Blow Out (German Edition)
Kontinenten zogen durch die Straßen der Metropolen und hielten Transparente mit Sprüchen wie » FUCK USA! «, » STOPPT METTRACK! « oder » BOYKOTTIERT DIE LÜGNER! « in die Kameras. US- Flaggen wurden medienwirksam verbrannt, ein gottverdammter Kameltreiber wischte sich doch tatsächlich sogar den Hintern damit ab. Das rote Laufband am unteren Rand des Bildschirms verkündete: EILMELDUNGEN *** ANSCHLAG AUF US-AMERIKANISCHE BOTSCHAFT IN SPANIEN *** 8 TOTE, 22 VERLETZTE *** GREENPEACE BESETZT CO2-CONTAINERSCHIFF VON METTRACK INTERNATIONAL *** MEHRERE VERLETZTE ***
Randall T. Donovan kauerte im Fernsehsessel seines Wohnzimmers und starrte mit rotgeränderten Augen in den Fernseher. Er rülpste und nahm einen weiteren Schluck aus der Bourbon-Flasche, die er im Laufe des Nachmittags bereits halb leergetrunken hatte. Noch immer fühlte es sich ungewohnt an, die Flasche in der linken Hand zu halten – der Hand, an der ihm der kleine Finger fehlte. Seitdem ihm ein Stahlträger des herabstürzenden Bohrturms vor exakt einem Monat den rechten Arm abgetrennt hatte, war in Donovans Leben so manche Veränderung eingetreten. Er betrachtete die elektronische Fußfessel an seinem Knöchel und wünschte sich, dieses beschissene Rettungsboot hätte ihn nie aus dem Wasser gefischt. Gemeinsam mit der Independence unterzugehen wäre ein Tod nach seinem Geschmack gewesen. Stattdessen saß er hier in diesem Sessel, warf sich Orbital in obszönen Mengen ein, soff sich die Hucke voll und sah dabei zu, wie die Veröffentlichung der Independence-Akte die Welt gegen Mettrack und Amerika aufbrachte. Verdammt, Nick Schäfer, dieser Pisser, wurde sogar als nächster Pulitzerpreisträger gehandelt.
Donovan fluchte derb und gönnte sich einen weiteren Schluck.
Wie erwartet, hatte die Wahrheit über Projekt Morgenröte weltweit für Empörung gesorgt. Mettrack-Aktien rauschten ins Bodenlose. Erste Nationen hatten die Vereinigten Staaten bereits vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschheit angeklagt. Die USA schlitterten geradewegs in die schlimmste Wirtschaftskrise aller Zeiten, und das alles nur wegen einem alten Säufer, der kurz vor seinem Tod Anwandlungen von Reue empfunden hatte und sein Gewissen erleichtern wollte.
Noch immer konnte Donovan nicht fassen, was sich da abspielte. Roman Leuthard, Xavier Rochas, Claude Chevallier und dieser Versager, River Maddox, wurden in den Medien zu Märtyrern hochgejubelt. Donovan selbst dagegen drohte nach der Anhörung vor dem Militärgericht nächste Woche eine Anklage wegen mehrfachen Mordes.
Wütend schleuderte er die Bourbon-Flasche in den Fernseher.
Mühsam erhob er sich, wankte ins Bad und sah in den Spiegel, aus dem ihm ein unrasierter, vom Alkohol- und Drogenmissbrauch gezeichneter Mann entgegenblickte. Er hatte sein Land im Stich gelassen, es verraten – kurzum, auf ganzer Linie versagt.
Er griff nach dem Rasiermesser seines Vaters, das seit Tagen unbenutzt auf dem Waschbecken lag. Er steckte es sich zwischen die Zähne und klappte es mit seinen verbliebenen vier Fingern umständlich auf. All die Jahre über hatte er seinen Vater für dessen Feigheit verachtet. Nie hatte Donovan verstanden, wie man so tief sinken konnte, sich selbst zu richten. In diesem Augenblick aber konnte er nachvollziehen, was sein Vater damals durchgemacht und wie er sich dabei gefühlt haben musste.
Donovan fasste einen Entschluss. Ebenso wenig wie über seinen Vater würde auch kein Gericht der Welt jemals über Randall T. Donovan richten, der all die Jahre über selbst Herr über Leben und Tod gewesen war. Er starrte in seine blutunterlaufenen, glasigen Augen, führte das Rasiermesser an seinen Hals, setzte die Klinge an und schlitzte sich die Kehle auf.
Du hattest recht, Vater, ich bin wie du.
ENDE
Danksagung
Auf dem Weg von der ersten Idee bis zum fertigen Buch habe ich viel Hilfe und Unterstützung erfahren. An erster Stelle möchte ich mich bei meiner Familie bedanken. Ihr alle habt unglaublich viel Verständnis für mich aufgebracht und mir stets den Rücken freigehalten. Das weiß ich wirklich zu schätzen. Selbst, wenn ich in den unmöglichsten Situationen mal wieder geistig abwesend war, weil mich meine Protagonisten einfach nicht zur Ruhe kommen ließen, konnte ich immer auf eure Unterstützung zählen. Ich bewundere eure Geduld!
Ein riesiges Dankeschön gebührt Rainer Wekwerth. Rainer, du hast mich angespornt, mich beflügelt und mir gezeigt, was es bedeutet, mit
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