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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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der Dinge.«
    Am Horizont ballten sich Wolken zusammen. Sie wirkten nicht bedrohlich, aber sie hatten etwas von Spähern an sich, die einer anrückenden Armee vorauseilen. »Der Hurrikan wird erst morgen Nacht eintreffen, aber der Bursche vom NHC meinte, wir könnten die Front noch heute Abend aufziehen sehen. Der Wind wird auffrischen, und der erste Regen fällt. Morgen Nachmittag wird es ungemütlich. Und bei Nacht wird die Hölle durch den Ort toben.«
    Jake dachte an die Frau und das Kind im Strandhaus der Farmers. Gehäutet . Er dachte an seinen Vater, vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln, wie er mit dem verkohlten Fleisch seiner Hände Porträts an die Krankenhauswände kritzelte. Er dachte an die Schreie des alten Mannes. An die Ermordung seiner Mutter. Und daran, dass hier viel giftiges Wasser den Bach hinuntergeflossen war. »Die Hölle ist bereits da«, sagte er und ging ins Haus zurück.

27
    Hauser war gegangen, und Kay und Jeremy beendeten gerade ihr Mittagessen. Ein Streifen Himbeermarmelade verlief quer über Jeremys Gesicht und ließ ihn wie den ›Joker‹ aussehen. Die Wolken am Horizont waren dichter geworden, und das Meer überzog sich mit unheilschwangerem Dunst. Der Wind frischte auf, war aber immer noch nicht viel stärker als eine Herbstbrise, ein leises, hohes Pfeifen, das sich bald in das Brüllen eines Monsters verwandeln würde. Jake stand vor dem Atelier seines Vaters, einem weiteren Relikt der Vergangenheit, und fragte sich, was er vorfinden würde, wenn er diese Büchse der Pandora öffnete. Er hatte das Gefühl, seinen Vater als Ausrede zu benutzen, um sich nicht mit dem Fall beschäftigen zu müssen, aber im Moment ließ sich wenig tun. Er hatte den Tatort gesehen, mit der Gerichtsmedizinerin gesprochen und Hausers Berichte gelesen. Er konnte nur immer wieder die vorliegenden Fakten wiederkäuen – und Hauser seine Schlussfolgerungen übermitteln. Also befasste er sich jetzt mit dem Atelier seines Vaters.
    Er ging ein paarmal darum herum und suchte nach einem Weg hinein. Es gab keine nennenswerten Sicherheitsvorkehrungen, stattdessen einfach verglaste Fenster mit brüchig gewordenem Kitt. Die Tür hatte zwar ein brauchbares Schloss, aber ebenfalls eine Glasscheibe in der oberen Hälfte – er musste sie nur einschlagen und hineingreifen. Das Seltsame war – wenn man nach allem, was er sonst noch vorgefunden hatte, von seltsam überhaupt reden konnte –, dass alle Fenster von innen übermalt waren. Wo immer er hineinzuspähen versuchte, sah er nur sein eigenes Spiegelbild vor schwarzem Hintergrund.
    Â»Verdammte Scheiße«, sagte er vernehmlich und hob den Ellenbogen, um eines der Sprossenfenster einzuschlagen. Dann erinnerte ihn seine innere Stimme – die mit dem perfekten Gedächtnis – an den Schlüsselring im Kühlschrank.
    Er rannte ins Haus und kam mit den Schlüsseln zurück. Nachdem er ein paar ausprobiert hatte, öffnete sich die Tür, und er trat ein.
    Er machte sie hinter sich zu, legte den Riegel vor und tastete in der Dunkelheit herum.
    Schließlich fand er den Lichtschalter und sah sich um. Wie im Haus gab es auch hier ein großes offenes Erdgeschoss mit Mezzanin. Ungefähr ein Viertel der Grundfläche nahm die Garage ein, zu der eine Tür in der Mitte der Rückwand führte. Der Rest war Jacob Coleridges Atelier gewesen, aber im Gegensatz zur Erstarrung des Hauses hatte sich hier etwas verändert. Sogar eine Menge. Jake musste so tief Atem holen, dass es in der Luftröhre kratzte.
    Sein Vater hatte jede vorhandene Oberfläche – einschließlich Boden, Decke und Fenster – mattschwarz gestrichen. Dann hatte er diesen negativen Raum mit Dutzenden von Porträts des blutigen Mannes aus dem Krankenhaus gefüllt. Die dunkle Höhle war voller Studien aus einer Hölle, die von Hieronymus Bosch inspiriert schien. Die Bilder waren in der Ausführung gekonnt und überaus detailliert, anatomisch perfekt. Mit einer Einschränkung – sie hatten kein Gesicht. Sie erzeugten ein allgegenwärtiges Gefühl der Bedrohung.
    Jake ging in die Mitte des Ateliers und drehte sich um sich selbst, um das Werk auf sich wirken zu lassen. Jede einzelne Gestalt war von erschreckender Lebendigkeit, ihr Fleisch atmete, ihr Blut pulsierte. Egal, welche der Figuren Jake ansah, ihr gesichtsloser Blick schien ihm zu folgen.
    Die Decke lag

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