Bloody Mary.
weiter, bis er zu seiner Rechten ein dunkles Wäldchen erreichte. Er kletterte hinunter in den Graben und quetschte sich dann unter Schmerzen in die Hecke, wo er versuchte, in einem Stechpalmenstrauch Schutz zu finden. Mittlerweile klang Pimpoles schauderhafte Stimme recht nahe. Er sang einen abstoßend derben Song, eine Version von »Old MacDonald had a Farm«, die so schweinisch war, daß sich der Dekan über Pimpoles Beziehung zu dem ekligen Hund so seine Gedanken machte und zu dem Schluß kam, daß sich wohl kein Tier in seiner Gegenwart sicher fühlen konnte. Leider hatte der schielende Hund ähnliche Gefühle, was den Dekan betraf, und während der den Weg entlangtapernde Pimpole den Dekan in seinem schwarzen Anzug durchaus für einen Teil des Stechpalmenstrauches gehalten hätte, wußte es die Hundenase besser. Der Hund blieb stehen und spähte knurrend in die Dunkelheit. Pimpole hielt an und spähte ebenfalls. »Irgendwas Beschissenes is da drin«, murmelte er. »Das seh ich mir besser mal an.« Als er auf ihn zukam, befand der Dekan, nun bliebe ihm nichts anderes übrig, als die Hecke so würdevoll wie möglich zu verlassen.
»Ich bin es nur, Jeremy, alter Knabe«, rief er, trat aus der Stechpalme und fiel kopfüber in den Graben. Wie er schnell herausfand, wuchsen in diesem Graben Brennesseln zuhauf. In seiner Qual hockte sich der Dekan auf alle viere und sah zu der schwankenden Gestalt Pimpoles auf, die sich von den treibenden Wolken abhob.
»Was zum Teufel machen Sie da unten?« fragte Pimpole. »Und wer gibt Ihnen eigentlich das Recht, mich ›Jeremy, alter Knabe‹ zu nennen? Für Sie immer noch Lord Pimpole, vergessen Sie das ja nicht. Und wer zur Hölle sind Sie?« »Ich bin der Dekan. Sie wissen doch, der Dekan von Porterhouse, lieber Jeremy ...«
»Für Sie Lord Pimpole«, brüllte Pimpole und rief den Hund. »Scab, Scab, los, faß!«
Doch jetzt reichte es dem Dekan, er hatte genug von den Brennesseln, dem Graben, von der ganzen verfluchten Situation, und er hatte keineswegs die Absicht, sich von diesem Drecksköter fassen zu lassen. Er rappelte sich auf, stürmte aus dem Graben und wäre übel auf die Nase gefallen, wenn er nicht in Pimpoles Arme gesackt wäre.
»Immer schön langsam«, schrie der. »Nur ruhig Blut. Kein Grund abzuhauen wie eine verdammte verbrühte Katze. Ach du meine Güte, wenn das nicht der Dekan ist. Mein Lieber, was um alles auf der Welt haben Sie denn da im Graben gemacht? Man hat ja schon von Heckenschützen und dergleichen gehört, aber in der Rolle hab ich Sie nie gesehen, alter Freund und Kupferstecher. Sie haben da unten wohl jemanden geheiratet, was? Wirklich ein komischer Anblick.« Und während er dem Dekan den Dunst von Crème de menthe, Gin und gezapftem Bier ins Gesicht atmete, hakte er ihn unter, und gemeinsam wankten sie auf das Häuschen zu. Enttäuscht, daß er sich nicht für den Tritt auf seinen Schwanz hatte rächen können, zockelte der Hund hinterher. Doch immerhin hatte Pimpole etwas von seiner alten Wärme und Freundlichkeit zurückgewonnen, was wahrscheinlich auf eine zweite oder sogar dritte »Hundeschnauze« zurückzuführen war. Er war zweifellos sehr betrunken und von Weltschmerz übermannt. »Weiß wirklich nicht, was aus diesem Scheißland geworden ist, mein lieber alter Dekan«, sagte, nein, weinte er. »Vor die Hunde gegangen. Nichts gegen Hunde. Mag die kleinen Scheißer. Und die großen natürlich auch. Irische Wolfshunde. Großartige Tiere. Kannte mal einen Burschen in Spanien, der sie gezüchtet hat. Hervorragender Menschenkenner. Mochte mich aber nicht besonders. Keine Ahnung, warum. Bin doch kein schlechter Hund, oder, Dekan?«
»Nein, natürlich nicht. Ein sehr guter«, sagte der Dekan. »Hab aber mein ganzes Scheißgeld verloren. Weiß nicht, warum. Kam einfach keins mehr. War eigentlich von Mami, klar. Kupfer und all so was aus Nordrhodesien und solchen Gegenden. Plötzlich war Schluß. Konnte den Butler nicht mehr bezahlen. Das Arschloch fing an zu saufen. Keine schlechte Idee, dachte ich mir, und so haben wir uns Hundeschnauzen gemixt und hatten gemeinsam unseren Spaß, das können Sie mir glauben, aber das mußte ich alles aufgeben. Polopferde. Ich mochte Polo, aber dann kamen eines Tages ein paar Kerle vorbei. Nannten sich Gerichtsvollzieher oder Konkursverwalter oder so was. Die hatte ich im Leben noch nicht gesehen. Hab ihnen eine Hundeschnauze angeboten. Weiß gar nicht mehr, was danach passiert ist. Lebe jetzt allein, mit
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