Bloodman
irgendwo zwischen 15 und 16 Punkt. Ich lieà sie vom FBI -Labor analysieren, in der Hoffnung, dass sie mir helfen könnten, diese vier Monate zurückzubringen.« Jake zündete sich die neue Zigarette an. »In solch einer Tätowierung stecken etwa fünfhundert Stunden Arbeit. Buchstaben sind besonders schwierig. Und in den Tausenden von Wörtern gibt es keinen einzigen Schreib- oder Druckfehler. Alle Buchstaben sind perfekt ausgeführt. Und es war kein offizielles Tätowierstudio, das die Arbeit durchführte. Irgendein Typ hat gut fünfhundert Stunden damit verbracht, meine Haut zu beschriften, und ich weià nicht, warum. Ich kenne seinen Namen nicht. Und ich weià nicht, wie ich ihn dafür bezahlt habe.«
Hauser betrachtete die Schriftzeichen, die sich von Jakes Kragen über seinen Hals nach oben wanden. Seine Miene drückte Verständnislosigkeit aus. »Jake, das, was Sie tun, macht den Leuten Angst.« Er verstummte, um seine Gedanken zu ordnen. »Es ist einfach ⦠ich weià nicht ⦠unbegreiflich. Wir Bullen verbringen unser ganzes Leben damit, Tatorte richtig lesen zu können. Sie dagegen kommen mit diesem Gesichtsausdruck wie ein Crashtest-Dummy herein und erwecken den Eindruck, als wären Sie zu keiner der Emotionen fähig, die wir mit den guten Jungs assoziieren.«
Jake nahm einen Zug von seiner Zigarette. »Sie sollten besser als jeder andere wissen, dass das zu unserem Job gehört. Jedes Mal, wenn Sie Eltern erzählen müssen, dass ein betrunkener Autofahrer das Gehirn ihres Kindes auf dem Asphalt verteilt hat, oder dass ihr eigenes Kind betrunken Auto gefahren ist und jemanden umgebracht hat, dann schalten Sie auf Kampfmodus. Es ist eine Verteidigungsstrategie. Selbstschutz. Sonst könnten wir die ganze Zeit nur noch weinen.«
Einen Augenblick lang dachte Hauser an seinen Sohn Aaron zurück, der im Alter von zehn Jahren durch einen schleudernden Econoline getötet worden war. »Oder den Tatort vollkotzen«, fügte er hinzu.
Jakes Lippen verzogen sich um die Zigarette herum zu einem Lächeln. »Oder das, ja.«
Hauser lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Was geht hier vor, Jake? Ich weià nicht mehr, was ich tun soll. In meinem Zuständigkeitsbereich ist ein Verbrechen geschehen. Verdammt, einige der reichsten Leute von Amerika leben hier â Sie haben ja keine Ahnung, wie viele Verbrecher das anzieht! Aber drei Menschen, denen die Haut abgezogen wurde?«
Jakes Augen senkten sich zu Boden, und seine Stimme klang sorgfältig moduliert. »Sie hat ihm die Tür geöffnet. Sie war vermutlich gerade nach Hause gekommen. Ihre Schicht war vorbei â Dr. Sobel hatte sie frühzeitig heimgeschickt, und die Gerichtsmedizin wird feststellen, dass der Tod innerhalb einer halben Stunde nach Arbeitsschluss eintrat. Sie hat ihn hereingebeten. Vielleicht hat ein Nachbar etwas gesehen, aber ich würde nicht darauf wetten.«
Erst nach ein paar Sätzen erkannte Hauser, dass Jakes Worte wie aus groÃer Entfernung kamen. Vielleicht betrachtete Jake sich selbst nicht als Hellseher. Vielleicht glaubte Carradine nicht an einen Kontakt zu den Toten. Aber Hauser konnte sich auf sein Gehör verlassen, und es war ganz bestimmt nicht Jake Cole, der da sprach.
Die Zigarette qualmte in Jakes Fingern, und der Wind trug den blauen Rauch hinweg, knisternd von der Elektrizität des aufziehenden Sturms. »Sie hat ihm den Rücken zugekehrt und ging zur Küche. Ich glaube, sie wollte ihm etwas zu trinken anbieten. Tee, nicht Kaffee. Er folgte ihr durch die Diele, und dabei zog er das Messer. Wieder dasselbe, ein Jagdmesser mit schwerer Recurve-Klinge. Sie drehte sich um. Er versetzte ihr einen heftigen Tritt in den Bauch. Ein paar ihrer Rippen sind dabei gebrochen. Er ging mit dem Messer auf ihren Kopf los, als sie zusammenklappte. Sie rang nach Luft, und er riss ihr den Kopf zurück. Zog ihr die Klinge quer über die Stirn â davon stammen die Blutspritzer an der Tapete neben der Treppe. Dann warf er sie auf den Teppich. Stemmte ihr einen Fuà in den Rücken und riss ihr den Kopf an den Haaren zurück, wodurch er sie skalpierte. Sie schrie nicht, weil sie nicht einmal Luft holen konnte. Niemand hätte etwas gehört.«
Hauser hob die Hand. Fast wäre es ihm gelungen, das Zittern zu unterdrücken. »Woher wissen Sie das?«
Was sollte Jake darauf
Weitere Kostenlose Bücher