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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Mrs. Crippen – zahlreiche Frauen derart gräßliche, ewig meckernde Xanthippen seien, daß sie es nicht anders verdient hätten. Erneut hatte der Dekan eingegriffen. »Sie müssen dem Kaplan verzeihen«, sagte er. »Er war schon immer ein rechter Schürzenjäger.« Diese Bemerkung hatte Purefoy so verblüfft, daß ihm keine Erwiderung eingefallen war.
    Gleich darauf hatte sich das Gespräch der Erlesenheit des Château Lafite zugewandt, der nach Auffassung des Dekans eine köstlich feminine Note aufwies, sowie denen des Château Latour, dem der Obertutor als eher maskulinem Getränk den Vorzug gab. Unter anderen Umständen hätte Purefoy diese Vorlieben für zutiefst verdächtig gehalten. Doch jetzt ließ er sich gern mit einem weiteren Batzen Stilton abspeisen. Die Kombination von Sherry und diversen ausgezeichneten Weinen mit der unbeschwerten Geselligkeit um ihn herum hatte all seine Vorurteile gegenüber Porterhouse zerstreut. »Ich amüsiere mich königlich«, gestand er dem Dekan, der erwiderte, das höre er mit großer Freude.
    »Es ist immer erfrischend, ein neues Gesicht am High Table begrüßen zu können«, sagte er, nachdem der Kaplan das Dankgebet gemurmelt hatte und sie sich wieder in den Gemeinschaftsraum begaben, um ihren Kaffee mit Port oder Cognac zu sich zu nehmen, je nach Gusto. Der Obertutor blieb beim Kaffee, aber Purefoy, der noch nie im Leben so viel getrunken hatte und ordentlich einen sitzen hatte, beging den Fehler, sowohl Portwein als auch Cognac zu verlangen, sehr zum Entsetzen des Obertutors und zur Freude des Dekans, dessen Plan aufging. Seine einzige Sorge war, Purefoy Osbert könnte aus den Latschen kippen, bevor er verriet, was das Sir- Godber-Evans-Gedächtnis-Stipendium wirklich bezweckte. Und als sich Purefoy noch einen Cognac genehmigte, griff der Dekan ein. »Mein lieber Dr. Osbert«, sagte er, »ich möchte Ihnen einen Rat geben. Port an und für sich und in Maßen genossen ist gut und schön, aber er ist bereits mit Branntwein versetzt, und obendrein noch Cognac trinken heißt, am Morgen eine äußerst unangenehme Überraschung zu erleben. Stimmen Sie mir nicht zu, Obertutor?«
    »Das können Sie laut sagen«, rief der Obertutor. »Neulich abends in Corpus ... Doch darüber möchte ich lieber nicht reden.«
    Doch Purefoy griff das eine Wort auf. »Apropos Corpus«,
    sagte er, »wissen Sie eigentlich, worüber ich hier forschen soll?« »Nein«, sagte der Dekan weit leutseliger, als ihm zumute war. »Ich habe mich schon gefragt, welches spezielle Interesse Sie an dem College haben. Bitte erzählen Sie es uns doch.« »Das erraten Sie nie.«
    Der Dekan verzichtete lächelnd darauf. »Da mögen Sie recht haben.«
    Purefoy Osbert kippte seinen restlichen Port runter und hielt auffordernd sein leeres Glas hin. »Ich bin hier, um für Ihre Ladyschaft herauszufinden, welcher Fellow ihren Mann ermordet hat. Er war nämlich Rektor von Porterhouse, müssen Sie wissen.«
    In der auf diese entsetzliche Enthüllung folgenden Stille sagte der Dekan geistesgegenwärtig, er habe wohl schon einmal gehört, daß Sir Godber der Rektor gewesen sei, doch seiner Meinung nach habe die Macht eigentlich bei Lady Mary gelegen. »Vermutlich könnte man sagen, wir hatten eine Direktrice von Porterhouse, und falls mir in den Sinn gekommen wäre, jemanden zu ermorden, hätte ich mich wohl eher für sie als für ihn entschieden. Ein völlig unfähiger Mensch, kaum wert, ermordet zu werden.«
    Durch das Grüppchen lief ein nervöses Kichern. Purefoy konzentrierte sich auf diesen Gedankengang. Er kam ihm logisch vor, doch irgendwo steckte ein Fehler. Er brauchte eine Weile, bis er ihn fand.
    »D’s schtimmt«, sagte er sehr vernuschelt, »aber wenn ihr ihn umbringt, hat sie doch keine Macht mehr, oder?« »Da ist etwas dran«, gab der Dekan zu. »Ich kann Ihre Argumentation nicht widerlegen. Und auf welchem von uns Fellows ruht Ihr größter Verdacht?«
    »Hab keinen Verdacht«, brachte Purefoy unter einigen Schwierigkeiten heraus. »Alles prima Fellows, soweit ich sehe.«
    »Was allem Anschein nach nicht sehr weit ist«, bemerkte der Praelector und stand auf. »Ich muß gestehen, daß ich in einem sehr langen Leben zum erstenmal unter Mordverdacht stehe. Ein völlig neues Gefühl.«
    Doch der Obertutor nahm die Anschuldigung nicht so gelassen hin. »Herr im Himmel, etwas so Ungeheuerliches habe ich noch nie gehört. Ernennt einen Fellow, um zu beweisen, daß einer von uns ihren verfluchten Mann ermordet

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