Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
zurück. »Was ist das für eine große Aufgabe, die Sie da für mich haben, abgesehen von Jill?«
»Sie sollen zuhören. Zuhören und beobachten.« Ich konnte mir genau vorstellen, wie Abe sich beim Sprechen wieder auf diese besondere Art übers Kinn strich: wie der große Drahtzieher. »Beobachten Sie alle – Clarence, Lee, die Alchemisten, Jill und Eddie. Achten Sie auf jedes Wort, jedes Detail und erstatten Sie mir später Bericht darüber. Alles könnte nützlich sein.«
»Ich weiß nicht, ob das wirklich zur Klärung beiträgt.«
»Sie haben Potenzial, Adrian. Zu viel Potenzial, um es zu vergeuden. Es hat mir sehr leidgetan, was mit Rose geschehen ist, aber Sie müssen weiterziehen. Vielleicht ergeben die Dinge jetzt keinen Sinn, aber später schon. Vertrauen Sie mir.«
Adrian tat mir beinahe leid. Abe hatte mich ebenfalls einmal aufgefordert, ihm zu vertrauen, und was war daraus geworden?
Ich wartete, bis die beiden Moroi ins Haus zurückkehrt waren, und folgte ihnen eine Minute später. Im Wohnzimmer hatte Keith noch immer seine großspurige Haltung bewahrt, wirkte jetzt aber erleichtert, mich zurückzuhaben. Wir sprachen über weitere Einzelheiten und arbeiteten einen Zeitplan für die Nahrungsaufnahme aus, einen Plan, den einzuhalten meine Aufgabe war, weil ich Jill (und Eddie, da er sie nicht aus den Augen lassen wollte) zu Clarence und wieder zurück in die Schule fahren musste.
»Wie werden Sie zur Nahrungsaufnahme kommen?«, wandte ich mich an Adrian. Nachdem ich sein Gespräch mit Abe gehört hatte, war ich jetzt neugieriger denn je, welche Rolle er hier wohl spielen sollte.
Adrian stand auf der gegenüberliegenden Seite des Raums an der Wand. Er hatte die Arme defensiv vor der Brust verschränkt und zeigte eine gewisse Starre in der Haltung, die kaum zu dem trägen Lächeln passte, das er aufgesetzt hatte. Ich war mir nicht sicher, aber es sah aus, als wolle er so viel Abstand zwischen sich und Rose legen wie möglich. »Indem ich den Flur langgehe.«
Als Clarence meinen verwirrten Blick bemerkte, erklärte er: »Adrian wird hier bei mir wohnen. Es wird schön sein, noch jemanden in diesen alten Mauern zu haben.«
»Oh«, sagte ich. Mehr an mich selbst gerichtet murmelte ich: »Wie in Der geheime Garten. «
»Mmh?«, fragte Adrian, legte den Kopf schräg und sah mich an.
Ich zuckte zusammen. Ihr Gehör war gut. »Nichts. Ich habe nur gerade an ein Buch gedacht, das ich mal gelesen habe.«
»Oh«, erwiderte Adrian abschätzig und wandte den Blick ab. Mit diesem Wort schien er generell und überall seine Verdammnis über Bücher auszusprechen.
»Vergiss mich nicht«, schaltete sich Lee ein und grinste seinen Vater an. »Ich habe dir gesagt, dass ich häufiger da sein werde.«
»Vielleicht wird dich der junge Adrian dann aus Schwierigkeiten heraushalten«, erklärte Clarence.
Niemand sagte darauf etwas, aber ich sah, dass Adrians Freunde einige erheiterte Blicke wechselten.
Keith wirkte nicht mehr annähernd so durchgedreht wie bei unserer Ankunft, aber jetzt strahlte er etwas Neues aus, nämlich eine Ungeduld und Gereiztheit, die ich nicht recht verstand. »Nun«, begann er, nachdem er sich geräuspert hatte. »Ich muss nach Hause und mich um eine ernste Angelegenheit kümmern. Und da du meine Fahrerin bist, Sydney … «
Er ließ die Worte in der Luft hängen, sah mich jedoch vielsagend an. Nach allem, was ich in Erfahrung gebracht hatte, war ich mehr denn je davon überzeugt, dass es nirgendwo weniger Vampir-Aktivitäten gab als in Palm Springs. Ich kam ehrlich nicht dahinter, um welche Angelegenheit Keith sich kümmern musste, aber früher oder später mussten wir ohnehin aufbrechen. Eddie und Jill gingen ihr Gepäck holen, und Rose nutzte die Gelegenheit und nahm mich beiseite.
»Wie ist es dir ergangen?«, fragte sie leise. Ihr Lächeln war aufrichtig. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, seit … na ja, du weißt schon. Niemand wollte mir erzählen, was mit dir geschehen ist.« Bei unserer letzten Begegnung hatten mich Wächter in einem Hotel gefangen gehalten, während die Moroi dahinterzukommen versuchten, welche Rolle ich bei Roses Flucht gespielt hatte.
»Zuerst war ich ein wenig in Schwierigkeiten«, erzählte ich. »Aber das gehört jetzt der Vergangenheit an.« Was war schon eine kleine Lüge unter Freunden? Rose war so stark, dass ich den Gedanken nicht ertrug, vor ihr schwach zu erscheinen. Sie sollte nicht wissen, dass ich immer noch in Angst vor den Alchemisten
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