Bloodman
erwidern? Dass er einen mentalen Schnappschuss der Leiche und der Blutspritzer und der Stellung des Körpers aufgenommen hatte und das Bild ihm überdeutlich vor Augen stand? Dass es einfach keine andere Möglichkeit gab? Dass er das Geschehen im Geiste durchgehen konnte und sich dabei â einschlieÃlich der genauen Zeit, die das Monster gebraucht hatte, um ihr die Haut abzuziehen â kein bisschen irrte? Hauser würde das nicht verstehen. Also sagte er nur: »Ich weià es.« Die vergessene Zigarette qualmte vor sich hin, die Asche lang und gebogen. »Er hatte ihr die Kopfhaut abgezogen, bevor sie überhaupt wusste, wie ihr geschah. Dann warf er sie wieder auf den Rücken und rammte ihr ein Knie in den Bauch, ein bisschen höher diesmal, wobei er ihr mindestens zwei Rippen brach. Er lieà sich auf sie fallen, um ihr die Luft aus der Lunge zu treiben. Dann hat er angefangen, sie ernsthaft zu bearbeiten.«
Hausers Gesichtsfarbe hatte wieder das fahle Grün angenommen, das Jake mittlerweile vertraut war. »Er hat ihr das angetan, während sie noch am Leben war?«
Jake zuckte die Achseln, als läge die Antwort auf der Hand.
»Kerle wie der, woher kommen die? Ich meine, sie können doch nicht von guten Eltern abstammen, die sich liebevoll um sie gekümmert haben, oder? Jemand, der Liebe kennengelernt hat, könnte so etwas nicht tun.«
Jake hob den Blick zu dem Haus. Es wurde im bleigrauen Licht, das nach und nach in jeden Winkel sickerte, immer düsterer. »Manche Familien nähren sich von Liebe, andere von Zorn und Wahnsinn, und manche leben von noch schlimmeren Dingen.« Er warf seine Zigarette auf den Boden.
»Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen Serienkiller in meiner Stadt haben würde.«
Jake grub den rauchenden Stummel mit dem Absatz in den Asphalt. »Er ist mehr als das.«
»Was meinen Sie damit?« Hausers Stimme flatterte, als er die Frage stellte.
Aus der Literatur des FBI zitierte Jake: »Als Serienkiller definiert man jemanden, der mindestens drei Menschen ermordet hat und zwischen den Morden eine immer kürzer werdende Pause einlegt. Das wäre die Phase zwischen Madame X und Klein X und Schwester Macready. Aber die Jahre seit dem Tod meiner Mutter sind eine verdammt lange Zeit.« Er dachte zurück an die Nacht, als sie zum Kwik Mart gefahren war, um Zigaretten und Mallomars zu holen. »Er ist nicht hinter zufälligen Opfern her â sondern hinter ganz speziellen. Zielpersonen, die mit meinem Vater zu tun haben, und in Erweiterung davon â¦Â« â er verstummte und richtete sich auf â »⦠mit mir.«
»Was ist denn?«
Er schüttelte den Kopf. »Meine Frau und mein Sohn sind alleine zu Hause.«
36
Hausers Charger fraà die StraÃe mit hundertachtzig Kilometern pro Stunde. Der Wagen vibrierte so stark, dass es sich anfühlte, als würden sie gleich die Schallmauer durchbrechen. Hauser hatte das Gaspedal bis aufs Blech durchgetreten, während er im Slalom durch den Verkehr schoss und die beinahe zwei Tonnen Gewicht aus Hemi-getriebenem Detroiter Eisen auf den Randstreifen zog, wenn ein Wagen nicht rasch genug auswich. Im Auto war das Motorengeräusch so laut, dass man die Sirene kaum hörte.
Hauser hatte einen Alarm durchgegeben, aber es befand sich kein Streifenwagen in der Nähe von Sumter Point. Hausers BlackBerry klebte an Jakes Ohr, während er das Klingeln von Kays Telefon über dem wütenden Donnern des V- 8 zu hören versuchte. Es war sein dritter Anruf, aber sie meldete sich nicht. »ScheiÃe«, knurrte er und warf das Handy gegen das Armaturenbrett. Es prallte ab und flog aus dem Fenster. Dreckskerl!
Hauser löste den Blick nicht von der StraÃe und die Hände nicht vom Lenkrad. »Noch zwei Minuten«, sagte er ausdruckslos.
Jake wand sich unter den Schrecken, die die Leinwand in seinem Kopf pflasterten. Er wünschte, er säÃe in seinem eigenen Wagen statt in Hausers Biest â Hauser lieà leider ein wenig Vorsicht walten. Jake hätte keine Rücksicht gekannt. Er musste jetzt nach Hause. Wenn dieses Monster Kay und Jeremy in die Finger bekam â¦
Er schob den Gedanken beiseite und versuchte, seine mentale Rüstung anzulegen, aber die Stücke wollten nicht einrasten. Seine Gedanken glitten immer wieder zurück zu Kay, der jemand den Skalp mit einem Stück scharfen Stahls abzog.
Der
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