Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
Anfänger“, wagte Beate den Widerspruch. Pfeifer ging
nicht darauf ein. „Die Kollegen haben mir übrigens vorhin mitgeteilt, sie
hätten Reisepläne nach München in Roths Wohnung entdeckt, aber ich mag nicht so
recht glauben, dass er einen so eklatanten Fehler begeht.“ Er machte eine kurze
Pause.
„Selbstverständlich
fahndet die Münchner Kripo ebenfalls nach ihm“, nutzte Beate die kurze
Unterbrechung. „Schon, aber ich würde trotzdem lieber meiner Schweiz-Theorie
folgen. Das wäre nämlich die Fluchtroute, die ich wählen würde. Ich werde
selbst hinfahren. Ich möchte, dass du hier bleibst und die weiteren
Ermittlungen von hier aus leitest. Ich brauche jemanden vor Ort, der
vertrauenswürdig ist. Außerdem hast du ja noch den Hölderlin-Fall.“
Beate
war bitter enttäuscht. Sie sollte hier herumsitzen und Däumchen drehen, während
alle anderen an der Verfolgung teilnehmen durften? Sie seufzte laut. Sie kannte
ihren Chef mittlerweile gut genug um zu wissen, dass er in dieser Angelegenheit
keine Widerrede dulden würde, also fügte sie sich missmutig in ihr Schicksal.
Heute Nachmittag um zwei hatte sie sowieso ein Gespräch mit Leclerc senior, da
konnte sie sich schlecht jetzt an einer Verfolgungsjagd in die Schweiz
beteiligen. Sie seufzte noch einmal vernehmlich. Doch auch diese Unmutsbekundung
verhallte ungehört.
Als
Nächstes setzte Pfeifer sich mit der Schweizer Polizei in Basel in Verbindung.
Sie sollten ihre Grenzbeamten anweisen, nach Roth Ausschau zu halten. „Meine
Kollegin faxt Ihnen gleich das Fahndungsfoto durch.“ Er selbst hatte vor, den
Weg über Konstanz nach Kreuzlingen zu nehmen. Für Roth war das, seiner Meinung
nach, die einzig sinnvolle Möglichkeit, von Freiburg aus in die Schweiz zu
gelangen. Ich bin kein Anfänger, Roth, diesmal bin ich dir einen Schritt
voraus!
Ab
Kreuzlingen würde er sich auf fremdem Hoheitsgebiet befinden. Deshalb rief er
seinen Freund und Schweizer Kollegen Ruedi Egger an und bat ihn, ihn an der
Anlegestelle auf der Schweizer Seite zu treffen. Ruedi sagte ihm, wie erwartet,
die Amtshilfe sofort zu und versprach, die größeren Flughäfen wie Zürich,
Basel-Mühlhausen und den Flughafen Genf, sowie sämtliche Regionalflughäfen
umgehend nach Tom durchsuchen zu lassen.
Pfeifer
und Ruedi wollten sich vor allem auf den Flughafen in Zürich konzentrieren. Die
Vermutung lag nahe, dass das Toms nächste Anlaufstelle sein würde.
„Pass
auf dich auf. Ich brauche dich gesund und munter wieder. Er ist es nicht wert.“
Beate ließ ihn ungern alleine fahren. Der ganze Fall hatte ihn ziemlich
mitgenommen. So wie er aussah, hatte er seit Tagen nicht mehr richtig gegessen,
von Schlaf gar nicht zu reden. Sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Aus
irgendeinem Grund nahm er Toms Fehlverhalten sehr persönlich. Sie nahm sich
vor, ihn bei nächster Gelegenheit danach zu fragen.
„Jetzt
nicht sentimental werden, Frau Kollegin. So schnell wirst du mich nicht los.
Ich melde mich von unterwegs.“ Er stieg in seinen Wagen und machte sich auf den
Weg nach Konstanz.
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„Schön, dass ich diesmal auch anwesend sein darf.“ Leander verzog schmollend
den Mund, was in Beate wieder einmal den Reflex auslöste, ihn wachrütteln zu
wollen. Sie unterdrückte das Bedürfnis und klopfte ihm stattdessen gönnerhaft
auf die Schulter. „Schon gut. Du sollst auch mal was vom Kuchen abbekommen.“
Das sorgte dafür, dass Leander der Mund offen stehen blieb. Ha! Endlich zum
Schweigen gebracht . Sie freute sich, dass es so einfach gewesen war. Bevor
jedoch ein richtiger Streit entbrennen konnte, klopfte es an der Tür und Cedric
Leclerc trat ein, gefolgt von seinen zwei Leibwächtern. “Bonjour Madame Scheck,
Monsieur Drub.“ Wieder einmal verschlug es Beate den Atem. Dieser Mann war
einfach unglaublich. Trotz seiner geschwollenen Nase, auf deren Rücken sich ein
kleiner Gips befand, und den grün, blau und gelb verfärbten Jochbeinen sah er
umwerfend aus. Und endlich wusste sie auch, was es war, das ihn, neben seiner
Schönheit, so unwiderstehlich machte: Seine Ausstrahlung! Ihn umgab diese Aura
der Macht, die es einem unmöglich machte, sich ihm zu entziehen. Selbstsicher durchmaß
er mit wenigen Schritten den Raum und setzte sich, Leander gegenüber, auf einen
der billigen Besucherstühle. Selbst auf diesem klapprigen, alten IKEA-Stuhl
wirkte er noch, ja, sie würde beinahe sagen, majestätisch.
„Bitte, fangen wir an, Monsieur Drub. Ich habe wenig Zeit. Ich
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