschmachtet und sind in Ihrem eigenen Selbstmitleid ertrunken – unter anderem. Hier haben Sie die Chance, sich nützlich zu machen.«
»Nützlich für Sie.«
»Auch für Sie selbst. Dies ist eine Gelegenheit für Sie, etwas aus Ihrem Leben zu machen.«
»Nur dass Sie mir nicht erzählen wollen, was es ist, das ich tun soll!«, gab Adrian gereizt
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