Bloodman
weitervererbt wurde â, aber diese Hoffnung hatte ein Betrunkener in einem Van zerstört. Doch das hieà nicht, dass Hauser das Messer dem Sturm überlassen würde.
Das Messer fühlte sich erst wie gewachst an, dann schmierig, als sich das Schutzöl unter seiner Berührung erwärmte. Er betrachtete es eine Weile lang in der Hoffnung, es würde ihm seine Geheimnisse offenbaren. Was sah Jake, wenn er ein Messer betrachtete? Hauser glaubte nicht, dass er es als ein Werkzeug unter vielen aus der langen Geschichte der menschlichen Evolution sehen würde â für einen Mann wie Jake war jedes Messer eine potentielle Quelle des Horrors.
Der Sheriff sah sich um und musterte seine Vitrinen voller Jagdutensilien. Plötzlich verstand er, warum für Jake Cole die ganze Welt so aussehen musste wie eine Gräueltat, die nur darauf wartete, sich zu ereignen.
Hauser steckte das Messer in seine abgegriffene Lederscheide zurück, legte den Sicherungsriemen ein und hängte es an seinen Kampfgürtel. Dann löschte er das Licht und machte sich auf den Weg zu seinem Streifenwagen.
42
Kay lag still, immer noch mit Handschellen an das Kopfteil gefesselt, während Jake schwer auf ihr ruhte. Der Gürtel um ihren Hals hing jetzt in einer losen Schlaufe herunter, doch sein Abdruck war noch deutlich zu sehen. In ihrem linken Auge war ein Blutgefäà geplatzt und breitete sich zu einer schönen roten Blume aus.
Jake betrachtete ihr Gesicht ein paar Minuten lang, eine Schichtung regungsloser geometrischer Schatten in der Dunkelheit. Sie atmete kaum hörbar. Er starrte sie an und versuchte, ganz im Hier und Jetzt zu sein, nicht im Dort und Damals. Er fragte sich, wann er gelernt hatte, die Teile seines Leben so vollständig voneinander abzuschotten, dass er sich den ganzen Tag mit den entsetzlichsten Szenen auseinandersetzen und doch am Abend ein solches Glücksgefühl erleben konnte. Und im Strudel dieses Gedankens kam ihm die Erkenntnis, dass es wirklich Zeit wurde, den Job hinzuschmeiÃen. Weiterzuziehen. Sein Leben zu leben und ein ganzer Mann zu werden â ein Mann ohne Brüche.
»Wie habe ich dich nur gefunden?«, fragte sie.
Wie sie so dalag, war Kay wunderschön, aber Jake wusste, dass es in den tiefsten Winkeln ihrer Seele nicht so fröhlich oder glücklich aussah. Sie besaà fesselnde, hypnotische Augen, aber in der Art, wie sie sich bewegten, lag ein Verlust, als hätte man das Glück zum Teil aus ihnen herausgeprügelt. Einmal, als ihnen langsam klarwurde, dass ihre Beziehung etwas ganz Besonderes sein konnte, gestand sie ihm, dass sie sich immer in üble Männer verliebt hatte. Es hatte mit der Gefahr zu tun â nie zu wissen, was als Nächstes geschehen würde â, die ebenso suchtbildend war wie Alkohol. Sie sagte, dass sie sich immer noch selbst dafür hasste.
Jake hatte den Verdacht, dass es ihm manchmal ebenso erging.
Ein Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel, und die geplatzte Ader in ihrem linken Auge verlieh ihm einen seltsamen Ausdruck. »Ich liebe es, von dir gefickt zu werden«, sagte sie.
»Das liegt daran, dass du eine hoffnungslose Romantikerin bist.«
Ihr Kichern wurde zu einem glockenhellen Lachanfall, der ihren ganzen Körper schüttelte. Die Gürtelschnalle klapperte im Dunkeln, ein kratzender, metallischer Ton, der dem Klang der Tür am Haus von Rachael Macready ähnelte, als Hauser sie aufgestoÃen hatte.
Jake versteifte sich. »Ich will, dass ihr beide den Mittagsbus nehmt.«
Ihr Lachen brach unvermittelt ab, und er spürte, wie sie sich unter ihm anspannte. »Kommt nicht infrage, Poppy. Ich habe meinen heiÃen kleinen Arsch nicht hier rausgeschleift, um mir einen schnellen Fick abzuholen und mich dann abschieben zu lassen. Ich gehe hier nicht weg ohne meinen Mann.«
»Wir reden später darüber.« Aber er wusste, dass sie Long Island am Mittag verlassen würde, da konnte sie noch so herumzicken. Wenn es sein musste, verpasste er ihr und Jeremy einen Betäubungspfeil in den Hintern und schickte sie in ein paar Fed-Ex-Kartons nach Hause. Er legte den Kopf in den Nacken und sah ihr in die Augen. In ihrer Miene lag eine entspannte Friedlichkeit, die ihn glücklich machte. Er küsste sie.
»Noch einmal?«, fragte sie.
Der Tag lief im Zeitraffer erneut vor seinem inneren Auge ab, angefangen mit dem blutigen Porträt bis zur ausgebluteten Gestalt von
Weitere Kostenlose Bücher