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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Mittelmeerküste bis Spanien vorgearbeitet, hauptsächlich an Bord von Jachten, und dann war da ein netter alter Herr in Palamos, der brauchte eine Besatzung. Seine Frau mochte im Winter die Biscaya nicht überqueren und nahm ein Flugzeug nach Hause. Und so legten wir eines Tages in Falmouth an und kamen an Land, als gerade keiner hinsah.« »Und habt ihr immer noch keine Papiere? Du hast weder Paß noch Geburtsurkunde noch sonst was?«
    »Und ob. Wenn man erst mal hier ist, kommt man problemlos an eine Geburtsurkunde.«
    »Wie?« fragte Purefoy. Er wollte Gewißheit. Die lieferte sie ihm.
    Purefoy betrachtete sie verdutzt. »Das hast du nicht getan«, sagte er. »Wenigstens will ich das nicht hoffen.« »Aber irgendwas mußte ich doch tun. Und er war ein so bedauernswerter Mensch. Ganz allein auf der Welt, und dann schuftete er in diesem Einwohnermeldeamt im Somerset House vor sich hin, und noch nie war jemand nett zu ihm gewesen.« »Dann hast du also einen auf den Namen Mrs. Ndhlovo ausgestellten Paß?« erkundigte sich Purefoy mißtrauisch. »Aber nein, nicht Mrs. Ndhlovo. Die war erst viel später und nur ein vorübergehender Notbehelf. Ich bin Isobel Rathwick, geboren in Bornemouth. Ich bin jetzt eine juristisch einwandfreie Engländerin. Trotzdem ist mir Mrs. Ndhlovo viel lieber. Ich möchte nicht, daß du mich anders nennst. So habe ich meinen Spaß mit all den ernsthaften Menschen, denen die dritte Welt so sehr am Herzen liegt.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte Purefoy. »Und was ist mit deiner Schwester? Was treibt die gerade?« »Die ist eine schrecklich ehrbare Bürgerin und lebt in Woking. Sie ist verheiratet und hat zwei Töchter, aber gelegentlich muß sie ausbrechen und mal wieder sie selbst sein.«
    »Das klingt für mich alles sehr eigenartig. Ich begreife nicht, wie du mit einer erlogenen Identität leben kannst.« »Weil wir unsere eigene Identität erfinden mußten, Purefoy, Liebling, genau wie alle anderen auch.« »Ich nicht«, widersprach Purefoy. »Ich weiß ganz gewiß, wer ich bin.«
    Das denkst auch nur du, dachte Mrs. Ndhlovo, verkniff es sich aber, es laut auszusprechen.
    Sie bummelten über die King’s Parade zurück, sahen sich die Marktstände an und tranken in einem kleinen Café hinter dem Rathaus Tee, und diesmal erzählte ihr Purefoy von seinen Sparringsrunden mit dem Dekan und dem Obertutor und daß Skullion weggebracht worden war.
    »O Purefoy, wie genial. Und das alles wegen mir und Brigitte. Ich glaube, ich werde ein sogenannter ... Wie sollen wir das nennen? Ein Provokateur, genau, ein Provokateur werden und Seminare für schüchterne junge Männer abhalten, die alles glauben, was man ihnen erzählt oder was sie in Büchern lesen. Ich habe die Nase voll von der Unfruchtbarkeit des Mannes und all den vielen eifrigen Frauen, die sich so wegen Klitorisbeschneidung engagieren, aber nicht eine ringt sich mal ein Lächeln ab.«
    »Aber du bist doch Expertin für so was. Das kannst du doch nicht einfach hinschmeißen.«
    »Ich hab’s mir doch auch einfach so angeeignet«, widersprach Ms. I. N. Cognito. »Die Dias hab ich mir in London besorgt, und alles übrige ist angelesen. Und wenn du wissen willst, warum: weil es mich angeödet hat, Stewardeß bei einer Fluggesellschaft zu sein und höflich mit Menschen umzugehen, die ich nie wiedersehen wollte. Was mußte man da für Lügen erzählen! Und immer waren es dieselben öden Lügen. Als Mrs. Ndhlovo konnte ich wenigstens phantasievoll sein, aber das nervt mich mittlerweile auch. Was glaubst du, wie viele grauenhafte Weiber mich schon angebaggert haben! Aber das wird jetzt alles anders. Ich möchte, daß du mir dein Porterhouse zeigst. Ich werde mich um die Stelle eines Provokateurs bewerben. Der Provokateursdebütantin. Glaubst du, sie nehmen mich?« »Die haben hier schon genug Probleme«, antwortete Purefoy. Im Schlafzimmer von General Sir Cathcart D’Eaths »geheimer Wohnung« in der Nähe des botanischen Gartens erlebte Myrtle Ransby den schlimmsten Kater ihres Lebens. Am Abend zuvor war sie, wie vom General angeordnet, pünktlich eingetroffen und hatte bereits einen oder zwei Schnäpse intus gehabt, um ihre Nerven zu stärken, die immer noch darunter litten, daß sie in der Katzenfutterfabrik dem Amerikaner mit dem blutigen Kittel und dem teilweise zerlegten Hengst begegnet war. Sie war durch die Hintertür gekommen, und nach weiteren ein, zwei Schnäpsen – etwas anderes gab es nicht hatte sie es unter großen

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