Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
wollten. Ich entdeckte sie an einem Ecktisch der Cafeteria auf dem Ostcampus. Sie winkten mich heran, und während ich mich durch die Tischreihen schlängelte, sah ich mich hastig um, weil ich hoffte, Jill zu entdecken. Ich hatte sie den ganzen Tag über nicht getroffen, was jedoch angesichts unserer Stundenpläne nicht allzu schockierend war. Vermutlich aß sie drüben in der anderen Cafeteria, vielleicht mit Eddie oder Micah.
Kristin und Julia waren sehr nett und plauderten mit mir darüber, wie mein erster Tag gewesen sei, außerdem teilten sie ihre Weisheit im Hinblick auf gewisse Lehrer, die sie früher gehabt hatten, mit mir. Sie waren Oberstufenschülerinnen wie ich, und wir hatten einige Kurse gemeinsam. Den größten Teil des Mittagessens verbrachten wir damit, grundlegende Informationen auszutauschen, wie zum Beispiel, woher wir alle kamen. Erst als sich das Mittagessen dem Ende näherte, bekam ich nach und nach Antworten auf die Fragen, die mich den ganzen Tag über geplagt hatten. Obwohl es bedeutete, dass ich zuerst noch weitere Fragen über mich ergehen lassen musste.
»Also«, sagte Kristin und beugte sich über den Tisch. »Gibt sie dir einfach ein Supergedächtnis? Oder, ich weiß nicht, verändert sie tatsächlich dein Gehirn und macht dich klüger?«
Julia verdrehte die Augen. »Sie kann dich nicht klüger machen. Es muss das Gedächtnis sein. Was ich wissen will, ist, wie lange es anhält?«
Ich sah von einer zur anderen, verwirrter denn je. »Wovon auch immer ihr gerade sprecht, es kann mich nicht klüger machen, denn ich verstehe im Moment rein gar nichts.«
Darüber lachte Kristin. »Deine Tätowierung. Ich hab gehört, dass du in Mathe die schwersten Fragen beantwortet hast. Und eine Freundin von mir ist in deinem Geschichtskurs und meinte, dort wärest du ebenfalls herausragend gewesen. Wir versuchen dahinterzukommen, wie dir deine Tätowierung hilft.«
»Wie sie mir hilft … Fragen zu beantworten?«, hakte ich nach. Ihre Gesichter bestätigten, dass ich richtiglag. »Überhaupt nicht. Diese Sachen … das ist nur, also, ich. Ich kenne einfach die Antworten.«
»Niemand ist so klug«, wandte Julia ein.
»So verrückt ist das gar nicht. Ich bin kein Genie. Ich schätze, ich habe nur eine Menge gelernt. Ich bin zeitweise zu Hause unterrichtet worden, und mein Dad war wirklich … streng«, fügte ich hinzu, weil ich glaubte, es würde vielleicht helfen.
»Oh«, sagte Kristin, die mit einem langen Zopf spielte. Ich hatte bemerkt, dass sie ihr dunkles Haar in sehr praktischen Frisuren trug, während das Haar der blonden Julia stets völlig zerzaust war. »Ich glaube, das könnte es sein … aber andererseits, was tut deine Tätowierung dann?«
»Sie tut gar nichts«, antwortete ich. Doch noch während ich die Worte aussprach, verspürte ich ein leichtes Kribbeln in meinem Fleisch. Die Tätowierung hatte eine Art Magie in sich, die mich daran hinderte, mit Personen, die nicht Teil des inneren Kreises waren, über irgendetwas zu sprechen, das mit den Alchemisten zusammenhing. Jetzt hielt mich die Tätowierung davon ab, etwas zu verraten, was allerdings auch nicht notwendig gewesen wäre. »Ich fand sie einfach cool.«
»Oh«, murmelte Julia. Beide Mädchen wirkten unerklärlich enttäuscht.
»Was um alles in der Welt bringt euch auf die Idee, die Tätowierung würde mich klug machen?«, wollte ich wissen.
Die Klingel unterbrach unser Gespräch und erinnerte uns alle daran, dass es an der Zeit für unseren nächsten Kurs war. Eine Pause trat ein, während Kristin und Julia über etwas nachdachten. Kristin schien die Anführerin der beiden zu sein, denn sie war diejenige, die schließlich entschieden nickte. Ich hatte das deutliche Gefühl, abgeschätzt zu werden.
»Okay«, sagte sie endlich und schenkte mir ein breites Lächeln. »Wir werden dir dann später alles erklären.«
Wir verabredeten eine Zeit, zu der wir uns treffen wollten, um herumzuhängen und zu lernen, dann trennten sich unsere Wege. Ich hatte den Eindruck, dass es mehr ums Reden als ums Lernen gehen würde. Das war für mich in Ordnung, aber ich nahm mir vor, zuerst meine Hausaufgaben zu erledigen. Der Rest des Tages verging wie im Flug, und in einem Kurs erhielt ich ein kurzes Schreiben von Molly, meiner Tutorin. Wie erwartet hatte ich alle meine Sprachtests bestanden, und ich sollte in der letzten Stunde, wenn ich eigentlich unterrichtsfrei hatte, zu ihr kommen, um alles Weitere zu besprechen. Was bedeutete, dass
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