Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
Stelle ins Kreuzverhör nahm. Ich musste freundlich tun und sie so weit bringen, dass sie sich in meiner Nähe entspannten. Auch wenn sie nicht heimlich der Überzeugung anhingen, dass Menschen Geschöpfe der Dunkelheit seien, bedeutete das noch lange nicht, dass sie mir jetzt schon vertrauten. Ich machte ihnen keinen Vorwurf. Schließlich vertraute ich ihnen auch nicht.
Der Abend war bereits weit fortgeschritten, als wir an der Amberwood eintrafen. Keith und ich hatten die Schule zuvor ausgekundschaftet, aber Eddie und Jill musterten sie mit großen Augen. War Clarence’ Haus altmodisch gewesen, so war die Schule hell und modern und bestand aus weiß verputzten Bauten, wie sie für Kalifornien und die Architektur des Südwestens so typisch waren. Palmen umgaben üppige grüne Rasenflächen. In dem verblassenden Licht schlenderten noch immer Schüler zu zweit und in Gruppen über die vielen Gehwege, die sich über das Grundstück zogen.
Unterwegs hatten wir einen Imbiss zu uns genommen, aber die späte Stunde bedeutete, dass Jill und ich uns von Eddie trennen mussten. Mit achtzehn Jahren, einem Auto und elterlicher Genehmigung genoss ich einige Freiheit, was mein Kommen und Gehen betraf, aber ich musste ebenso wie alle anderen die abendliche Sperrstunde beachten. Eddie war nicht wohl dabei, Jill zu verlassen, insbesondere als er begriff, wie weit er von ihr entfernt sein würde.
Das ausgedehnte Gelände der Amberwood Prep war in drei Abschnitte eingeteilt: Campus Ost, West und Mitte. Der Ostcampus beherbergte das Wohnheim der Mädchen, während die Jungen im Westcampus untergebracht waren. Auf dem mittleren Campus, dem größten der drei, befanden sich die Verwaltung, die Klassenräume und die Freizeiteinrichtungen. Die Abschnitte waren ungefähr eine Meile voneinander entfernt und wurden tagsüber durch einen Shuttlebus miteinander verbunden, obwohl diejenigen, denen die Hitze nichts ausmachte, durchaus zu Fuß gehen konnten.
Eddie musste gewusst haben, dass er nicht im Wohnheim der Mädchen bleiben konnte, obwohl ich den Verdacht hatte, dass er, wäre es nach ihm gegangen, wie ein getreuer Hund am Fußende von Jills Bett geschlafen hätte.
Irgendwie war es erstaunlich, die beiden zu beobachten. Ich hatte noch nie zuvor ein Wächter-Moroi-Paar erlebt. Als ich mit Rose und Dimitri zusammen gewesen war, hatten sie einfach versucht, am Leben zu bleiben – außerdem waren sie beide Dhampire. Jetzt konnte ich das System endlich einmal in Aktion sehen und verstand, warum Dhampire so hart trainierten. Das war nötig, um so wachsam zu bleiben. Selbst in den profansten Augenblicken beobachtete Eddie ständig unsere Umgebung. Nichts entging seiner Aufmerksamkeit.
»Wie gut ist das Sicherheitssystem hier?«, fragte er, als wir das Mädchenwohnheim betraten. Er bestand darauf, es in Augenschein zu nehmen, bevor er in sein eigenes Wohnheim ging. In der Lobby war es um diese Stunde still, und nur einige wenige Schülerinnen kamen mit Kartons und Koffern, die sie noch auf den letzten Drücker auf ihre Zimmer brachten. Im Vorbeigehen warfen sie uns neugierige Blicke zu, und ich musste die Angst, die in mir aufstieg, mit Gewalt unterdrücken. In Anbetracht all dessen, was es sonst noch für mich zu tun gab, sollte mich das gesellschaftliche Leben der Highschool nicht erschrecken. Aber genau das tat es. So etwas deckten die Alchemisten in ihren Lektionen nicht ab.
»Die Sicherheitsvorkehrungen sind gut«, sagte ich mit bewusst leiser Stimme, während ich mich zu Eddie umdrehte. »Sie machen sich hier keine Sorgen um Vampirattentäter, wollen ihre Schüler jedoch bestimmt geschützt wissen. Ich habe erfahren, dass es nächtliche Patrouillen gibt.«
Eddie musterte die Wohnheimleiterin, eine stämmige, grauhaarige Frau, die die Lobby von ihrer Theke aus überwachte. »Meinst du, sie hat ein Zweikampftraining absolviert? Glaubst du, sie könnte einen Eindringling außer Gefecht setzen?«
»Ich wette, sie könnte einen Jungen niederringen, der sich in das Zimmer eines Mädchens schleichen will«, witzelte Jill. Sie legte ihm eine Hand auf den Arm, und er zuckte zusammen. »Entspann dich! Die Schule ist sicher.«
In gewisser Weise war Eddies Sorge tröstlich und verlieh mir ein Gefühl der Sicherheit. Gleichzeitig konnte ich nicht umhin, abermals darüber nachzudenken, warum er so wachsam war. Bei dem Angriff, von dem mir niemand erzählen wollte, war er zugegen gewesen. Er kannte die Gefahren, weil er sie aus erster Hand
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