Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
beabsichtigt, in diesem Haus etwas zu essen oder zu trinken, aber die Dose schien mir völlig ungefährlich. Sie war versiegelt und sah aus, als stamme sie direkt aus einem menschlichen Lebensmittelgeschäft, nicht aus einem vampirischen Kessel. Ich öffnete sie und nippte an der Cola, während sich meine Gedanken überschlugen. »Sie haben keine Ahnung, worum es ging?«
»Hm?« Lee hatte seinem Menü einen Apfel hinzugefügt und hievte sich auf die Theke. »Oh, Keith? Nein. Aber wenn ich raten müsste, würde ich sagen, es ging um mich. Als hätte er versuchen wollen herauszufinden, ob ich hierbleibe oder nicht.« Er nahm einen riesigen Bissen von dem Apfel, und ich fragte mich, ob ihm seine Reißzähne das Zubeißen erschwerten.
»Er hat einfach gern alle Fakten auf dem Tisch«, erklärte ich neutral. So wenig ich Keith mochte, ich wollte doch trotzdem eine geeinte menschliche Front. Obwohl ich nicht völlig danebenlag. Ich war mir ziemlich sicher, dass sich Keith hintergangen fühlte, als er erfahren hatte, dass sich ein weiterer Moroi auf seinem Territorium befand, und dass er jetzt dafür sorgte, in alles eingeweiht zu sein. Ein Teil davon war gute Alchemistenarbeit, sicher, aber im Wesentlichen ging es wahrscheinlich um seinen verletzten Stolz.
Lee dachte sich offenbar nicht viel dabei und kaute weiter an seinem Apfel, obwohl ich spürte, dass er mich musterte. »Sie sagten, Jill habe einen schlechten Tag gehabt. Ist alles in Ordnung?«
»Ja, ich glaube schon. Ich meine, ich weiß es nicht. Ich weiß nicht einmal genau, wie es zu diesem Schlamassel gekommen ist. Aus irgendeinem Grund wollte sie mit Adrian sprechen. Vielleicht kann er ihr helfen.«
»Er ist ein Moroi«, erwiderte Lee pragmatisch. »Vielleicht ist es einfach etwas, das nur er verstehen kann – also etwas, das Sie und Eddie nicht verstehen können. Nichts für ungut.«
»Keine Ursache«, sagte ich. Es war nur natürlich, dass zwischen mir und Jill deutliche Unterschiede bestanden – ich war schließlich ein Mensch, und sie war ein Vampir. Wir hätten nicht unterschiedlicher sein können, selbst wenn wir uns bemüht hätten. Und tatsächlich war es mir irgendwie lieber, dass es so blieb. »Sie gehen aufs College … in Los Angeles? Auf eine menschliche Schule?« Für einen Moroi war das nicht sonderlich merkwürdig. Manchmal blieben sie unter sich; manchmal versuchten sie, sich in großen menschlichen Städten unter die Menschen zu mischen.
Lee nickte. »Yup. Und anfangs war es für mich auch hart. Ich meine, auch ohne dass die anderen wissen, dass man ein Vampir ist … nun, da ist einfach ein Gefühl von Andersartigkeit, dessen man sich immer bewusst ist. Am Ende habe ich mich angepasst … aber ich weiß, was sie durchmacht.«
»Arme Jill«, meinte ich und begriff plötzlich, dass ich diese Situation vollkommen falsch angepackt hatte. Ich hatte den größten Teil meiner Energie auf die Annahme der Schule konzentriert, bei Jills Unwohlsein handele es sich um einen Kater. Ich hätte mich besser darauf konzentrieren sollen, warum sie überhaupt krank war. Die Angst vor dieser neuen Lebensführung musste ihren Tribut fordern. Ich hatte gegen mein eigenes Unbehagen angekämpft und herauszufinden versucht, wie man Freundschaften schloss und auf welche Stichworte man dafür achten musste – aber zumindest hatte ich es nach wie vor mit meiner eigenen Rasse zu tun. »Ich habe nicht richtig darüber nachgedacht, was sie durchmacht.«
»Soll ich mit ihr reden?«, fragte Lee. Er legte das Kerngehäuse beiseite. »Ich meine, ich weiß natürlich nicht, ob ich sehr viel Weisheiten mitzuteilen habe.«
»Alles könnte helfen«, gab ich aufrichtig zurück.
Stille senkte sich herab, und allmählich wurde mir unbehaglich. Lee wirkte sehr freundlich, aber meine alten Ängste waren zu tief verwurzelt. Ich konnte mich von dem Gefühl nicht ganz freimachen, dass er mich weniger kennenlernen als vielmehr studieren wollte. Alchemisten waren offensichtlich etwas Neues für ihn. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich nach … der Tätowierung frage? Sie verleiht Ihnen besondere Kräfte, stimmt’s?«
Es war beinahe eine Wiederholung des Gesprächs in der Schule, nur dass Lee tatsächlich die Wahrheit dahinter kannte. Geistesabwesend berührte ich meine Wange. »Nicht direkt Kräfte. Es liegt ein Zwang darin, der uns daran hindert, über unsere Tätigkeit zu reden. Und sie stärkt mein Immunsystem. Aber der Rest? Ich bin nichts Besonderes.«
»Faszinierend«,
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