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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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mit dem Gesicht«, hatte ihm ein junger Rüpel zugerufen, »komm mal rüber und faß bei meinem Schreibtisch mit an. Er ist verdammt schwer, ich kann ihn allein nicht verschieben.« Und Purefoy hatte ihm den Gefallen getan, aber äußerst kühl und höflich darauf hingewiesen, daß er in Zukunft als Dr. Osbert angesprochen zu werden wünschte, »nicht als ›Gesicht‹, wenn Sie nichts dagegen haben«. Doch sein Hauptinteresse galt seinem Auftrag, der Erforschung des Lebens und des Umfeldes von Sir Godber Evans. Wie immer stattete er als erstes der Collegebibliothek einen Besuch ab, einem seltsam achteckig geformten steinernen Gebilde, das abseits der anderen Gebäude in einem eigenen ummauerten Garten hinter der Kapelle lag. Im Inneren führte eine zentral gelegene eiserne Wendeltreppe, von der die Regale sternförmig abgingen, von einer Etage in die andere. Über dem letzten Geschoß fiel durch ein Oberlicht das Tageslicht herein.
    Purefoy Osbert erkannte das System sofort. »Benthams Panoptikum«, sagte er zu dem Bibliothekar, der eigentlich an dem runden Schreibtisch unter der Treppe hätte sitzen müssen, es sich aber in einem kleinen, seitlich gelegenen Büro bequemer gemacht hatte.
    »Ganz recht, aber da sich keiner die Mühe macht, hier drin zu lesen oder Bücher auszuleihen, kommt es einem wie eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme vor«, erwiderte der Bibliothekar. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß es irgendwem in den Sinn kommt, ein Buch zu stehlen. Ich muß hier nur gelegentlich die Regale abstauben und im Winter das Licht ein- und ausschalten.«
    »Aber womit beschäftigen Sie sich die ganze Zeit über? Wie ich sehe, schreiben Sie etwas«, stellte Purefoy fest. Auf einer Seite des Schreibtisches stand eine uralte schwarzemaillierte Schreibmaschine, und in einem Drahtkorb lagen maschinenbeschriebene Blätter.
    »Och, ich vertrödele die Zeit mit einer Überarbeitung von Romleys Geschichte von Porterhouse, die nicht nur völlig veraltet ist – sie stammt aus dem Jahr 1911– sondern auch voller gravierender Fehler steckt. Beispielsweise schwingt er sich zu der Behauptung auf, Porterhouse sei vor Peterhouse gegründet worden, dem ältesten College in Cambridge, wie jedermann weiß. Nur Mr. Romley nicht. Nein, er ist überzeugt, die ursprüngliche Gründung sei Porterhouse, das aus einer 1095 errichteten Schule für Franziskanermönche entstanden sei.« »Aber der Franziskanerorden wurde erst im dreizehnten Jahrhundert gegründet«, sagte Purefoy. »Das kann nicht stimmen. Er muß einen anderen Orden gemeint haben, beispielsweise die Benediktiner, die viel früher gegründet wurden.«
    »529 nach Christi, um genau zu sein«, sagte der Bibliothekar, woraufhin Purefoy ihn sofort ins Herz schloß. Der Bibliothekar war zweifellos ein Mensch, der großen Wert auf Gewißheiten legte.
    »Aber das hat dieser Romley doch bestimmt gewußt?« »Der Himmel allein weiß, was er wußte. Nach allem, was ich bei den älteren Fellows erlebt habe, dachte er vermutlich, Benedictine sei nichts weiter als ein Likör.« »Tja, wenn alle Fakten so schlecht recherchiert sind, würde ich an Ihrer Stelle die Überarbeitung vergessen und meine eigene Geschichte des Colleges schreiben.« »Dazu habe ich mich bereits mehr oder weniger durchgerungen. Eigentlich bin ich ja aus einem anderen Grund hier. Mein Spezialgebiet waren Warzen, Ekzeme und Hautkrankheiten generell. Meinen Studienabschluß habe ich in Glasgow als Arzt gemacht. Was ein schwerer Fehler war. Für die Betrachtung von Hautkrankheiten war ich nicht geschaffen, und ich war auch nicht gut darin. Als ich eine Anzeige für diese Stellung las, dachte ich, das wäre ein viel angenehmeres Leben, schließlich habe ich schon immer gern gelesen und kann Ungenauigkeiten nicht ausstehen. Das war ein weiterer Grund, weshalb ich mich aus der Medizin verabschiedet habe. Die Diagnose beruht weitgehend auf Vermutungen, und während die Wirkung offensichtlich ist, läßt sich das über die Ursache sehr selten sagen. Keiner weiß genau, was Ekzeme verursacht, und von Warzen hat man wohl auch keine große Ahnung. Manche Leute kriegen sie durch Besprechen weg. Jedenfalls war ich nicht bereit, ein medizinischer Wünschelrutengänger zu sein.« Sie unterhielten sich noch eine Weile, und Purefoy erzählte ihm von der Arbeit, die er über das Leben des verblichenen Rektors Sir Godber Evans erstellen sollte. »Eigentlich wollte ich Sie fragen, ob Sie wissen, wo einige seiner Unterlagen sind«,

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