Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
Als ich den Flur zu Mollys Büro hinunterging, kam ich am Schulsekretariat vorbei – und hatte eine Idee. Ich trat ein, um mit der Sekretärin zu sprechen, bevor ich zu meinem Termin ging.
»Jill Melrose«, sagte die Sekretärin nickend. »Man hat sie in ihr Wohnheim zurückgeschickt.«
»Zurückgeschickt?«, rief ich. »Was hat das zu bedeuten?«
»Es steht mir nicht frei, das zu sagen.« War da eine gewisse Melodramatik herauszuhören?
Verärgert und verwirrter denn je ging ich zu Mollys Büro und tröstete mich mit der Tatsache, dass Jills Abwesenheit, obwohl rätselhaft, zumindest von der Schule genehmigt war. Molly erklärte mir, dass ich entweder ein anderes Wahlfach nehmen oder mich anstelle eines Sprachkurses ganz unabhängig anderen Studien widmen könne, falls ich einen Lehrer fand, der mich dabei unterstützte. Mir kam eine Idee.
»Kann ich das morgen mit Ihnen besprechen?«, fragte ich. »Ich muss zuerst mit jemandem reden.«
»Sicher«, erwiderte Molly. »Entscheiden Sie sich nur bald. Sie können jetzt in Ihr Wohnheim zurückkehren, aber wir werden nicht zulassen, dass Sie jeden Tag zu dieser Zeit allein herumlaufen.«
Ich versicherte ihr, dass sie bald eine Antwort bekäme, und begab mich auf den Rückweg. Der Shuttlebus fuhr während der Unterrichtsstunden nicht allzu oft, daher ging ich die Meile zum Wohnheim einfach zu Fuß. Ich brauchte nur fünfzehn Minuten, aber in der Hitze kam es mir doppelt so lang vor. Als ich endlich unser Zimmer erreichte, überflutete mich Erleichterung. Darin lümmelte sich, als sei keineswegs etwas Seltsames geschehen, Jill.
»Du bist ja okay!«
Jill lag auf dem Bett und las wieder in ihrem Buch. Sie schaute verdrossen auf. »Ja. Irgendwie schon.«
Ich setzte mich auf mein eigenes Bett und schüttelte die Schuhe ab. »Was ist passiert? Ich hatte einen Panikanfall, als du nicht zum Unterricht erschienen bist. Wenn Eddie es wüsste … «
Jill fuhr kerzengerade hoch. »Nein, erzähl es Eddie nicht. Er wird ausflippen.«
»Okay, okay. Aber sag mir, was passiert ist. Sie haben gesagt, du wärest hierher geschickt worden?«
»Ja.« Jill verzog das Gesicht. »Weil ich aus meinem ersten Kurs rausgeflogen bin.«
Ich war sprachlos. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was diese süße, schüchterne Jill getan haben könnte, um das zu rechtfertigen. O Gott. Hoffentlich hat sie nicht jemanden gebissen. Ich war doch diejenige, von der alle erwarteten, dass sie Probleme hätte, sich in den schulischen Ablauf einzufügen. Jill hätte der Profi sein sollen.
»Weshalb hat man dich rausgeworfen?«
Jill seufzte. »Angeblich hatte ich einen Kater.«
Noch mehr Sprachlosigkeit. »Was?«
»Mir war übel. Ms Chang – meine Lehrerin – hat nur einen Blick auf mich geworfen und gesagt, sie könne einen Kater aus einer Meile Entfernung erkennen. Sie hat mich wegen des Verstoßes gegen die Schulregeln ins Sekretariat geschickt. Ich habe ihnen dann erklärt, dass mir einfach nur übel sei, aber sie hat die ganze Zeit gesagt, sie wisse es. Der Direktor meinte schließlich, es gebe keine Möglichkeit zu beweisen, dass dies der Grund für meine Übelkeit sei, daher bin ich nicht bestraft worden, durfte aber an meinen übrigen Kursen nicht mehr teilnehmen. Nun muss ich den Rest des Schultags hier verbringen.«
»Das ist … das ist doch idiotisch!« Ich schoss hoch und lief auf und ab. Da ich mich jetzt von meiner ersten Ungläubigkeit erholt hatte, war ich schlicht und einfach entrüstet. »Ich war letzte Nacht bei dir. Du hast hier geschlafen. Ich sollte es wissen. Ich bin einmal aufgewacht, und du warst tief eingeschlafen. Wie kann Ms Chang überhaupt so etwas behaupten? Sie hatte überhaupt keinen Beweis! Die Schule auch nicht. Sie hatten kein Recht, dich aus dem Unterricht zu schicken. Ich sollte auf der Stelle ins Sekretariat gehen! Nein, ich werde mit Keith und den Alchemisten reden und unsere Eltern eine Beschwerde einreichen lassen.«
»Nein, warte, Sydney.« Jill sprang auf und hielt mich am Arm fest, als habe sie Angst, ich würde schnurstracks hinausmarschieren. »Bitte! Tu das nicht. Lass es einfach gut sein. Ich will nicht noch mehr Ärger machen. Ich habe keinen Tadel bekommen. Man hat mich nicht wirklich bestraft.«
»Du hinkst hinter deinen Kursen her«, wandte ich ein. »Das ist Strafe genug.«
Mit großen Augen schüttelte Jill den Kopf. Sie hatte Angst, begriff ich, aber ich hatte keine Ahnung, warum sie es mir nicht erzählen wollte. Sie war hier das
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