Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
unterbrechen, »... und ihm darlegen, daß er jetzt die Pflicht hat zu gehen. Er war immer ein loyaler Collegebediensteter, und ich möchte behaupten, daß sein Verbrechen an dem verstorbenen Sir Godber Evans, mag es auch bedauerlich sein, zum Besten von Porterhouse geschah. Ehrlich gesagt hege ich ein gutes Stück Sympathie für den alten Knaben, und als Militär zweifle ich nicht daran, daß ich mich unter denselben Umständen genauso verhalten hätte. Unten in Burma mußten wir einmal einige aus der ›Watussi Rifles‹ – Einheit liquidieren, und ich kann mit Bestimmtheit behaupten, daß ich nicht davor zurückschreckte, mir die Hände schmutzig zu machen. Also, Sie warten hier, und ich ziehe los und suche Skullion auf. Finde ihn garantiert beim Wachdienst am hinteren Tor.«
    Und noch ehe ihn Dekan oder Praelector aufhalten konnten, verließ er das Zimmer, und sie hörten seine Schritte die Treppe hinunter und hinaus in die Nacht poltern. »Hat er denn eine größere Menge gepreßte Ente zu sich genommen?« erkundigte sich der Dekan.
    Der Praelector schüttelte den Kopf. »Leider fast gar nichts.
    Arterienverkalkung ist ein Berufsrisiko, das anscheinend in erster Linie Kavalleristen befällt. Wir müssen einfach abwarten, was bei diesem Angriff der schweren Brigade herauskommt.«

29
    Draußen in der Dunkelheit unter der alten Birke am hinteren Tor konnte Skullion verfolgen, wie der General die Rasenfläche überquerte und die Rosenbeete umrundete, wenn dessen Zigarre gelegentlich aufglühte. Sir Cathcart hatte sie gleich angezündet, als er ins Freie kam, nicht nur, damit er Zeit zum Überlegen hatte, was er sagen wollte, sondern auch um Skullion vorzuwarnen, daß er unterwegs war. »Wozu den alten Sack beunruhigen«, hatte er sich gesagt.
    Doch Skullion war nicht beunruhigt. Er wußte, daß so etwas früher oder später passieren mußte. Er hatte den Dekan auf Normalmaß zurückgestutzt, was der ihm nie verzeihen würde. Obendrein hatte er ihm einen schlimmen Schock versetzt, als er ihm erzählte, er habe diesen elenden Sir Godber Evans umgebracht. Das Geständnis war ihm bloß rausgerutscht, weil er besoffen und stinksauer gewesen war. Doch es war nun einmal passiert, und in mancher Hinsicht bedauerte es Skullion auch nicht. Er hatte die Nase voll davon, daß sie ihn Rektor nannten, aber nicht so behandelten. Daß der Schatzmeister dem elenden Yank befohlen hatte, ihn nicht ein Quasimodo-Update, sondern Rektor zu nennen, hatte die Atmosphäre gereinigt und ihn seine Stellung im College in einem neuen Licht sehen lassen. Dabei war er beileibe nicht stolz darauf, Rektor von Porterhouse zu sein und hilflos in einem Rollstuhl sitzen zu müssen. Früher, als Chefpförtner, war das noch anders gewesen. Damals hatte er wirklich Macht besessen, selbst wenn er sich verstellen und die jungen Kerle »Sir« nennen mußte. Diese Lektion hatte er bei der Königlichen Marineinfanterie gelernt, wo er miterlebt hatte, wie die Feldwebel vor jungen Offizieren und Grünschnäbeln salutiert und sie »Sir« genannt, andererseits darauf geachtet hatten, daß in Wirklichkeit sie es waren, die die Fäden in Händen hielten. In Frankreich war Skullion Zeuge geworden, wie ein Unteroffizier einen Leutnant erschossen hatte, der sich als Held aufspielen und sie alle in den Tod führen wollte, als er eine deutsche Panzergrenadierkompanie angriff, die in einem Hohlweg auf sie lauerte. Er hatte den Unteroffizier murmeln hören: »Er oder wir. Und wir gehen nicht dabei drauf«, und dann erschoß er den Offizier. Und in Lympstone oder war es Deal gewesen? – hatte ihn Feldwebel Smith eines regnerischen Nachmittags im Exerzierhaus gefragt: »Was ist deine wichtigste Aufgabe im diesem verfluchten Krieg, Junge? Das werd ich dir verdammt noch mal verraten. Den beschissenen Feind zu töten. Und dazu mußt du am Leben bleiben, klar? Also zieh die Rübe ein und vergiß nicht, daß dich deine vermaledeite Mutter wiedersehen will, und das wird sie nicht, wenn du ein toter Landser bist und irgendein beschissener Deutscher mit dir das gemacht hat, was du mit ihm tun sollst, schließlich wirst du dafür bezahlt.« Das alles war schon unendlich lange her, aber Skullion hatte es nie vergessen, genausowenig wie das Erlebnis in Frankreich. Und Menschen wie General Sir Cathcart D’Eath hatten erzählt, sie führten einen »guten Krieg«. Als ob es Spaß machte, wenn man fror, durchnäßt und hungrig war und eine Scheißangst hatte. Und wenn man jemanden

Weitere Kostenlose Bücher