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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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kann«, sagte er.
    Sobel machte sich eine Notiz im Krankenblatt. »Ich würde Ihnen ja gern sagen, dass es am Vollmond liegt oder an dem heraufziehenden Hurrikan. Das hat sicher auch einen Einfluss – aber es gibt noch etwas anderes, was Ihren Vater äußerst erregt.« Sobel blätterte die Seiten durch, ohne aufzusehen.
    Jake widerstand der Versuchung, die Augen zu verdrehen. »Er hat sich die Hände beinahe weggebrannt, Dr. Sobel. Er befindet sich in einer fremden Umgebung. Er wird mit Morphium vollgepumpt, was für einen Mann seines Alters sicher nicht ideal ist. Sie würden wahrscheinlich ein Anxiolytikum vorziehen, in Kombination mit einem Muskelrelaxans und einem leichten Beruhigungsmittel. Alprazolam vielleicht. Aber mein Vater ist Alkoholiker, daher muss man neben seinem Alter auch die Leberfunktion in Betracht ziehen. Deshalb geben Sie weiter Morphium. Ich weiß, was los ist.«
    Sobel hörte auf, in der Krankenakte herumzublättern, und sah auf. »Sind Sie Arzt?«
    Jake hätte fast gelacht. »Nein. Aber ich verstehe etwas von schwierigen Persönlichkeiten, und bei einem alten Alkoholiker, der schon zeit seines Lebens ein streitsüchtiges Arschloch war, haben Sie keine große Wahl. Sie müssen ihn – und seine Umgebung – bei Laune halten.«
    Sobel nickte, und sein großflächiges Gesicht verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Ihr Vater war schon immer ein interessanter Mensch.«
    Â»Sie kennen ihn?«, fragte Jake, überrascht, wie ruhig seine Stimme klang.
    Sobel wackelte in einer Mischung aus Ja und Nein mit dem Kopf. »Meine Frau und ich kannten Ihre Mutter. Vom Jachtklub her. Sie sprang immer ein, wenn wir noch jemanden fürs Doppel brauchten. Ihre Mutter war eine ausgezeichnete Tennisspielerin.«
    Jake lächelte. Das hatte er nicht gewusst. »Mein Vater nicht?«
    Sobel schüttelte den Kopf. »Wir haben ein paarmal etwas miteinander getrunken. Aber er spielte nicht Tennis, und er arbeitete sehr viel.« Sobel gelang es geschickt, Jake dazu zu bringen, sich zu entspannen. »Ich besitze ein Gemälde Ihres Vaters. Ich habe es ’ 67 oder ’ 68 bei einer verdeckten Auktion im Klub ersteigert. Die beste Investition meines Lebens.« Plötzlich merkte er, dass die Zeit knapp wurde, und wandte sich wieder dem Krankenblatt zu. »Wie waren die Lebensumstände Ihres Vaters, Mr Cole?«
    Jake dachte an den Klumpen Gras im Kühlschrank. An die Augen, die aus dem großen Chuck-Close-Bild herausgeschlitzt worden waren. Die verbarrikadierte Schlafzimmertür. Die Messer. »Ein bisschen zwanghaft.«
    Â»Anzeichen von Paranoia?«
    Paranoia? Doch nicht, wenn fest damit zu rechnen war, dass eine Bootsladung wilder Wikinger am Strand landen würde … »Was verschweigen Sie mir, Dr. Sobel?«
    Sobel klappte das metallene Klemmbrett zu. »Ich musste Ihrem Vater 400 mg – also fast ein halbes Gramm – Chlorpromazin verabreichen, und es hat ihn nicht im Geringsten beruhigt. Und das alles zusätzlich zum Morphium. Eine höhere Dosierung kann ich bei einem Mann seines Alters nicht verantworten. Verdammt, schon für einen Mann Ihres Alters wäre diese Dosis zu hoch.«
    Einen Moment lang erwog Jake, Sobel zu widersprechen.
    Â»Eine derartige Toleranz gegenüber Narkotika wie bei Ihrem Vater habe ich erst ein einziges Mal in meiner dreißigjährigen Praxis erlebt. Er hat den Metabolismus eines Rennpferds. In Kombination mit seiner Erregbarkeit ist das die optimale Voraussetzung für eine Katastrophe. Ich fürchte, dass er sich etwas antun könnte oder, Gott behüte, jemand anderem. Ich denke, wir müssen ihn fixieren.«
    Â»Wollen Sie meine Erlaubnis oder meine Absolution?«
    Sobel schüttelte den Kopf. »Weder noch, Jake. Ich spreche nur gern erst mit einem Menschen, bevor ich seinen Vater am Bett festschnalle.«
    Jake öffnete den Mund zu einer Erwiderung, doch ein gellendes Heulen zerfetzte die Stille und schnitt ihm das Wort ab. Er erkannte die Stimme und stieß sich vom Tisch ab, während ein weiterer Schrei jedes Molekül im dritten Stock zum Erzittern brachte. Er stürzte hinaus.
    Eine Traube von Menschen in gedämpften Krankenhaus-Pastelltönen verstopfte den Gang und reckte die Hälse, um einen Blick in Jacob Coleridges Zimmer werfen zu können.
    Jake drängte sich durch die Menge, bis er aus einem großen Halbkreis aus

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