Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
beruhigt hatte, hatte sie mir erklärt, es sei nur ein Albtraum gewesen. Aber da war etwas in ihren Augen gewesen … das Echo von etwas Realem. Ich wusste es, weil es mich an die vielen Male erinnerte, da ich aufgewacht war und gedacht hatte, die Alchemisten kämen und wollten mich ins Umerziehungslager bringen.
Sie hatte darauf bestanden, dass es ihr gut gehe, und am Morgen hatte sie ihren Albtraum nur insofern erwähnt, als sie darauf beharrte, ihn Eddie gegenüber zu verschweigen.
»Es wird ihn nur beunruhigen«, hatte sie gesagt. »Und außerdem ist es keine große Sache.«
In diesem Punkt hatte ich ihr recht gegeben, aber als ich sie fragen wollte, was geschehen war, ließ sie mich abblitzen und wollte nicht darüber sprechen.
Jetzt beim Frühstück war sie eindeutig nervös, was meines Wissens nach jedoch mehr damit zu tun hatte, dass sie sich zu guter Letzt ihrem ersten Tag an einer menschlichen Schule stellen müsste. »Ich bin immer noch nicht darüber hinweg, wie anders ich bin als alle anderen«, bemerkte sie mit leiser Stimme. »Ich meine, zum einen bin ich größer als fast alle anderen Mädchen hier!« Das stimmte. Es war nicht ungewöhnlich für eine Moroi, einen Meter achtzig groß zu werden. Jill war zwar noch nicht ganz dort angekommen, aber ihr langer, schlanker Körper ließ sie größer erscheinen, als sie tatsächlich war. »Und ich bin ausgesprochen knochig.«
»Bist du nicht«, widersprach ich.
»Ich bin zu mager – verglichen mit ihnen«, wandte Jill ein.
»Jeder hat doch irgendwas«, konterte Eddie. »Das Mädchen dort drüben hat zum Beispiel kiloweise Sommersprossen. Der Junge hat sich den Kopf rasiert. So etwas wie normal , das gibt es nicht.«
Jill hatte anscheinend immer noch Zweifel, ging aber entschlossen zum Unterricht, als es zum ersten Mal läutete, und sie versprach, sich mit Eddie zum Mittagessen und mit mir im Sportkurs zu treffen.
Ich schaffte es einige Minuten vor Unterrichtsbeginn in meinen Geschichtskurs. Ms Terwilliger stand an ihrem Schreibtisch und schob einige Papiere umher, während ich mich ihr zögernd näherte.
»Ma’am?«
Sie sah zu mir auf und schob sich dabei die Brille die Nase hoch. »Hmm? Oh, ich erinnere mich an Sie. Miss Melbourne.«
»Melrose«, korrigierte ich sie.
»Ganz bestimmt? Ich hätte schwören können, dass Sie nach irgendeinem Ort in Australien heißen.«
»Na ja, mein Vorname ist Sydney«, erwiderte ich, obwohl ich nicht so recht wusste, ob ich sie ermutigen sollte.
»Ah, dann bin ich also doch nicht verrückt. Zumindest noch nicht. Was kann ich für Sie tun, Miss Melrose?«
»Ich wollte Sie fragen … nun, sehen Sie, ich habe eine Lücke in meinem Stundenplan, weil ich die Sprachanforderungen bereits erfülle. Da habe ich mich gefragt, ob Sie vielleicht eine weitere Hilfskraft brauchen … wie Trey.« Der zuvor erwähnte Trey war bereits da, saß an dem ihm zugewiesenen Schreibtisch und stellte Papiere zusammen. Als ich seinen Namen nannte, blickte er auf und beäugte mich wachsam. »Es ist die letzte Stunde, Ma’am. Also, wenn Sie jemanden brauchen, der zusätzliche Arbeit übernimmt … «
Sie musterte mich einige Sekunden lang, bevor sie Antwort gab. Ich hatte heute dafür gesorgt, dass meine Tätowierung verdeckt war, und trotzdem hatte ich das Gefühl, als starre sie direkt durch das Make-up hindurch. »Ich brauche keine weitere Hilfskraft«, erklärte sie schroff. Trey grinste höhnisch. »Mr Juarez ist trotz seiner vielen Einschränkungen mehr als imstande, meine Papierstapel zu sortieren.« Angesichts des zweischneidigen Kompliments verschwand sein Grinsen.
Ich nickte und wollte mich gerade enttäuscht abwenden. »Okay. Ich verstehe.«
»Nein, nein. Das glaube ich nicht. Sehen Sie, ich schreibe ein Buch.« Sie hielt inne, und ich begriff, dass sie von mir erwartete, beeindruckt zu sein. »Über häretische Religion und Magie in der griechisch-römischen Welt. Ich habe früher am Carlton-College darüber doziert. Ein faszinierendes Thema.«
Trey unterdrückte ein Hüsteln.
»Also, ich könnte wirklich eine Forschungsassistentin brauchen, die mir hilft, gewisse Informationen aufzuspüren, die Besorgungen für mich macht und dergleichen mehr. Hätten Sie daran Interesse?«
Ich riss die Augen auf. »Ja, Ma’am. Unbedingt.«
»Damit es als unabhängige Arbeit anerkannt wird, müssten Sie allerdings parallel dazu an einem Projekt arbeiten … Eigene Forschungen und ein eigener Aufsatz. Natürlich nicht annähernd so
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