Bloodman
Schütze, keine Zielscheibe.«
Franks Gelächter klang, als ob man einen Dieselmotor anwarf. »Trotzdem, deck dich mit Vorräten ein. Du bist ja ein kluger Junge, Jakey, das warst du schon immer.« Das Lachen verklang in einem Rasseln. »Obwohl es wahrscheinlich fast eine Beleidigung ist, einen fünfundvierzigjährigen Mann als Jungen zu bezeichnen. Egal, wenn du erst mal in mein Alter kommst, dann ist jeder, der sich nicht die Eier hochtapen muss, damit sie nicht bis zu den Knien durchhängen, ein kleiner Junge.«
Jake lächelte, und plötzlich wurde ihm klar, wie sehr er sich gewünscht hätte, mit seinem Vater so reden zu können. Nur ein einziges Mal wenigstens.
»Sei vorsichtig. Man steckt genau dann in den gröÃten Schwierigkeiten, wenn man sich einbildet, alles wäre in bester Ordnung. Kommst du klar?«
»Kein Problem, Frank.« Er dachte an die Küche seines Vaters, und dass es vielleicht doch keine so schlechte Idee wäre, wenigstens ein bisschen einzukaufen. »Ich brauche nur jemanden, der ein paar Dinge für mich zurechtrückt.«
»Und das bin ich.«
»Und das bist du.«
»Ich komme, so schnell es geht.«
»Ich kann dir einen Flug buchen. Auf meinem Konto haben sich eine Menge Meilen angesammelt. Ich kriege umsonst â«
»Scheià auf umsonst. Ich steige in kein Flugzeug. Ich fahre. Ich muss bloà die Benzinpumpe wieder einbauen, aber das schaffe ich bis zum Mittagessen. In vierundzwanzig Stunden bin ich da.« Es entstand eine Pause, während er sich die nächste Zigarette anzündete. »Hat er Schmerzen?«
Jake dachte an das Schmerzmittel, das die Doppelgänger-Schwester in den Tropf gespritzt hatte. An die Schreie seines Vaters. An die Fäden von weiÃen Absonderungen in seinen Augenwinkeln. »Ich weià nicht, Frank. Der alte Jacob Coleridge ist nicht mehr da. Einfach verschwunden. Er ist verwirrt. Er hat Angst.«
»Man kann ihm eine Menge Dinge vorhalten, Jakey, aber dass er Angst gehabt hätte, gehört nicht dazu. Niemals. Nicht einmal, als wir Kinder waren. Auch nicht in Korea. Nicht in den Kneipenschlägereien und nicht, als wir Piraten zurückschlagen mussten. Nichts kann deinem alten Herrn Angst machen.«
Ein Bild der verbarrikadierten Schlafzimmertür blitzte vor Jake auf. »Doch, jetzt hat er Angst, Frank.«
Jake hörte, wie Frank an seiner Zigarette zog. »Na gut.« Es klang nicht überzeugt.
»Danke, dass du das für mich tust, Frank. Ich weià es zu schätzen.«
»Das ist das Blut, Jakey. Für unser eigen Blut tun wir Dinge, die wir für niemand anderen tun würden.«
17
Der Streifenwagen des Sheriffs stand in der Einfahrt, als Jake zurückkam. Hauser hatte die Seitenscheiben heruntergefahren und gab erfolglos, aber nicht ungeschickt die Imitation eines schlafenden Mannes. Als Jakes schnittiger Charger in die Einfahrt bog, stieg Hauser aus und lieà seinen Stetson im Wagen liegen. Er kam mit lockeren Schritten in den Schatten der groÃen Pinie, wo Jake den Charger abstellte, sah aber weniger entspannt als übermüdet aus.
Hauser lieà den Finger über die schnittige Linie und den glänzenden Lack des vorderen Kotflügels gleiten. Dann warf er irgendwie zögernd einen Blick zu seinem eigenen Wagen, einer etwas neumodischeren Version dieses klassischen amerikanischen âºMuscle-Carsâ¹. Jake hoffte, der Cop würde keine Diskussion über Autos anfangen, das hasste er fast ebenso sehr wie Börsengespräche. Vielleicht sogar mehr.
Jake stellte den Motor ab und schwang sich hinaus in den Nachmittag. Er nickte grüÃend und nahm eine Tüte voll Lebensmittel vom Kindersitz auf der Rückbank.
»Cole«, sagte Hauser bemüht gutgelaunt, klang aber erschöpft. Und Jake hörte noch etwas anderes aus seiner Stimme heraus. Verlegenheit vielleicht.
Jake fischte den Schlüsselanhänger seines Vaters aus der Tasche. Es war ein flacher, in der Mitte durchbohrter Stein, glattpoliert vom jahrelangen Kontakt mit Futterstoff und Scotch-Korken. »Sheriff.« Jake vermutete, dass Hauser ihm auf den Zahn fühlen wollte.
Das erlebte er nicht zum ersten Mal â es gehörte quasi dazu, wenn er als unerwünschter AuÃenseiter zu einer eingespielten Polizeitruppe stieÃ. Hauser musste seinem Team vertrauen können. Also umgab er sich mit zuverlässigen Leuten. Wenn Jake ein Teil
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