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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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alter General und Sir nach Strich und Faden übers Ohr gehauen hatte. O nein, nicht mit ihr. Myrtle Ransby hatte schon zu viele elende Streitereien, ja, regelrechte Schlachten um die Bezahlung geleisteter Dienste durchgestanden, um sich von einem alten Kacker namens D’Eath, Sir Cathcart D’Eath, um ihre zweitausend Piepen betuppen zu lassen. Mit Haut und Haaren würde sie ihn verspeisen, da war ihr dieser Yank, der Pferdekiller, ganz egal. Nach langem Grübeln rief Myrtle ihre Schwester an und bat sie, aus Red Lodge rüberzukommen und keinem ein Wort zu sagen, aber wirklich kein Sterbenswörtchen. Maggie teilte ihr mit, sie könne erst kommen, wenn Perce mit dem Wagen von Newmarket zurück sei, und Myrtle wisse doch, wie Perce sei, wenn er in Newmarket war. Am schlimmsten natürlich, wenn er gewonnen hatte. Jedenfalls käme sie, sobald sie könne. Statt sich auf eine längere Auseinandersetzung mit ihrer Schwester einzulassen, legte Myrtle den Hörer auf und sah in ihrer Handtasche nach, ob der Umschlag mit ihrer Hälfte der zwei Riesen noch sicher verstaut war. Die hatte sie zum Vergleich mitgebracht, ob sie auch genauso abgerissen waren wie die anderen, damit sie nicht übers Ohr gehauen wurde. Auf ihrer Uhr war es 3:15. Sie blieb auf dem Bett liegen, bis endlich um sieben Uhr abends Maggie vorfuhr und hupte. Myrtle zog ihren Leopardenfellmantel über – die Goldlamehose war zu eng und paßte nicht über die Latexklamotten –, ging nach unten und flitzte zum Auto.
    »Meine Güte«, sagte Maggie, »meine Güte, Myrtle, was soll diese Michelin-Reifen-Montur? Warst du auf ’ner Modenschau für Gummifreaks oder was?«
    Ein bitterböser Blick aus blauen Augen warnte sie davor zu lachen. Sie bogen auf die Barton Road und ließen Cambridge hinter sich.
    Sir Cathcart D’Eath hatte zwei anstrengende Tage hinter sich. Das Entenessen und die erschütternden Ereignisse danach hatten ihm eine schlaflose Nacht beschert, und tags darauf war er früh aufgestanden, um alles für Skullions raschen Abtransport aus dem Rektorenhaus vorzubereiten. Zu diesem Zweck hatte er diverse Telefonate tätigen müssen, und außerdem war es schwierig gewesen, so kurzfristig einen Krankenwagen mit passender Besatzung aus London kommen zu lassen. Doch schließlich – und nach beträchtlichen Ausgaben seinerseits war es ihm gelungen. Nach einem sehr leichten Mittagessen hielt er Siesta und bereitete sich auf eine kleine Dinnerparty vor, die er für eine Reihe alter und vornehmer Freunde gab, die sich übers Wochenende mit ihren Gattinnen angesagt hatten. Am wichtigsten war, daß er Sir Edmund und Lady Sarah Lazarus- Crouch eingeladen hatte. Dem General kam es besonders darauf an, sich bei den Lazarus-Crouches einzuschmeicheln, weil seine Nichte, Katherine D’Eath, mit deren Sohn Harry verlobt war, und Sir Cathcart legte großen Wert darauf, sich Sir Edmunds beträchtlichen finanziellen Sachverstand zunutze zu machen; der hatte nämlich der Queen geraten, sämtliche Verbindungen zu mindestens drei Firmen zu kappen, die später allesamt pleite gegangen waren. Kurzum, auf Coft Castle versammelten sich an diesem Abend unaufdringlich bedeutende Persönlichkeiten. Sogar Sir Cathcarts Sekretärin hatte an diesem Wochenende frei bekommen, und Kentucky Fry hatte er zu einem Kurzurlaub auf einen Schweinezuchtbetrieb nach Leicestershire geschickt. Doch die ganze Zeit über konnte sich Sir Cathcart des dumpfen Gefühls nicht erwehren, daß er – aufgrund des gräßlichen Entenessens und sonstiger Ablenkungen jenes Tages – irgend etwas vergessen hatte, was er besser hätte erledigen sollen. Was das war, sollte ihm bald genug wieder einfallen. Der General und seine Gäste waren soeben mit ihren Gläsern in die alte Orangerie geschlendert, als Myrtle Ransby mit Maggie in einem verbeulten Cortina vorfuhr. Die Gespräche in der Orangerie brachen abrupt ab, als Myrtle aus dem Wagen stolperte und die Anwesenden mit einem furchterregenden Blick bedachte. Sir Cathcarts Meinung nach ohnehin keine Augenweide, sah sie jetzt geradezu verheerend aus. Mit ihrem umgehängten Leopardenfell und den sich unter der Kapuze knäuelnden ehemals toupierten Haaren wankte sie auf das Grüppchen zu. In der Hand hielt sie die durchgerissenen Geldscheine, und ihre vorstehenden Brustwarzen und die geschwollenen Schenkel wirkten bedrohlich. »O mein Gott, was um alles in der Welt kommt denn da?« stieß Lady Sarah hervor, als Myrtle sich näherte. »Das muß ein Irrtum sein«,

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