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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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dort seinen Sherry und den Wein, und die Studenten können zum Essen Bier und Wein bestellen.« Kudzuvine klappte die Kinnlade herunter. »Soll das heißen, daß ihr die Kids hier zum Alkoholismus ermutigt? Da fehlen mir die Worte! Das darf nicht wahr sein.«
    »Nicht Alkoholismus. Nur vernünftig trinken sollen sie. Das gehört zu ihrer Bildung«, sagte der Schatzmeister, der wünschte, die letzte Bemerkung Kudzuvines wäre wahr. Doch aufgrund seines schwächlichen Konzentrationsvermögens richtete der seine Aufmerksamkeit mittlerweile auf den Speisesaal, wo gerade ein Kellner mehr Kaffee gebracht hatte. »Seht euch das mal an, Leute«, sagte Kudzuvine und trat ein. Hinter ihm rang der Schatzmeister die Hände. Einige Studenten saßen beim Frühstück und schauten auf, verärgert ob der Störung. Kudzuvine bemerkte es nicht. Er starrte verzückt die an den getäfelten Wänden hängenden Porträts früherer Rektoren an, und besonders begeistert war er offenbar von Dr. Anderson (1669 – 89) und Jonathan Riderscombe (1740 – 48), beide ausgesprochen dicke Herrschaften.
    »Scheiße«, sagte Kudzuvine, der augenscheinlich higher als high war. »Mich wundert nur, daß der Laden hier Porterhouse heißt. So wie diese Typen aussehen, müßte er eigentlich Steakhaus heißen. Und da glauben wir, wir hätten Probleme mit dem Übergewicht. Das da oben ist ja menschliche Foie gras. Will sagen: so kann man doch nicht auf natürlichem Weg werden. Die wurden mit Sicherheit zwangsgemästet. Und wie stand’s mit ihrem Cholesterinspiegel? Hat garantiert jedes Meßverfahren gesprengt, die müssen das Zeug ja regelrecht ausgeschwitzt haben. Und mit solchen Wänsten konnten sie bestimmt nie ihre Schniedelwutze sehen. Außer natürlich im Spiegel. Und werft mal ’n Blick auf das Dach ...« Als der Schatzmeister sie endlich wieder aus dem Speisesaal hinauskomplimentiert hatte, stand er kurz vor einem Nervenzusammenbruch. »So können wir nicht durch das ganze College laufen«, wandte er mit schwachem Stimmchen ein. »Könnte Ihr Team nicht ...«
    »Völlig korrekt, Professor Schatzmeister. Mann, jetzt brauchen wir Ihre organisatorischen Fähigkeiten«, sagte er und ließ seine Mannschaft zu einer Einsatzbesprechung zusammentreten. Der Schatzmeister tupfte seine Stirn ab und betete. Vergebens. Während die Hartang-Doppelgänger in unterschiedliche Richtungen davonstoben, wandte sich Kudzuvine wieder dem Schatzmeister zu. Sein Enthusiasmus hatte geradezu beängstigende Ausmaße angenommen. »Klar, sie tanzen also im Speisesaal«, sagte er. »Wo sonst? Sie sagten zwei Bands und ...«
    »Genauer gesagt legen wir eine Art hölzerne Bühne über den Neuen Hof und den Fellows’ Garden, und die Zelte sind für das Büffet und den Champagner ...«
    Kudzuvine hörte sich begierig die weitschweifige Erklärung an. »O Mann, o Mann«, seufzte er. »Lieber Himmel. Und alle rausgeputzt mit Universitätstracht und Smokings, als wär’s Atlanta mit Clark Gable und dieser Vivien Leigh und immer noch Aunt-Jemima-Pfannkuchen-Mixzeit.«
    »Verzeihung?« fragte der Schatzmeister, wie üblich äußerst unklug.
    Kudzuvine wand sich. »Nein, Sir, ich bitte um Verzeihung, Prof. Das haben Sie überhört. Ich meinte, als wär’s afroamerikanische Zeit unten in den Südstaaten, wo ich zufällig herkomme. Nämlich aus Bibliopolis, Alabama, und darauf bin ich mächtig stolz. Da bin ich aufgewachsen, in Bibliopolis, Alabama, das, wie Sie bestimmt wissen, nach dem Verfasser der Heiligen Schrift benannt wurde.«
    Was der Schatzmeister bezweifelte. Er war nie auf den Gedanken gekommen, daß ein einziger Mensch die Bibel verfaßt haben könnte, aber warum sollte es nicht vorstellbar sein? Mit Kudzuvine in der Nähe war so ziemlich alles vorstellbar. Mittlerweile befaßte sich dieser gräßliche Mensch mit Hubschraubern und Kameratotalen.
    »Okay, dann schwenken wir über diese Kirche da ...« »Kapelle«, verbesserte ihn der Schatzmeister. »Okay, Kapelle, und wir packen alles mit einer Weitwinkelaufnahme, wie man sie noch nicht gesehen hat, und dann drehen wir drüben bei dem Turm und lassen die Kids tanzen und die Bands spielen und ... Nein, so läuft’s nicht. Der Helikopter würde sie übers ganze Areal wirbeln. Wir müssen was anderes machen. Ich denk ein Weilchen drüber nach.« »Ich weiß nicht recht, ob das alles ... Was machen denn diese Leute da auf dem Dach der Kapelle?«
    Kudzuvine drehte sich um. Etliche blaubebrillte Personen in Rollkragenpullis waren

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