Bloodman
ihrem Blut war. In der Küche hörte er Hauser röcheln, als klebte ihm eine Daunenfeder hinten am Gaumen. Jake bewegte sich an der Frau vorbei, über der sich ein fächerförmiger Bogen von Blut an der rissigen Tapete ausbreitete, und betrat den Vorderteil des Hauses.
Es war ein typisches Exemplar seiner Art, und Jake kannte den Grundriss. Küche hinten hinaus, Wohnzimmer und Esszimmer vorn, dazu zwei kleine Schlafzimmer und ein Bad â alle mit schrägen Wänden â im ersten Stock. Keller. Freistehende Garage.
Er machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, um sicherzugehen, dass es keine weiteren Opfer gab, auch wenn ihm die kleine innere Stimme sagte, dass die Frau die einzige Bewohnerin war. Das unverkennbare Aroma von jemandem, der allein lebte, erfüllte das Haus, stärker noch als der Geruch nach Blut.
Er fand ein altes Klavier vor, ein langes, niedriges Velours-Sofa, ein paar bequeme Sessel, einen gläsernen Couchtisch mit hohen Stapeln von People und Us und einen kleinen Fernseher mit einem Taschenbuch obendrauf. AuÃerdem gab es einen Elektrokamin, auf dessen Plastiksims ein paar Fotos standen; fröhliche, glückliche Farbkleckse, die ihn über den Raum hinweg anlächelten. AuÃer den paar Möbelstücken und einem bisschen Lesestoff war das Zimmer kahl, und Jake wusste, hier hatte eine Frau gelebt, die sehr viel arbeitete.
Er trat auf die Fotos zu und vermied dabei bewusst jegliches Schlurfen, um keine statische Elektrizität zu erzeugen, an der sich Beweismittelspuren festhängen konnten. Er hatte nicht gemerkt, wie schnell sein Herz schlug, bis er den nächsten Schritt machte und einen nebligen Strom von Benommenheit spürte, das untrügliche Signal, dass sein Puls raste. Er konzentrierte sich darauf, tief in den Bauch zu atmen, um sein Blut mit Sauerstoff anzureichern, wie Kay es ihm beigebracht hatte. Der Vitriolgeruch des Todes bohrte sich in seinen Kopf wie eine Stahlnadel. Einen Moment lang stand er still und atmete weiterhin tief durch. SchlieÃlich hörte sein Brustkorb auf zu vibrieren, als wollte ein lebendiges Tier daraus ausbrechen, und er schob sich weiter vorwärts. Er achtete jetzt darauf, tief und regelmäÃig zu atmen, und roch dabei die hautlose Frau, die auf dem Teppich hinter ihm lag. Die Fotografien wuchsen von undeutlichen Farbflecken zu unscharfen Gesichtern, überzogen von strahlendem Lächeln. Noch ein Schritt, und die Unschärfe kristallisierte aus, wurde klar.
Er griff vorsichtig mit den behandschuhten Fingern nach einem der gerahmten Fotos, und noch während der Bewegung sackte ihm das ganze Blut in die Beine, als wäre sein Arm ein Pumpenschwengel. Er starrte das Gesicht an, das ihm entgegenlächelte. Eine Frau â und er wusste, dass es dieselbe Frau war, die dahinten auf dem Boden lag wie die Assistentin eines Messerwerfers auf einer sich drehenden Holzscheibe. Auf dem Foto saà sie an der Bordkante eines Segelbootes irgendwo vor dem Montauk Point. Der Leuchtturm war gut ein, zwei Kilometer weit hinter ihr zu sehen.
Er betrachtete das lächelnde Gesicht, ohne zu bemerken, dass ihm der Atem in abgehackten StöÃen durch die Lippen zischte, als läge er in den Wehen.
Gehäutet .
Sie lächelte ihn an. Mit leuchtend weiÃen Zähnen. Sie wirkte so lebendig. So glücklich.
Und jetzt lag sie von Fliegen umtost auf dem Teppich in ihrer eigenen Diele.
Er spürte, wie sich seine Brust verengte und das Herz wummerte, während ihn ein gewaltiger Adrenalinstoà wie ein Hammer traf. Taubheit und Kälte breiteten sich in ihm aus.
Der Bilderrahmen entglitt seinen Fingern und polterte zu Boden.
Es gibt keine Zufälle, dröhnteSpencers blecherne Stimme wie ein Echo durch seinen Kopf.
Dann glitt alles über den Rand der Welt und wurde zu Eis, während er auf dem Boden aufschlug.
Jake kannte sie.
34
»Jake? Jake?« Hausers Stimme übertönte das statische Rauschen in seinen Schaltkreisen, und das Gesicht des Sheriffs materialisierte sich über ihm. Sein Atem roch nach Erbrochenem, und sein ins Leere starrender Todesblick war der Sorge gewichen. »Jake?«
Jake stemmte sich auf die Ellbogen hoch und stöhnte. »Tut mir leid.«
Hauser beäugte ihn misstrauisch. »Sind Sie ohnmächtig geworden?«
Jake schüttelte den Kopf. »Es liegt nicht an Drogen oder Alkohol oder an etwas anderem, was Sie verstehen würden.« Er stand auf und
Weitere Kostenlose Bücher