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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Anklage auf. Die Turmuhr im Bull Tower schlug Mitternacht, und immer noch verfolgte Purefoy laut seinen Gedankengang. »Aber warum hat der Pförtner Skullion seinen alten Arbeitsplatz nicht zurückbekommen?« fragte er.
    Der Dekan schwieg. Er wollte Dr. Osberts Antwort hören.
    »Weil Dekan und Obertutor behaupteten, der sterbende Rektor habe Skullion zu seinem Nachfolger ernannt. Aber warum sollte Sir Godber das tun, wo er ihn doch haßte? Das ergibt keinen Sinn.«
    Damals war es dem Dekan widersinnig vorgekommen, doch ihm schwante Fürchterliches, was als nächstes folgen würde. Er irrte sich.
    »Was ergibt also Sinn? Sie behaupteten nur, der Sterbende habe ihn ernannt. Niemand war anwesend, der dies bestätigen konnte. Ja, das schon eher: Sie machten den Pförtner als Belohnung zum Rektor, weil er den Mord beging oder damit er den Mund hielt. Oder beides. Das ergibt Sinn. Viel mehr Sinn.« Purefoy hielt inne.
    Der Dekan sah sich bemüßigt zu intervenieren. Diese Anschuldigung war zu ungeheuerlich, als daß man sie einfach im Raum stehenlassen konnte. »Aber Skullion hatte einen Porterhouse Blue, einen Schlaganfall«, sagte er. »Er war dazu nicht in der Lage.«
    Purefoy Osbert starrte immer noch vor sich hin und wartete, daß ihm eine Erklärung einfiel. »Schon mal gehört, daß ein durch einen Schlag ... Schlaganfall behinderter Mensch ins Gefängnis mußte?« fragte er und reichte die Antwort selbst nach. »Ich nicht. Ein an den Rollstuhl gefesselter Mann, der nicht einmal sprechen konnte, im Gefängnis? Das gibt es nicht. Und doch machen sie den Pförtner Skullion, der einen Schlaganfall hatte und im Rollstuhl sitzt, zum Rektor? Von Porterhouse, dem snobistischsten College von Cambridge? Dafür muß es einen Grund geben.«
    Doch auf den Grund kam er nicht. Ohne jede Vorwarnung kippte Purefoy Osbert langsam von seinem Stuhl nach vorn und schlug der Länge nach aufs Gesicht. Ein Weilchen saß der Dekan da und betrachtete die lang ausgestreckte Gestalt. Verachtung empfand er keine mehr, nur noch Angst und so etwas wie Bewunderung. Sein Haß galt allein Lady Mary.
    Der Dekan erhob sich, überquerte den Hof und betrat das Pförtnerhaus. »Walter«, sagte er zu dem Chefpförtner, »man muß dem neuen Fellow vermutlich auf seine Zimmer helfen. Und wenn Sie schon mal unterwegs sind, wecken Sie auch gleich den Kaplan.«
    »Verträgt er den Schnaps nicht, Sir?«
    »So könnte man es formulieren, Walter«, sagte der Dekan, klang aber nicht sehr überzeugend. Betrunken war der Sir- Godber-Evans-Gedächtnis-Fellow zu beängstigenden Schlußfolgerungen fähig. Nüchtern war er womöglich tödlich. Tödlich und völlig im Irrtum. Müde stieg der Dekan die steinerne Treppe zu seinen Gemächern empor und dachte wie so oft, wie gefährlich purer Intellekt sein konnte. In Cambridge bedeutete purer Intellekt Macht, und Macht hatte die Tendenz, zu korrumpieren. Mit Dr. Purefoy Osbert mußte etwas geschehen.

22
    Edgar Hartang interessierte sich nicht für Intellekt, ob pur oder sonstwie, ließ aber keinen Zweifel daran, daß mit Kudzuvine etwas geschehen mußte. Stundenlang hatte er sich mit seinem Juristenteam beraten, und was ihm Schnabel, Feuchtwangler oder Bolsover erzählten, hatte ihm alles nicht gepaßt. »Wenn das heißen soll, weil dieser beschissene Kudzuvine in diesem beschissenen Porterhouse durchdreht, muß ich zwanzig Millionen Pfund abdrücken, dann seid ihr wohl genauso verrückt wie er«, war seine erste Reaktion gewesen. »Wir reden hier lediglich von den juristischen Konsequenzen dieses Falles«, hatte Schnabel erwidert. »Und wenn die Fakten wirklich so sind, wie sie die das College vertretenden Anwälte darlegen, ist Transworld zweifellos haftbar. Das ist nun einmal die Sachlage und notgedrungen unser Ergebnis.« Zwei Tage später hatte sich die Sachlage verschlimmert, und Skundler, der dreizehn Pfund abgenommen hatte, weil er unter den Augen eines Mannes arbeiten mußte, der klipp und klar festgestellt hatte, daß er eines äußerst schmerzhaften Todes sterben sollte, war angewiesen worden, ein paar freie Mitarbeiter für die Suche nach Kudzuvine zu engagieren. »Nein, nicht aus Chicago, noch nicht«, hatte Hartang ihn angebrüllt. »Leute von hier. Und zwar telefonisch, Skundler. Sie verlassen diesen Raum nicht.«
    Nach dem Bericht der Mitarbeiter, laut dem Kudzuvine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer noch in Porterhouse weilte, und einer weiteren Mitteilung von Waxthorne, Libbott und

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