Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
getan, was er tun musste, um seinen eigenen Arsch zu
retten.
Es herrschte kaum Verkehr, sodass Tom bereits nach 2 Stunden in
Konstanz eintraf. Sein Navi leitete ihn zu dem kleinen Hotel in der Nähe der
Therme. Er checkte bereits unter seinem neuen Namen ein und es klappte
reibungslos. Der Portier wollte nicht einmal seinen Ausweis sehen. „Wir freuen
uns, dass Sie bei uns sind, Herr Biedermann. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen
Aufenthalt.“ Er erklärte Tom noch kurz, wann es Frühstück gab und wo er
Abendessen bekommen könnte, und reichte ihm dann die Schlüssel zu Zimmer 17.
Tom bedankte sich freundlich und nahm erleichtert den Schlüssel entgegen. Das
war ja besser gelaufen, als er zu hoffen gewagt hatte.
Er ignorierte den etwas klapprig anmutenden Fahrstuhl und stieg die
Treppe hinauf. Sein Zimmer lag im zweiten Stock auf der rechten Seite. Der Flur
war dunkel, trotz der altmodischen Lampen, die hier an der Wand angebracht
waren. Sie glichen kleinen Kronleuchtern und sollten dem Hotel wohl, zusammen
mit dem roten Läufer, der sich durch die Flure zog, einen Touch von Romantik
verleihen. Wie scheußlich. Kein Wunder, dass hier kaum andere Gäste sind .
In seinem Zimmer angekommen, schloss er sich erstmal ein und sah sich genauer
um. Die Räumlichkeit war klein, aber ordentlich. Die Einrichtung, wie der Rest
des Hotels, altmodisch, jedoch gepflegt. Das grün gekachelte, winzige Bad lud
nicht gerade zum längeren Verweilen ein, doch da Tom nichts anderes übrig
blieb, packte er seine Utensilien aus, die er für die Verwandlung benötigen
würde. Zunächst mussten eine andere Frisur und eine andere Haarfarbe her. Schon
als Kind wäre er viel lieber blond gewesen. Außerdem hatte er sich eine Brille
besorgt. Ein billiges Drogeriemarktgestell aus Massenproduktion, mit
Kunststoffgläsern ohne Sehstärke, das man nicht zurückverfolgen konnte. Zwei
Stunden später betrachtete er verblüfft das Ergebnis seiner Bemühungen. Dann
warf er einen Blick auf sein Passfoto und stellte zufrieden fest, dass er dem
Foto tatsächlich zum Verwechseln ähnlich sah. Bis auf die grünen Kontaktlinsen
war alles paletti. Da sie seine Augen reizten, wollte er sie erst einsetzen,
wenn er wieder unterwegs war.
Tom sah auf die Uhr. Es war genau acht. Zeit für die Nachrichten. Er
wollte wissen, ob sie bereits etwas über ihn brachten oder ob gar die Leichen
aus dem Bunker gefunden worden waren. Er begann mit der Tagesschau und zappte
dann durch die verschiedenen anderen Nachrichtensender. Nichts, sie erwähnten
ihn mit keiner Silbe. Das machte Tom stutzig. Es war in Fällen wie seinem
üblich, das Fahndungsbild des Flüchtigen in den Nachrichten zu zeigen. In der
Hoffnung, ihn mithilfe der Öffentlichkeit schnell zu erwischen. Oder die
Öffentlichkeit vor dem Täter zu warnen, falls er bewaffnet war. Pfeifer, was
hast du vor? Was bezweckst du damit? Tom dachte nach, musste dann aber
einsehen, dass er unmöglich Pfeifers nächsten Schritt voraussehen konnte. Er
zuckte mit den Achseln, schaltete den Fernseher ab und widmete sich wichtigeren
Dingen, nämlich der weiteren Planung seiner Fluchtroute. Das war wenigstens
etwas, das er beeinflussen konnte. Er rechnete kurz nach und nickte dann
zufrieden. Wenn er morgen sofort nach dem Frühstück losfuhr, könnte er gegen zehn
in Zürich sein. Dann konnte er sich in aller Ruhe um einen Flug nach Havanna
kümmern. Er wollte mit der Fähre nach Kreuzlingen übersetzen und von dort über
Winterthur nach Kloten fahren. Er war davon überzeugt, dass sein Plan gut war.
Zwischen Kreuzlingen und Konstanz existierte so gut wie keine Grenze mehr, da
die Städte quasi schon zusammengeschlossen waren und so würde er ungehindert in
die Schweiz gelangen. Gähnend stand er auf und ging ins Bad, um zu duschen.
Heute wollte er früh schlafen gehen, damit er morgen fit war und Noel
Biedermann die Reise in sein neues Leben frisch und ausgeschlafen starten
konnte.
Bevor er einschlief, gingen ihm noch viele Gedanken durch den Kopf.
Einer davon trug erheblich zu seiner Erheiterung bei. Er stellte sich Pfeifers
Gesicht vor, als er erfuhr, wie Tom die zwei Jungs im Streifenwagen abgehängt
hatte. Er wollte jetzt nicht in deren Haut stecken.
37
Pfeifer war gerade mal eine halbe Stunde auf der A81 in Richtung
Konstanz unterwegs, als ihn Beates Anruf erreichte. „Die Konstanzer Kollegen
haben Tom Roths Auto gefunden. Im Bodensee. Sie haben den Audi in
Gemeinschaftsarbeit mit den Schweizern geborgen.
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