Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
Luft und hob die Hand. Zeit festzustellen, wie es war, eine richtige Schülerin zu sein. Sie nickte mir zu.
»Es ist das Parthenon, Ma’am.«
»Allerdings«, sagte sie. »Und Ihr Name ist?«
»Sydney.«
»Sydney … « Sie überprüfte die Liste auf dem Klemmbrett und schaute erstaunt auf. »Sydney Melbourne? Meine Güte! Sie klingen gar nicht australisch.«
»Ähm, es heißt Sydney Melrose, Ma’am«, verbesserte ich sie.
Ms Terwilliger runzelte die Stirn und reichte das Klemmbrett an Trey weiter, der meinen Namen für den größten Witz aller Zeiten zu halten schien. »Übernehmen Sie das, Mr Juarez. Ihre jugendlichen Augen sind besser als meine. Wenn ich so weitermache, werde ich die ganze Zeit Mädchen in Jungen verwandeln und absolut nette junge Damen zu den Nachfahren von Verbrechern machen. Also.« Ms Terwilliger konzentrierte sich wieder auf mich. »Das Parthenon. Wissen Sie etwas darüber?«
Die anderen beobachteten mich, überwiegend mit freundlicher Neugier, aber ich spürte dennoch den Druck, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Schließlich konzentrierte ich mich ausschließlich auf Ms Terwilliger und antwortete: »Es ist Teil der Akropolis, Ma’am. In Athen. Es wurde im 5. Jahrhundert vor Christus erbaut.«
»Nicht nötig, mich Ma’am zu nennen«, sagte Ms Terwilliger. »Obwohl es erfrischend ist, zur Abwechslung einmal ein wenig Respekt zu bekommen. Und – eine brillante Antwort.«
Sie betrachtete die übrigen Schüler. »Also, verraten Sie mir bitte eins. Warum um alles in der Welt sollten wir uns um Athen scheren oder um etwas, das vor über zweitausendfünfhundert Jahren passiert ist? Weshalb kann das heute noch für uns relevant sein?«
Weiteres Schweigen und unbehagliche Blicke. Als sich die unerträgliche Stille über einen Zeitraum dehnte, der mir wie mehrere Stunden vorkam, wollte ich von neuem die Hand heben. Ms Terwilliger bemerkte es nicht und drehte sich zu Trey um, der die Füße auf den Schreibtisch der Lehrerin gelegt hatte. Der Junge ließ sofort die Beine sinken und richtete sich auf.
»Mr Juarez«, erklärte Ms Terwilliger. »Zeit, dass Sie sich Ihr Gehalt verdienen. Sie haben diesen Kurs letztes Jahr belegt. Können Sie ihnen sagen, warum die Ereignisse des alten Athen für uns heute wichtig sind? Wenn Sie es nicht tun, werde ich wieder Miss Melbourne aufrufen müssen. Sie sieht so aus, als wisse sie die Antwort, und stellen Sie sich nur vor, wie peinlich das für Sie wäre.«
Treys Blick flackerte in meine Richtung und dann zurück zu der Lehrerin. »Ihr Name ist Melrose, nicht Melbourne. Und im 6. Jahrhundert wurde in Athen die Demokratie gegründet. Viele der Prozeduren, die sie damals eingeführt haben, sind in unserer heutigen Regierungsform immer noch wirksam.«
Ms Terwilliger schlug sich dramatisch aufs Herz. »Sie haben also wirklich letztes Jahr aufgepasst! Na ja, beinahe jedenfalls. Mit dem Datum liegen Sie nämlich daneben.« Ihr Blick fiel auf mich. »Ich wette, Sie kennen das Datum der Gründung der Demokratie in Athen.«
»Das 5. Jahrhundert«, antwortete ich prompt.
Dies trug mir ein Lächeln der Lehrerin ein und einen wütenden Blick von Trey. Die restlichen Schüler verfuhren ganz ähnlich. Ms Terwilliger fuhr in ihrem extravaganten Stil fort und skizzierte eine Anzahl wichtiger Zeiten und Orte, die wir noch detaillierter studieren würden. Ich stellte fest, dass ich jede Frage beantworten konnte, die sie stellte. Zwar überlegte ich, ob ich meine Antworten nicht besser rationieren sollte, aber ich konnte einfach nicht dagegen an. Wenn niemand die Antwort wusste, fühlte ich mich verpflichtet, sie beizusteuern. Und jedes Mal sagte Ms Terwilliger: »Trey, haben Sie das nicht gewusst?« Dann zuckte ich zusammen. Ich wollte mir wirklich nicht gleich am ersten Tag Feinde machen. Die anderen Schüler beobachteten mich neugierig, wenn ich sprach, was mich ein wenig hemmte. Außerdem sah ich einige von ihnen bei jeder meiner Antworten wissende Blicke wechseln, als seien sie in ein Geheimnis eingeweiht, von dem ich nichts wusste. Das machte mir mehr Sorgen als der aufreizende Trey. Hörte es sich so an, als würde ich angeben? Ich war mir der gesellschaftlichen Umgangsformen hier noch viel zu unsicher, um zu verstehen, was normal war und was nicht. Wir befanden uns an einer Eliteschule. Da war Bildung gewiss nichts Schlechtes, oder?
Ms Terwilliger gab uns als Hausaufgabe die Lektüre der beiden ersten Kapitel unseres Lehrbuchs auf. Die anderen
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