Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
Sie den Mist weg. Ich verabscheue das Zeug. Und mehr noch verabscheue ich Ihren widerwärtigen Pub hier. Sie können ja bleiben, wenn Sie wollen, aber ich gehe nach Hause.«
    »Trautes Scheißheim, Glück allein«, sagte Pimpole und trank das große Weinglas mit Crème de menthe aus, während der Dekan, dem mittlerweile egal war, was der schielende Hund ihm antat, aus der Kneipe marschierte und dabei dem Köter auf den Schwanz trat. Draußen suchte er sein Auto und wollte gerade einsteigen, als er einen Polizeiwagen sah, in dem zwei Polizisten saßen und ihn beobachteten. Der Dekan machte einen Bogen um sein Auto, versuchte unbekümmert dreinzuschauen und schlenderte die Straße entlang, um ein Hotel oder wenigstens ein Fremdenzimmer ausfindig zu machen, wo er die Nacht verbringen konnte. Es gab keines.
    »Nur den Pub«, sagte ihm ein Mann, den er unterwegs anhielt und fragte. »Den Leg of Lamb. Aber empfehlen kann ich den nicht. Hieß mal Pimpole Arms, aber sie mußten den Namen ändern, weil Seine Lordschaft gewisse Marotten hatte. Schafe, Sie verstehen schon. Einige dieser alteingesessenen Familien werden mit der Zeit wirklich wunderlich.« »Das ist mir auch schon aufgefallen«, sagte der Dekan, setzte Schafe auf die Liste mit Jeremy Pimpoles Lastern und machte sich niedergeschlagen in Richtung Pimpole Hall und Wildhüterhäuschen auf den Weg. Es war kein angenehmer Marsch. Das Häuschen lag zweieinhalb Kilometer vom Dorf entfernt, und der matschige Weg war unbeleuchtet. Allein der Mond kam ihm zu Hilfe, und auch das nur gelegentlich, da er die meiste Zeit hinter Wolken verborgen blieb. In den Hecken beiderseits des Pfades raschelten Nachttiere, und irgendwo schrie eine Eule. Normalerweise hätte das dem Dekan nicht so viel ausgemacht, doch die Gin-Bier-Mixtur und die schreckliche Atmosphäre in der Kneipe, wo die unterschwellige Gewalt fast mit Händen greifbar gewesen war, von Pimpoles abrupten Stimmungsschwankungen ganz zu schweigen, hatten das Nervenkostüm des Dekans derart in Mitleidenschaft gezogen, daß ihn jeder Laut aufschreckte und jeder dunkle Schatten in Angst und Schrecken versetzte. Während er sich verfluchte, weil er nicht versucht hatte, ein Taxi zu finden – obwohl es im Dorf mit ziemlicher Sicherheit keins gab –, und sich noch mehr verfluchte, weil er Pimpole überhaupt besucht hatte, trottete der Dekan weiter, hielt aber dann und wann an, um zu lauschen. Er hätte schwören können, daß die Nachtluft immer wieder ein paar Takte des Porterhouse-Rudersongs aus der Richtung des Dorfes herüberwehte. Als er zum drittenmal stehenblieb, war kein Zweifel mehr möglich. Nun war der Text zu verstehen.
    »Rumms, rumms, rumms, rumms, gegen das Boot vor uns.
    Rumms, rumms, rumms, singt fröhlich mit uns. Da ist kein Boot, ist kein Boot, ist kein Boot vor uns, drum ergeben wir uns dem Suff und treffen uns alle bei Hobson’s Conduit im Puff.« Unter anderen Umständen hätte der Dekan dieses alte Lied genossen, das er so oft gehört und in seiner Jugend selbst gesungen hatte, auch ohne zu wissen, wo der Puff von Hobson’s Conduit war; er konnte nur vermuten, daß der vormals in The Little Rose gegenüber dem Fitzwilliam Museum gewesen sein mochte. Doch jetzt in der Dunkelheit – mittlerweile hatte es angefangen zu regnen – und wohl wissend, daß der Sänger des Liedes nach seiner »Hundeschnauze« ein mit Crème de menthe gefülltes extragroßes Weinglas geleert und womöglich »für unterwegs« noch einen Drink hinterhergekippt hatte, und daß diesen übellaunigen Menschen ein großer schielender Hund begleitete, auf dessen Schwanz der Dekan eben erst getreten war, hatte dieses Lied für ihn jeden Zauber verloren. Es brachte den Dekan lediglich dazu, sich um seine unmittelbare Zukunft Sorgen zu machen. Eine Weile, eine lange Weile spielte er mit dem Gedanken, unter der Hecke oder in einem Heuhaufen zu schlafen. Doch es gab keine bequemen Heuhaufen mehr, und außerdem regnete es immer noch, und der Dekan hatte keineswegs vor, unter irgendeiner Hecke an Lungenentzündung zu verrecken. Wenn er sich aber versteckte und den besoffenen Pimpole vorbeigehen ließ, würde das Scheusal vielleicht einschlafen, so daß er sich nach oben auf sein Zimmer schleichen könnte ...
    Der Dekan entdeckte ein Tor und wollte sich gerade darüberschwingen – das verdammte Ding war verschlossen –, als er sah, daß es oben auch noch mit Stacheldraht gesichert war. Er murmelte einen Fluch, machte kehrt und hastete

Weitere Kostenlose Bücher