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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Cholesterin. Weiß Gott, was das mit den Arterien anstellt.« »Interessante Frage«, sagte der Praelector, aß seine erste Portion auf und ließ sich eine zweite geben. »Der Brennwert ist ganz enorm hoch. Als jüngerer Mann habe ich dazu ein paar kleine Berechnungen angestellt. Die genauen Zahlen habe ich vergessen, weiß aber noch, daß ein mittelgroßer verhungernder Schiffbrüchiger auf einer Eisscholle recht gut überleben könnte, wenn er jeden dritten Tag eine Portion zu sich nähme.« »Das glaube ich gern, aber da ich nicht auf einer verfluchten Eisscholle hocke ...«, begann der General und wollte gerade seinen Teller wegschieben, als der Kellner eingriff. »Stimmt etwas nicht, Sir Cathcart? Die Spezialität des Küchenchefs, Sir.«
    Der General griff wieder zu Messer und Gabel. »Kurzzeitiger Schluckauf«, sagte er. »Mein Kompliment an den Koch, und richten Sie ihm aus, seine Ente ist köstlich.« »Sind«, korrigierte der Kellner rätselhafterweise und ging. »Wie ich gerade sagen wollte«, fuhr der Praelector vergnügt fort, »ich habe Ente schon immer für eine äußerst delikate Speise gehalten. Gans ist ein wenig fettiger, hat dafür aber wohlschmeckenderes Fleisch, wohingegen mir Ente – von Wildenten natürlich abgesehen – immer etwas fade erscheint.
    Doch mit Salbei und Zwiebel ...«
    Sir Cathcart stocherte an seiner Ente herum, bemüht, nicht auf die Worte des Praelectors zu hören. Er war noch nie ein guter Esser gewesen – sein Interesse an den weniger appetitlichen Qualitäten des anderen Geschlechts bewirkte, daß er auf seine Figur achtete –, und jetzt fühlte er sich ausgesprochen elend. Professor Pawley war auch keine Hilfe, der erwähnte, daß seines Wissens schon Leute nach einem Entenessen tot umgefallen seien. »Dr. Lathaniel beispielsweise, daran erinnere ich mich noch, und übrigens auch Canon Bowel. Vermutlich eine Frage des jeweiligen Metabolismus.«
    »Canon Bowel?« sagte der Praelector. »Auch so ein erbärmlicher Rektor. Ich muß schon sagen, wir hatten ein gerüttelt Maß an schlechten Rektoren. Nicht, daß er beim Entenessen verstorben wäre. Hatte ein Magengeschwür.« »Er wollte das abendliche Komplet für alle verbindlich machen«, rief der Kaplan. »Wir mußten etwas wegen ihm unternehmen. Also, was gab es an jenem Abend zu essen? Ich erinnere mich, daß wir als Vorspeise Krabben in pikanter Pilzsauce hatten, aber ...«
    »Es waren der Hasenpfeffer und die Zabaglione ...« »Ach ja, die Zabaglione«, seufzte der Kaplan verzückt. »Es war ein Spezialrezept, das weiß ich noch. Ein Dutzend Eigelb vom Gänseei, ein Pfund Zucker, und statt Sherry kam Cointreau hinein. Oh, war das köstlich.«
    »Und es gab einen besonderen Käse mit Paprika drauf«, sagte der Praelector.
    Weiter unten am Tisch spitzte der Obertutor die Ohren. »Ich merke, daß Sie über Canon Bowel reden«, rief er laut. »Die Zigarren haben dem Mann den Rest gegeben. Sie waren gewaltig. Dafür mußten wir extra Gelder bereitstellen. Ach, das waren noch Zeiten. Damals waren wir ein College von echtem Schrot und Korn. Schlachthaus nannte man uns.«
    Gegen Ende des Dinners hegte Sir Cathcart große Sympathie für Canon Bowel, und er begriff, warum der Dekan nicht anwesend war. Sich zu einem Entenessen setzen zu müssen, obwohl man wußte, daß der Obertutor ein Mörder war, der sich auch noch darüber freute, daß das College »Schlachthaus« genannt wurde, reichte aus, um jeden erbleichen zu lassen. Mit aschfahlem Gesicht folgte er dem Praelector in den Gemeinschaftsraum. »Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich weder Port noch Kaffee«, sagte Sir Cathcart. »Vielleicht hilft ja ein wenig frische Luft.» Sie begaben sich in den Fellows’ Garden hinaus, wo sich der Praelector eine Zigarre anzündete. »Also, was diesen Mord betrifft«, sagte Sir Cathcart. »Was wollen Sie deswegen unternehmen?«
    »Den Kerl loswerden natürlich«, antwortete der Praelector. »Unmöglich, ihn länger im College zu dulden.« »Heißt das, er ist immer noch hier?«
    »Aber sicher. Können den verfluchten Kerl schließlich nicht bei Nacht und Nebel rausschmuggeln«, sagte der Praelector und verstärkte das Unbehagen des Generals noch mit den Worten: »Ich habe übrigens vor, irgendwann heute abend mit ihm darüber zu reden. Leicht wird es nicht, aber ich muß es versuchen. Hängt alles vom Wetter ab, versteht sich.« »Ach ja? Das spielt eine Rolle?« sagte Sir Cathcart. »Wirklich äußerst bemerkenswert. Natürlich

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