Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
der Gesellschaft sehen lassen, der großartigen Gemeinschaft alter Porterhäusler, deren Geist die Kontinente umspannt«, dröhnte er im Gemeinschaftsraum, wo sich die Fellows auf einen Sherry versammelt hatten. Die Unterhaltung kam gerade einmal wieder ins Stocken, bei solchen Versammlungen keine Seltenheit.
    Der Kaplan brach das Schweigen. »Was hat Cathcart gesagt?« brüllte er. Er hatte vergessen, sein Hörgerät einzuschalten. Dr. Buscott ergriff die Gelegenheit, auf die er schon ewig gewartet hatte, nämlich seit der General ihn irrtümlich für einen Jungpförtner gehalten und ihn gerügt hatte, er solle sich gefälligst die Haare schneiden lassen, oder er sei die Stellung los. »General Sir Cathcart D’Eath«, verkündete er in einem Tonfall, der dem Toastmaster bei einem turbulenten Umtrunk zur Ehre gereicht hätte, »General Sir Cathcart D’Eath KCMG
    etcetera hat soeben erklärt, der Geist der alten Porterhäusler umspanne die Kontinente.«
    »Was um alles in der Welt meint er denn damit?« »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erklärte Dr. Buscott und zog sich in die Gesellschaft seiner Wissenschaftskollegen zurück, wo er sich sicherer fühlte.
    Der Obertutor überredete den General, noch einen Amontillado zu trinken. »Das ist etwas sehr Feines, Special Old Amontillado. Den gibt es bei uns nur zu besonderen Anlässen.« »Wo ist der Dekan?« fragte der General, der am liebsten gesagt hätte, er sei nicht gekommen, um sich von langhaarigen Lümmeln beleidigen zu lassen, die seine Titel mit einem etcetera abtaten. Er hatte einen besonderen Grund, an diesem Abend anwesend zu sein: Er hoffte, Dr. Osbert kennenzulernen und herauszufinden, ob er der geeignete Kandidat war, Myrtle Ransby ausgeliefert zu werden. »Hat keinen Zweck, die alte Scharteke an einen sexuellen Leistungssportler zu vergeuden, der nichts dagegen hat, unter einer halben Tonne in Gummi verpackte Speckschwarte abgefilmt zu werden. Man muß seine Psyche ergründen, verstehen Sie? Manche Burschen mögen so was«, hatte er seiner Sekretärin gesagt, die das nicht zum erstenmal zu hören bekam. Den Sherry in der Hand, sah er sich jetzt in dem außergewöhnlich vollen Gemeinschaftsraum nach dem Dekan um.
    »Ich finde ihn nicht«, bemerkte der Obertutor. »Übrigens war er in letzter Zeit leicht von der Rolle. So wie wir alle. Diese gräßlichen amerikanischen Fernsehleute und der Schaden an der Kapelle, Sie wissen schon.«
    »Ja natürlich«, dröhnte der General, »aber ich habe gerüchteweise gehört, daß der Schadensersatz gewaltig sein wird. Zwangsläufig. Wie mir Kentucky Fry erzählt hat, sind das milliardenschwere Leute.«
    »Kentucky Fry?« wiederholte der Obertutor. »Ich begreife ums Verrecken nicht, wie Leute so ein Zeug runterkriegen.
    Eines Abends habe ich mal in London den Fehler gemacht. Absolut unverdaulich.«
    »Tatsächlich?« sagte der General und musterte den Obertutor mißtrauisch. Er hatte das dumpfe Gefühl, daß ihn da jemand auf den Arm nahm.
    Das wurde durch den Kaplan bestätigt, der mittlerweile sein Hörgerät eingeschaltet hatte. »Die Hähnchen von Colonel Soundso«, rief er. »Habe ich einmal gegessen. Scheußliches Zeug. Die Bedienung war allerdings sehr attraktiv. Entzückende Beine.«
    »Was ist denn der neue Bursche für einer, dieser Godber- Evans-Fellow?« fragte der General, um das Thema zu wechseln. »Ist gestorben, wissen Sie?« grölte der Kaplan. »Überrascht mich, daß es Ihnen keiner erzählt hat. Ermordet worden, heißt es.«
    »Was?« sagte der General. »Ermordet? Schon?« Er sah sich nach dem Obertutor um, doch der war in der Menge verschwunden.
    »Erstaunlich, daß keiner Sie informiert hat«, fuhr der Kaplan fort. »Ist schon eine ganze Weile her. Ich fand es höchst beunruhigend. Natürlich war er bei uns allen unbeliebt, aber ...« Das Eintreffen des Praelectors verhinderte, daß weitere Informationen die Angelegenheit hätten klären können. »Ich habe soeben das mit Dr. Osbert gehört«, teilte ihm der General mit.
    Der Praelector warf ihm einen merkwürdigen Blick zu und schüttelte den Kopf. »Eine üble Geschichte«, sagte er. »Ich mache den Obertutor dafür verantwortlich.« »Den Obertutor?« sagte der General. »Sie wollen mir doch nicht allen Ernstes erzählen ...« Ein Kellner mit Karaffe schob sich zwischen sie und schenkte nach.
    »Er hätte nie zulassen dürfen, daß man ihn als Fellow aufnahm«, fuhr der Praelector fort. »Wir wurden nicht ordnungsgemäß informiert.

Weitere Kostenlose Bücher