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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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Aber er hatte sie landeinwärts ausfliegen lassen, zu ihrem Bruder, wo sie in Sicherheit sein würde. Allerdings hatte sich Hausers Begriff von Sicherheit in den vergangenen Stunden sehr verändert. Unwiderruflich.
    Von allen Bildern, die dieser schreckliche Fall mit sich gebracht hatte, blitzte vor allem eines immer wieder vor seinem geistigen Auge auf: das der Frau und des Kindes im Haus der Farmers, die sie immer noch nur als Madame und Klein X kannten. Inzwischen hatte der Stundenzeiger das Zifferblatt zweimal umrundet, und all ihr gerichtsmedizinisches und digitales Know-how hatte sie der Antwort auf die einfache Frage noch nicht näher gebracht, wer die beiden waren. Es schien, als untersuchte er den Mord an zwei Menschen, die nie existiert hatten.
    Er tastete sich im Dunkeln die Kellertreppe hinunter und lauschte der neuen Stimme, die sein Haus angesichts des anrückenden Hurrikans entwickelt hatte. Unten angekommen, legte er die beiden mittleren Schalter um, und die vom Fußboden bis zur Decke reichenden Glasvitrinen erwachten flackernd zum Leben, gelblich summend wie eine Reihe von Gefrierschränken im Supermarkt.
    Seine gesammelten Schrotflinten nahmen die eine Wand ein, Jagdflinten und Handfeuerwaffen die zweite, die dritte enthielt seine Arbeitsbibliothek und die letzte seine Messer.
    Hauser starrte sein Spiegelbild im Glas an. Er hatte die Ereignisse so weit verarbeitet, dass die Bilder von Madame X und ihrem Sohn nicht länger zu jedem beliebigen Zeitpunkt zufällig vor dem Sucher in seinem Kopf aufblitzen konnten, aber sie waren nie weit entfernt, und sein geistiges Auge wandte ständig den Blick von ihnen ab, sobald sie zum Leben erwachten. So etwas durfte hier einfach nicht geschehen. Aber so lief das eben nicht; und wenn er ein paar Pferdestärken mehr in den Denkprozess investierte, war der nächstliegende Schluss, dass solche Dinge nirgends passieren durften.
    Aber sie passierten. Ständig. Ein Blick in das Schlafzimmer des Farmer-Hauses am Strand genügte für diese Erkenntnis. Warum sollte der Ort hier eine Ausnahme sein?
    Das Einzige, was bei dieser Ermittlung gut funktionierte – nicht gerade viel also –, war die Sache mit den Medien. Je näher Hurrikan Dylan rückte, desto schwieriger wurde es für die Reporter, Interviewpartner zu finden. Normalerweise hätte sich Hauser Sorgen gemacht, dass einer seiner Männer in der Scrimshaw Lounge bei ein paar Bierchen nach der Arbeit gesprächig wurde, oder dass einer der Nachbarn von Rachael Macready in den Fox-Nachrichten auftauchte. Aber da der Sturm näher kam, hatte niemand Zeit, mit den Fernsehleuten zu reden – alle waren viel zu sehr damit beschäftigt, ihre iMacs und Münzsammlungen in Sicherheit zu bringen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt war, dass sich die Nachrichtenleute jetzt mehr fürs Wetter interessierten als für die drei Toten. Allerdings hatte Jake ihn gewarnt, dass das nicht allzu lange anhalten würde. Voraussichtlich nur so lange, wie diese Parasiten das Wort Mord nichtmit Serie in Verbindung brachten.
    Von da an würde jeder, vom Gemüsehändler bis zum Tankstellenpächter, seine fünfzehn Minuten Ruhm auf Channel 7 haben, Beweise analysieren und langatmige Tiraden über DNA , CSI und den Rest der Akronyme absondern, die er aus den Krimiserien im Fernsehen kannte. Das Schlimmste, so hatte Jake prophezeit, würden die selbsternannten Experten sein, die Motive und Persönlichkeitsprofile des Mörders aus der Tasche zauberten, während ihnen die elementarsten Erkenntnisse fehlten – nämlich Fakten.
    Hauser war nach Hause gekommen, um ein paar persönliche Dinge zu holen. Wichtig war ihm vor allem der Grabendolch seines Urgroßvaters aus dem Ersten Weltkrieg. Wenn das Haus dem Erdboden gleichgemacht werden sollte, war es das Einzige, was er neben seinem Ehering und dem Pokal, den sein Sohn Aaron in der Jugendliga gewonnen hatte, retten wollte. Der restliche Mist konnte von ihm aus zum Teufel gehen, das kümmerte ihn nicht. Jedenfalls nicht besonders.
    Er öffnete die Vitrine und nahm die Klinge heraus. Er hatte keinerlei Erinnerung an seinen Urgroßvater, aber das Messer hatte seinem Großvater und seinem Vater viel bedeutet, und in der Fortsetzung auch ihm. Er hatte sich gewünscht, dass es auch Aaron eines Tages etwas bedeuten würde – ein kleines Stück Würde und Ehre, das in der Familie von Mann zu Mann

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