Bloodman

Lewis.« Er verstummte, und sein Schweigen besagte, dass er bereute, das Thema angeschnitten zu haben. »Erinnerst du dich noch?«
    Spencers Blick hing an der veralgten Oberfläche des Pools, einem Monument der Vergangenheit. »Und der Pool, weißt du noch? Herrgott, wie die Zeit vergeht.« Von Jakes Freunden hatte nur Spencer in den Pool gedurft, weil Pablo Picasso den Boden mit einer großen, blinzelnden, kubistischen Vagina dekoriert hatte. Spencer war schwer beeindruckt von dem Gemälde, bis er seine erste echte Vagina sah; da war er verwirrt – und dankbar – gewesen, dass sie keine Neunzig-Grad-Winkel besaß.
    Jake zuckte die Achseln. Es bestand keine realistische Chance, die Frage zu beantworten – rhetorisch oder nicht –, ohne an Dinge zu rühren, von denen er wollte, dass sie begraben blieben. Dinge wie die Geschichte mit seinem Hund.
    Spencer trank einen Schluck von seinem Kaffee, um die Gesprächspause zu überbrücken, dann sagte er im Tonfall eines Dokumentarfilmsprechers: » Und wie wurde nun aus Billy Spencer Officer William Spencer? Das wäre wohl die nächste Frage. Hauser hat mir den Arsch gerettet. Und bitte keine Witze. Ich bin nicht so ein wiedergeborener Dingsbums, Jake. Nachdem du weg warst, versuchte ich weiterzumachen wie immer. Austern im Jachtklub aufbrechen, die Mädels der Sommerfrischler anbaggern. Du kennst es ja. Aber das ging nicht ewig so weiter. Also ließ ich mich treiben. Ganze zehn Jahre lang. Nur hat die Zeit, wie du weißt, die merkwürdige Angewohnheit, einen einzuholen, nicht wahr? Nun gut, eines Nachts fuhr ich stockbesoffen von der Arbeit nach Hause. Hauser winkte mich rechts raus und zog mich aus dem Pick-up. Ich konnte nicht einmal mehr stehen. Er hätte mich festnehmen können. Hätte meinen Wagen abschleppen lassen können. Und weißt du, was er getan hat? Er stieg in meinen Ford und parkte ihn auf einem Feld abseits der Straße. Dann fuhr er mich heim. Es war einer dieser Augenblicke, in denen einem eine ganze Wagenladung voller Glühbirnen aufgeht, wie man so schön sagt. Mir wurde plötzlich klar, dass nicht jeder diesen Beruf ergreift, nur um auf anderen herumzuhacken. Manche – Leute wie Hauser, meine ich – wollen die Welt einfach ein bisschen besser machen. Also nahm ich eine Woche später an einem Eignungstest für die Polizei teil und muss wohl ganz gut abgeschnitten haben, jedenfalls gut genug, dass sie von sich aus auf mich zukamen, um zu fragen, ob ich mich bewerben wollte. Nach dem Vorstellungsgespräch machten sie die üblichen Hintergrundchecks, psychologisches Profil, Lügendetektortest. Ich durchlief die achtundzwanzig Wochen Grundausbildung, und Hauser heuerte mich vom Fleck weg an. Und jetzt bin ich hier.« Ein ganzes Leben, zusammengefasst in ein paar Sätzen.
    Eine Weile lang schwiegen sie und lauschten dem Rauschen des Ozeans. Schließlich fragte Jake: »Was weißt du über Hauser?« Er zog eine Zigarette heraus und steckte sie sich an.
    Â»Stammt von hier, spielte Football für die Southampton High. Bekam ein Sportstipendium an der University of Texas. War drei Jahre lang Quarterback in der ersten Mannschaft. Wurde Profi. Stand an sechster Stelle in der Auswahlliste seines Jahrgangs für die NFL . Spielte vier saubere Partien für die Steelers, bevor sie ihm das rechte Knie um neunzig Grad in die falsche Richtung drehten. Wahrscheinlich würde er dir gefallen, wenn du ihn besser kennenlernst. Er ist ein fähiger Mann, und es braucht schon eine Menge, bevor er grün anläuft wie gestern Nacht.«
    Â»Das gestern hätte jeden fertiggemacht.«
    Spencer ließ die Feststellung ein paar Sekunden lang in der Luft hängen, dann hielt er Jake seinen Becher zum Nachfüllen hin. »Dir schien es nichts auszumachen.«
    Jake konnte eine Menge aus seiner Stimme herauslesen. Besorgnis. »Gehört zu meinem Job.«
    Spencer nickte, als würde das alle Fragen beantworten, aber in seiner Miene zeichneten sich immer noch ein paar Fragezeichen ab. »Lebensgeschichte? Verheiratet? Kinder?«, fragte er, um das Thema zu wechseln.
    Was sollte Jake dazu schon sagen? Kokain und Heroin, ein in meine Brust implantierter Kardioverter, Alkoholprobleme. AN , AA . Irgendwie durchgestanden. Dann Kay. Sie bringt mich zum Lachen, macht mich geil. Ein Junge, Jeremy . »Sie heißt Kay.« Ich kann den Ablauf der Ereignisse an einem