Bloody Mary.
hat. Werde morgen früh meinen Anwalt konsultieren. Dafür wird diese Frau bezahlen«, sagte er und stürmte aus dem Raum, dem Praelector nach.
Purefoy Osbert blieb bei dem Dekan und dem Kaplan sitzen, der auf seinem Stuhl eingenickt war und von den Verkäuferinnen im Boots-Drogeriemarkt träumte. »Trinken Sie aus, mein Lieber«, sagte der Dekan und reichte den Portwein weiter. »Ach ja, Simpson, vielleicht möchte Dr. Osbert noch eine Tasse Kaffee.« Der Kellner schenkte Kaffee nach. »Und heute brauchen wir Sie wohl nicht mehr.« Er wartete, bis Simpson gegangen war, und setzte dann seine Befragung fort. Purefoy Osbert war inzwischen sturzbetrunken. »Und was bringt die Lady auf die Idee, daß Sir Godber ermordet wurde?« fragte der Dekan. »Meines Wissens hat er dem Scotch überreichlich zugesprochen, ist gestürzt und hat sich den Kopf am Kamin aufgeschlagen. Das hat jedenfalls die gerichtsmedizinische Untersuchung ergeben.« »Das weiß ich wohl«, sagte Purefoy, »weiß ich wohl. Ich hab ihre Abschrift gelesen. Bin voll informiert.« Das merkte sich der Dekan. Dieses verdammte Weib hatte sich wirklich die größte Mühe gegeben. Und jetzt war sie willens, sechs Millionen Pfund auszugeben. Das war alles höchst interessant. Purefoys nächste Bemerkung war noch aufschlußreicher. »Hab auch den Obduktionsbericht gelesen«, sagte er.
»Tatsächlich? Und stützt der die These der Lady?« »Sie sagt, er habe nie zuviel getrunken.« »Aha«, ermutigte ihn der Dekan. »Und?«
»Im Obduktionsbericht steht auch, er sei nicht betrunken gewesen.«
»Aber im Obduktionsbericht steht eindeutig, er habe eine große Menge Whisky zu sich genommen«, sagte der Dekan. »Der ihn aber nicht betrunken gemacht hatte, als er einen Schlag auf den Kopf bekam«, wandte Purefoy ein. »Ach ja? Woher wissen wir das?«
»Sie wissen’s nicht, aber ich«, sagte Purefoy. »Weil er nicht in dem ausgeflossenen Blut war.«
»Ausgeflossenes Blut? Dem kann ich nicht recht folgen.« »Das Blut, das aus seiner Wunde floß. Der Alkohol war bei seinem Tod zwar in den Magen, aber noch nicht in die Blutbahn gelangt, so daß er nicht betrunken gewesen sein konnte, korrekt?«
Der Dekan blieb stumm. Zum erstenmal verspürte er ein gewisses Unbehagen, was Dr. Purefoy Osbert betraf. Der Mann mochte sehr, sehr betrunken sein, aber die Klarheit seiner Gedankengänge verriet ihm, daß er es hier nicht mit einem Trottel zu tun hatte. Lady Mary hatte sich ihren Mitstreiter sehr clever ausgewählt. »Und glauben Sie, daß Sir Godber ermordet wurde?« fragte er.
»Ich? Keine Ahnung. Ich richte mich nur nach Fakten, und davon habe ich nicht genug, um zu wissen oder auch nur zu glauben, aber ...« Purefoy Osbert verstummte. Er sah starr geradeaus, als wäre der Dekan gar nicht da, doch sein Verstand arbeitete noch immer erstaunlich flink und konzentriert. »Ja?« ermunterte ihn der Dekan.
»Motiv«, sagte Purefoy. »Angenommen, er wurde ermordet,
cherchez das Motiv. Der Dekan hatte eins und der Obertutor auch. Sie sollten rausgeschmissen werden. Das hat sie gesagt. O ja, sie hatten ein Motiv. Aber sie hatten auch ein Alibi. Sie waren auf der Party dieses Generals und konnten es auch beweisen. Sehr praktisch.«
Der Dekan saß reglos da und hörte zu. Es war, als belauschte man einen Mann, dessen Verstand im Schlaf redet. Und was er sagte, klang beängstigend logisch.
»Und noch jemand besaß ein Motiv. Dieser Pförtner, Skullion. Er war entlassen worden. Er wollte sich rächen. Er wollte seinen Arbeitsplatz wiederhaben, und den würde er bekommen, falls Sir Godber starb. Dafür wollten Dekan und Tutor sorgen. Sie waren es ihm schuldig. Und wo war er in jener Nacht? Diese Frage verlangt eine Antwort.« Im Gemeinschaftsraum war es ganz ruhig geworden. Nur das schwere Atmen des Kaplans schien die Luft zu verwirbeln. Eine Uhr tickte laut. Aus dem Unbehagen des Dekans war Furcht geworden. Die Argumentation war lückenlos. Er und der Obertutor waren nicht zu Sir Cathcarts Party eingeladen worden. Sie waren dort aufgetaucht, um den General zu zwingen, daß er seinen Einfluß benutzte, das College von Sir Godber zu befreien, und nach ihrem Auftritt war der Rektor tödlich verletzt worden. Natürlich ein Unfall. Natürlich war er nicht ermordet worden, aber wenn man diesem betrunkenen jungen Mann beim Denken zuhörte, war das unheimlich und ein wenig beängstigend. Als wäre Dr. Osbert der Staatsanwalt in einem Prozeß und baute langsam, aber systematisch seine
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