Bloodman
erworben.«
»Bist du im offiziellen Auftrag hier?«
Spencer winkte ab. »Ich habe Hauser nicht erzählt, dass wir uns kennen. Noch nicht. Ich wollte erst vorbeischauen und ein wenig mit dir plaudern, bevor es mir verboten wird.«
»Das weià ich zu schätzen. Besonders nach Scopes.«
Spencers Stimme klang plötzlich eine Oktave tiefer. »Jeder weià inzwischen davon, Jakey. Scopes ist ein gemeiner Hund.«
»Meine Art von gemein?«
Spencer sah ihn an und dachte über die Frage nach. Sie war rein rhetorisch.
Sie hatten sich in der zweiten Klasse kennengelernt. Spencer war der Neue gewesen und hatte vorgehabt, seinen Titel von der alten Schule als König der Pausenhofschläger zu verteidigen. Daher beschloss er, eine finanzielle Beihilfe von einigen der kleineren Schüler einzutreiben. In der Pause hatte Spencer den acht Jahre alten Jake darüber informiert, dass er ab jetzt fünfzig Cent Schutzgeld am Tag zu zahlen hätte. Jake hörte ruhig zu, während er ein Schulprojekt über Bäume zusammenheftete, fünf oder sechs Seiten Zeichenpapier, bestückt mit Eichen-, Ahorn- und Ulmenblättern. Als Spencer fertig war, hatte Jake zu ihm hochgesehen, gelächelt und ihm dann den Mund mit zwei schnellen Schlägen mit dem Heftklammerapparat aus Stahl zu Brei geschlagen. Während Spencer auf dem Boden lag und Zähne und Blut spuckte, beugte Jake sich vor und fragte: »Schutz wovor?«
Von da an waren sie die besten Freunde gewesen, bis Jake neun Jahre später fortging.
»Niemand ist so gemein wie du, Jakey.« Spencer trank noch einen Schluck von seinem Kaffee. »Darf ich fragen, warum du mir nicht gesagt hast, dass du in der Stadt bist?«
Es war eine ehrliche Frage â und Jake hatte sie erwartet. Er überlegte, ob er lügen und behaupten sollte, er sei zu beschäftigt gewesen, hätte alle Hände voll zu tun mit den Angelegenheiten seines Vaters, und dass er nicht vorgehabt habe, lange zu bleiben. Aber seit er mit den Drogen Schluss gemacht hatte, versuchte er, auch das Lügen aufzugeben, und inzwischen war er ziemlich gut mit der Wahrheit. Jedenfalls mit seiner Version davon. »Ich habe eine Menge Zeit in den Versuch investiert, diesen Ort hier zu vergessen. Du erinnerst mich an etwas, was ich nie wiedersehen wollte.«
Der groÃe Cop in Zivilkleidung trank noch einen Schluck Kaffee und nickte ernsthaft. »Danke, dass du mir nichts vormachst.« Er stellte seinen Becher ab. »Und gibt es etwas, das du erzählen willst , Special Agent Jake?«
»Du zuerst. Wie gehtâs deinem Vater?«
Billys Vater Tiny Spencer war in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren Motorradrennfahrer gewesen und in der amerikanische Rennserie für Suzuki gefahren. Acht Jahre lang war er durchs Land gezogen und auf allen Rennstrecken mit Männern wie Halsy Knox und den anderen Verrückten, die einen Todeswunsch hatten, um die Wette gefahren. Seine beinahe rekordverdächtige Zeit als Werksfahrer endete eines Nachmittags im August in Bakersfield, Kalifornien. Bei dem Unfall wurden ihm beide Beine am Knie abgerissen, und Tinys Rennfahrertage waren vorbei. Dann hatte er sich ein Haus in Montauk gekauft, weil er seine Heimat Texas nicht ausstehen konnte. Er fing an, in seiner Garage maÃgeschneiderte Rennverkleidungen zu bauen. Binnen sechs Monaten scheffelte er mehr Geld, als er als Rennfahrer je verdient hatte. Jake erinnerte sich noch gut an das Haus, das immer nach Glasfaser und Lösungsmitteln gerochen hatte.
Spencer ging ins Wohnzimmer und sah hinaus aufs Meer. Jake fiel wieder ein, wie jeder, der hierherkam, davon angezogen wurde â von der gewaltigen Linie des Atlantiks, der nicht endete, bis er auf Portugal stieÃ. »Dad ist vor fünf Jahren gestorben. Prostatakrebs. Er sagte, es käme daher, dass er all die Jahre seinen Arsch nicht aus dem Sattel kriegte. Erst die Motorräder, dann der Rollstuhl.« Spencer lieà die Schultern hängen und starrte den heruntergekommenen Pool voller kräftig gefärbter Algen an, zwischen denen Flecken von Seerosen schwammen, ein tiefes Grün vor dem perfekten Blau des Ozeans. »WeiÃt du noch, als es hier wie in einer Fernsehserie aussah? Deine Mom schwebte in Chanel durch die Gegend, brachte uns Sandwiches mit abgeschnittener Rinde und lieà uns bis spät in die Nacht fernsehen. Mallomars und Pop-Tarts. Und dein Hund natürlich,
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