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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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nicht am Entenessen teilgenommen habe. War irgendwie nicht in der Stimmung. Konnte mich dem nicht stellen. Vermutlich aus Feigheit.«
    »Ganz und gar nicht, mein Lieber«, sagte der General. »Ich weiß genau, wie Sie sich fühlen. Das ganze elende Fett, und dieser Osbert immer noch im Haus. Gräßliche Geschichte. Und auch noch übel zugerichtet, laut dem Praelector hier. Und der Obertutor sitzt da, plaudert und benimmt sich völlig normal. Zuerst davon gehört hab ich vom Kaplan.« Der Praelector wandte sich streng an den Dekan. »Ich sagte Ihnen doch, Sie sollten es nicht weitererzählen. Und dann ruft der Kaplan praktisch die Neuigkeit von den Dächern. Zum Glück hört ihm keiner richtig zu.«
    Nun war der Dekan deutlich beunruhigt. »Ich versichere Ihnen, daß ich dem Kaplan kein Sterbenswörtchen verraten habe. Dem zuallerletzt. Sie glauben doch nicht ...« »Ich weiß nicht, was ich glauben soll«, sagte der Praelector. »Ich weiß nur, daß jemand geplaudert hat.« Der General war bemüht, die Lage in den Griff zu bekommen. »Also, Leute, wir erreichen gar nichts, wenn wir nur drüber quasseln. Wir müssen uns überlegen, wie wir den Ruf des Colleges wahren. Wenn ruchbar würde, daß wir einen Mörder beherbergen, wäre das für die Revolverblätter ein gefundenes Fressen. Und für die seriösen Zeitungen auch. Briefe an die Times und an Fernsehsender. Wir müssen praktisch denken und irgendwie die Polizei draußen halten. Das funktioniert am besten, wenn man die Leiche vom Gelände schafft. Wo ist sie zur Zeit?«
    »Nun, wenn ich raten soll«, sagte der Praelector, inzwischen überzeugt, daß Sir Cathcart weit betrunkener war, als er aussah, »wenn ich raten soll, würde ich sagen, er liegt immer noch in der Gruft. In letzter Zeit war ich zwar nicht unten, um nachzusehen, aber da bewahrt man sie gewöhnlich auf.« »In der Gruft, hä? Tja, da liegt er wohl genausogut wie irgendwo anders. Da geht kaum mal jemand runter.« »Auf jeden Fall«, sagte der Dekan, »ist es das wichtigste, Skullion aus dem Rektorenhaus zu schaffen. Er hat schon damit gedroht, der ganzen Welt zu erzählen, daß er Sir Godber umgebracht hat, falls wir auch nur mit dem Gedanken spielten, ihn nach Porterhouse Park zu verlegen, und ...« »Verzeihen Sie«, sagte Sir Cathcart und ließ sich langsam in einen Sessel gleiten. »Ich fühle mich nicht besonders wohl. Liegt wohl an der verdammten Ente, aber mir ist völlig schleierhaft, wie sie sich so rasch auf mein Hirn auswirken konnte. Sie glauben doch nicht, daß ich einen Blue habe, oder?« »Einen Blue? Aber nein«, sagte der Praelector. »Ein Porterhouse Blue wirkt sich immer zuerst auf das Sprachvermögen aus. Wenn Sie einen Schlaganfall hätten, dann würden Sie sich anders anhören.«
    »Und wie wirkt er sich auf das Hörvermögen aus? Ich dachte, ich hätte den Dekan soeben sagen hören, Skullion habe gedroht, der Welt zu erzählen, daß er Sir Godber Evans umgebracht hat.« »Ganz richtig. Das habe ich gesagt«, bemerkte der Dekan. »Was paßt Ihnen daran nicht?«
    Sir Cathcart fand keine Worte. Mit rotem Gesicht hing er schlaff in dem alten Ledersessel. »Ich begreife das nicht«, nuschelte er. »Ich begreife das nicht einmal ansatzweise.« »Das geht uns allen so«, gestand der Praelector. »Das ist eins der Probleme, das wir aber jetzt sofort nicht lösen können. Wir müssen umgehend Maßnahmen ergreifen. Mag er uns auch noch so sehr drohen, Skullion muß weg, nötigenfalls mit Gewalt. Wir können es uns einfach nicht leisten, einen Mörder als Rektor zu haben.«
    »Natürlich nicht, aber verstehen Sie doch, er könnte die Presse informieren«, gab der Dekan ängstlich zu bedenken. Doch Sir Cathcart D’Eath hatte seine kurze Schwächephase überwunden. Die Worte »umgehend Maßnahmen ergreifen« und »Gewalt« hatten seine militärischen Instinkte geweckt, und die deutliche Aussage, daß der Rektor von Porterhouse ein Mörder war, hatte alle anderen Überlegungen aus seinem Kopf vertrieben. Daß der Obertutor Dr. Osbert getötet hatte, war ein vergleichsweise läßliches Vergehen. Er stand auf und stand mit gespreizten Beinen vor dem Kamin. »Also, als erstes müssen wir ihm die Lage klarmachen«, sagte er. »Ich kenne Skullion schon sehr lange und glaube, mit Fug und Recht behaupten zu können, daß er mir vertraut. Ich werde mit ihm von Mann zu Mann, von Soldat zu Soldat sprechen und ...« »Ach du meine Güte«, murmelte der Praelector, doch der General ließ sich nicht

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