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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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– der zu jener Zeit Spence hieß, weil das cool war – wich kaum von ihrer Seite. Lewis war mehr als Maskottchen und Begleiter, er war Jakes Freund. Mit Hilfe seiner Mutter und eines Buches aus der Bibliothek gelang es Jake schnell, Lewis in einen relativ gesitteten Haushund zu verwandeln. Und schon hatte er einen persönlichen Leibwächter.
    Sechs Monate später waren der Coleridge-Haushalt und Lewis bestens aufeinander eingespielt. Jake hatte den Hund dressiert wie einen Rekruten – er gehorchte aufs Wort, machte Platz, schüttelte sich, gab Pfötchen, legte sich hin und rollte sich auf ein Fingerschnippen auf den Rücken. Nur einen Trick konnte Jake dem Hund nicht beibringen, nämlich sich tot zu stellen – das hatte er in der Dick van Dyke Show gesehen und wollte, dass Lewis es nachmachte. Er hatte es mit Leckerbissen versucht, mit Bestrafung, auf spielerische Weise. Aber es klappte nicht.
    Am frühen Morgen ließ er Lewis zur Hintertür hinaus, damit er sein Geschäft erledigen konnte. Der Hund brauchte ein paar Minuten für das Ritual, danach bellte er und kratzte an der Tür. Bis dahin hatte Jake normalerweise schon eine Schüssel Cap’n Crunch für sich und eine große, stinkende Portion Hundefutter für Lewis vorbereitet.
    An einem Morgen im späten November schlief Jake besonders tief und fest. Der Hund stupste ihm erst gegen die Hand, dann gegen den Hals. Jake zog widerwillig seinen Planet-der-Affen -Morgenmantel über und ging mit Lewis nach unten. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und er sah im Atelier seines Vaters Licht brennen. Als er die Hintertür öffnete, pfiff ein eisiger Wind herein, und der Hund marschierte nach draußen. Jake ging nach oben, kroch ins Bett und schlief ein.
    Als er die Augen wieder aufschlug, war es schon hell, und seine innere Uhr sagte ihm, dass viel Zeit verstrichen war. Er stieg aus dem Bett, schlüpfte in seine Kleider – warme Kleider – und machte sich auf den Weg nach unten, um sich Frühstücksflocken anzurühren und vielleicht ein paar Pop-Tarts in den Toaster zu stecken. Er war noch oben auf der Galerie, als er durch ein Fenster Lewis erblickte. Er lag nahe der Hintertür in einer langen Blutlache.
    Jake stieß ein nicht enden wollendes Heulen aus, bis seine Mutter angerannt kam. Sie führte ihn die Treppe hinunter, setzte ihn aufs Sofa und ging zur Hintertür. Lewis’ Kehle war durchgeschnitten. Ein einziger, tiefer Schnitt quer über den großen weißen Fleck, der sich vom Unterkiefer bis zur Brust erstreckte. Allerdings war er nicht mehr weiß.
    Mia schrie auf. Wollte genau wissen, was passiert war. Jake saß da, die Beine steif wie Stöcke von sich gestreckt, und starrte Lewis an. »Er muss gebellt haben oder so etwas. Vielleicht ist er zu laut gewesen.« Jakes Blick glitt zu dem Atelier am Rand des Grundstücks, aus dessen Kamin ein kräftiger Hartholzrauch quoll, den der Meerwind in schnurgerader Linie nach Westen davontrug.
    Seine Mutter folgte seinem Blick zu dem Gebäude, in dem Jacob seit vier Tagen ununterbrochen arbeitete. Sie gab Jake einen Kuss, drückte ihn an sich und befahl ihm, sich nicht von der Stelle zu rühren. Dann legte sie eine große graue Decke über den Hund und ging zum Atelier.
    Jake erfuhr nie, was dort gesprochen wurde – vom Haus aus konnte man nichts hören, und Jake hatte zu viel Angst, um sich vom Sofa zu erheben. Also saß er einfach da. Starrte den Klumpen unter der Decke an. Wartete, dass das Gefühl der Angst nachließ.
    Seine Mutter kam bleich und mit geröteten Augen zurück, aber sie weinte nicht. Sie sagte Jake, dass es ihr leidtue wegen Lewis, und dann nahm sie ihn mit zum Frühstück in den Jachtklub. Drei Stück arme Ritter, ein Dutzend handtellergroße Pfannkuchen, drei Streifen Speck, drei Würstchen, Ahornsirup und Apfelsaft. Jake würgte ein wenig davon hinunter, weil er nicht wollte, dass seine Mutter umsonst mit ihm hergekommen war. Sie sprachen nur sehr wenig. Danach ging sie mit ihm ins Kino. In jener Nacht hatte sie im Gästezimmer geschlafen.
    Irgendwann – Jake konnte sich nicht genau erinnern, aber es war nach weniger als einer Woche – kehrte sie ins Ehebett zurück. Doch die Beziehung seiner Eltern wurde nie wieder wie vorher. Das spürte Jake. Die Veränderung, die in seiner Mutter vorgegangen war, war geradezu fassbar, als ob ein

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