Blue
auftauchen. Das war ihre letzte Chance. Weder Boss’ Kontakte noch Toms alte Bekannte hatten ihnen weiterhelfen können.
Boss ging mit einem der Soldaten zum Platzspitz, die beiden anderen pos i tionierten sich an der Quaibrücke und Tom ging mit Gabriel zum Züric h horn . Erst hatte Boss ihn zur Quaibrücke schicken wollen, doch Tom mus s te zum Zürichhorn . Das sagte ihm sein Gefühl. Am Zürichhorn wurde di e ses Gefühl immer drängender und Tom sprang aus Gabriels Wagen , noch bevor dieser den Motor abgestellt hatte. Gabriel holte ihn schnell ein. Tom erkannte weiße Haut, dunkle Haare und ein großes Tattoo auf dem Rücken. Blue! Er rannte , wie er noch nie in seinem Leben gerannt war und betete, dass sie dieses eine Mal nicht zu spät gekommen waren.
Verletzt
Warme Hände holten sie ein Stück weit aus dem dunklen Abgrund, in dem sie sich befand.
„Blue, sprich mit mir!“ Die Stimme brach und machte ihr das Herz schwer. Sie wollte etwas entgegnen, brachte jedoch keinen Ton heraus. Dann umfing sie die samtene Schwärze wieder. Blue hatte das Gefühl zu schw e ben. Ihre linke Körperseite lehnte an etwas Warmem und ein kräftiger Her z schlag drang an ihr Ohr. Jemand hatte sie in eine Decke gewickelt, denn die Fasern kratzten auf ihrer wunden Haut.
„Bleib bei mir, mein Schatz. Gabriel , du musst schneller fahren! Ihr Herz schlägt immer schwächer.“
Toms Stimme war rau. Blue wollte ihn trösten, beruhigen, doch sie konnte sich nicht aus ihrem Kokon befreien. Das Energiefeld hielt sie noch immer gefangen. Immer wieder strichen seine warme n Finger über ihr Gesicht und seine Stimme ermutigte sie zum Durchhalten. Selbst Gabriel s Befehlston konnte sie in der Nähe ausmachen. Die beiden Männer lieferten sich energ i sche Wortgefechte.
„Flö ß ihr Blut von dir ein, Tom. Anders schafft sie es nicht lebend nach Hause.“
„Das hab ich schon versucht! Sie presst ihre Kiefer so aufeinander, dass ihre Zähne knirschen.“
„Was haben diese Ungeheuer nur mit ihr angestellt? Diese Wunden und all die Narben. Wie konnte sie da überhaupt lebend rauskommen? Hast du ihre Augen gesehen?“
Gabriel sprach aus, was schon seit Blues Gefangennahme an ihr fraß. Doch bevor Panik sie ergreifen konnte, wurde sie von heftigen Krämpfen geschüttelt. Ihr war klar, dass sie sich in einer Art Teufelskreis befand. Das Energiefeld schützte sie zwar einerseits, andererseits fraß es ihre letzten R e serven auf. Wenn sie nicht so schnell wie möglich den mentalen Schalter finden würde , um es herunterzufahren, wäre sie in ein paar Minuten tot.
„ Gabriel , drück endlich aufs Gas! Sie hat eine Art Anfall“, rief Tom über ihren un kontroll iert zuckenden Leib hinweg.
Sie spürte, wie sie gegen Toms Brust gedrückt wurde und Gabriel murme l te: „Ihr Körper stirbt.“
Die energetische Blase, die Blues Bewusstsein umhüllt hatte, löste sich mit einem einzigen Plopp. Tiefe Dunkelheit umfing sie. Sie hatte das Gefühl, aus kaltem Wasser aufzutauchen. Weiche Laken schmiegten sich an die Kont u ren ihres Körpers. Jede Muskelfaser und jeder Knochen schmerzte.
„Wo bin ich?“, murmelte sie und bemerkte den Schlauch, der in ihrem R a chen steckte. Warme Finger berührten ihr Gesicht und strichen ihr die Haare hinters Ohr. Ein vertrauter Geruch stieg ihr in die Nase. „Tom“, wimmerte sie . „Bist du das? Ich kann nichts sehen! Warum kann ich nichts sehen?“ Eiskalte Panik erfasste sie. Tom zog sie in seine Arme und drückte sie an sich. Sein Herzschlag drang an ihr Ohr und da wusste sie es mit Sicherheit. Er hatte sie getragen und beschützt, als sie am verwundbarsten gewesen war.
„Ich bin hier, Blue“, flüsterte er und küsste sie.
„Bin ich blind, Tom?“ Wollte sie die Antwort überhaupt hören? Noch b e vor sie sich darüber im Klaren werden konnte, ertönte Toms Stimme ganz in ihrer Nähe.
„Du bist nicht blind. Aber wir mussten deine Augen verbinden.“ Er zöge r te und wollte nur zu deutlich nicht weitersprechen.
„Sag mir die Wahrheit“, verlangte Blue schwach.
Er räusperte sich und rückte ihr Kissen zurecht. „Die Typen haben dir die Augenlider zugenäht. Deine Augen w ar en über vier Wochen keinem Licht ausgesetzt. Deswegen hat sie der Doc mit Pads abgedeckt.“
„Wer ist dieser Doc und was zum Teufel steckt in meinem Hals?“ Der Gedanke daran, dass sie wieder ein sogenannter Herr Doktor angefasst hatte, ließ sie schaudern. Ihr Herz schlug hart gegen die Rippen und
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