Bloody Mary.
Schwierigkeiten geschafft, sich in den schwarzen Latexanzug zu zwängen und die Kapuze über ihre toupierten Haare zu ziehen. Dann hatte sie sich hingesetzt, gewartet und ab und an noch einen Schnaps gekippt. Der Kunde war nicht gekommen. Myrtle kramte in ihrer Tasche nach den Anweisungen des Generals und las sie noch einmal durch. Er hatte eindeutig Freitag abend, acht Uhr, gesagt; jetzt war es kurz vor neun. Egal, was auch geschah, sie hatte ihr Geld bekommen. Die durchgerissenen Scheine würden wieder geklebt werden, und wenn sie die ganze Nacht hier herumhockte. Zwei Stunden später beschloß sie, die Kapuze abzunehmen und ein wenig frische Luft zu schnappen. Voraussetzung war, daß sie zuerst die Gummihandschuhe auszog, und die sträubten sich. Ihren Kampf mit den Biestern mußte sie unterbrechen, weil sie ein dringendes Pinkelbedürfnis überkam, und sie focht gerade eine neue Schlacht, diesmal mit der unteren Hälfte ihres Kostüms, als das Telefon klingelte. Myrtle sagte ihm, es solle sie am Arsch lecken, und blieb, wo sie war. Als es dann zu spät war, sprintete sie in Richtung Gerät und stolperte. Das Telefon hörte auf zu klingeln. Myrtle griff sich die Brandyflasche. Es war kurz vor Mitternacht, als sie bei dem Versuch, wieder aufs Klo zu gehen, versehentlich das Licht ausknipste und den Schalter nicht mehr fand. Ihr Bemühen, Handschuhe, Kapuze und ihr restliches Kostüm loszuwerden, war mittlerweile pure Zeitverschwendung. Im Finstern kroch sie auf dem Boden herum, griff sich die Schnapsflasche und machte sie leer. Dann nickte sie ein und verbrachte die Nacht dort, wo sie gerade lag, zufrieden, jegliches Bewußtsein von Zeit, Ort und ihrem Zustand verloren zu haben.
Am Morgen, einem von Fensterläden barmherzig verdunkelten Morgen, war das ganz anders. Sie brauchte eine Weile, um herauszufinden, warum sie kaum atmen und nur teilweise aus einem Auge sehen konnte – Kapuze und toupierte Haare hatten ihre Lage geändert – und warum sie in etwas eingepackt war, das sich kalt und feucht anfühlte. Langsam und mühsam rappelte sie sich auf, gelangte mit Hilfe der Wand ins Bad und knipste das Licht an. Ihr Spiegelbild war ihrer Selbstachtung nicht unbedingt zuträglich. Obwohl sie schauderhafte Morgen in Gesellschaft der Jungs vom Luftwaffenstützpunkt gewöhnt war, die ein seltsames Faible für Fetischoutfits hegten, hatte sie sich noch nie in einem auch nur annähernd so bizarren Zustand gesehen. Myrtle Ransby setzte sich auf den Toilettendeckel und heulte los, bis ihr vage einfiel, daß sie ihrem Mann versprochen hatte, spätestens um ein Uhr zurück zu sein. Und ihr war die andere Hälfte der zweitausend Pfund versprochen worden. Einen Moment lang stieg Wut in ihr hoch. Man hatte sie versetzt, sie befand sich in einem fremden Haus und steckte in einem viel zu kleinen Gummianzug. Verschärfend kam hinzu, daß Wochenende war und sie irgendwie nach Hause gelangen mußte. In diesem Augenblick machte sich die Wirkung des Schnapses auf verschiedene Weise bemerkbar.
Zehn Minuten später, sie fühlte sich nun ein wenig besser, rappelte sich Myrtle auf und sah sich nach etwas um, womit sie sich aus dem Kostüm schälen konnte. Doch außer einer völlig untauglichen alten Zahnbürste fand sie nur einen Naßrasierer mit Doppelklinge, der ihr trotz verzweifelter Anstrengungen auch nicht weiterhalf. Nachdem sie erneut vergeblich versucht hatte, die Handschuhe abzustreifen, brachte sie ergebnislose zwanzig Minuten damit zu, an den diversen Löchern des Kostüms herumzuzerren, das jedesmal mit Macht in die Ausgangsposition zurückschnellte. Es hatte keinen Wert. Sie wollte nicht riskieren, sich das Nasenbein zu brechen oder an ihren falschen Zähnen zu ersticken. Sie mußte Hilfe herbeitelefonieren. Sie hockte auf der Bettkante, schielte auf das Telefon herunter und fragte sich, was ihr Mann Len wohl sagen oder – und das war weit wichtiger – tun würde, wenn er vorbeikäme und sie in diesem Zustand vorfände. So wie sie ihn kannte, würde er sie entweder vermöbeln, und das nicht zu wenig, schließlich konnte sie sich nicht wehren, oder, was noch schlimmer war, er würde sich kranklachen und alles seinen gräßlichen Kumpeln unten im Stammlokal weitererzählen, und sie wäre die Witzfigur von ganz Thetford. Und noch finsterere Überlegungen machten sich in ihrem Kopf breit. Man hatte sie verdammt noch mal versetzt, und sie kam sich vor wie ein Vollidiot, doch am schlimmsten war, daß sie ein schwuchteliger
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