Blue
Übelkeit e r fasste sie.
„Doc ist Boss’ Leibarzt. Er hat dir den Schlauch durch die Nase in den Magen geschoben. Durch ihn konnte n wir dir Blut einflö ß en. Du warst total spastisch und dein Mund war nicht zu öffnen.“
Blue tastete nach den Pads und versuchte das Klebeband, das sie festhielt, zu lösen.
„Nicht“, bat Tom. Als er merkte, dass sie weitermachte, meinte er: „Warte wenigstens, bis ich die Vorhänge geschlossen habe. Die Sonne scheint durchs Fenster.“ Kurz darauf hörte Blue , wie die schweren Nachtvorhänge zugezogen wurden.
„Jetzt sind sie zu. Lass mich das machen.“ Toms Stimme war sanft und warm. Sie war froh über seine Hilfe, denn aus irgendeinem Grund taten ihr ihre Finger entsetzlich weh. Er löste vorsichtig Pflaster um Pflaster. „Lass die Augen noch zu. Nimm dir Zeit.“ Dann entfernte er die Pads. „ N un kannst du es versuchen.“
Blinzelnd öffnete sie die Lider einen Spaltbreit . Selbst das gedämpfte Licht stach ihr in die Augen und sie musste sie sofort wieder schließen. Nach ein paar weiteren unangenehmen Versuchen erkannte sie Toms grüne Augen. Sie waren von unzähligen Sorgenfalten umrahmt. Seine sonst so goldene Haut wirkte fahl. Er schien um Jahre gealtert.
„Kannst du mir bitte diesen grässlichen Schlauch herausziehen?“
Tom zögerte erst, doch dann löste er das Klebeband und zog am Schlauch. Husten und Würgen wechselten sich ab und ließen Blue erzittern. Als das Ding schließlich draußen war, stand ihr der kalte Schweiß auf der Stirn.
Nun wagte sie einen Blick auf ihre Hände. Die Fingerspitzen waren aufg e platzt und die Nägel bis auf das Fleisch abgerissen. Dann sah sie ihre Arme. Die Haut wies viele Narben auf, von Schnitten und Brandwunden, die man ihr zugefügt hatte. Durch ihren schlechten Ernährungszustand waren sie nicht gut verheilt und es würde wahrscheinlich Wochen dauern, bis man sie kaum mehr sehen konnt e .
Langsam setzte sich Blue mit Toms Hilfe auf. Sie war so schwach, dass sie es allein nicht geschafft hätte. Mit den wunden Fingern hob sie die Decke und betrachtete ihre Beine. Sie wiesen dieselben Verletzungen auf wie die Arme. Dazu noch tiefrote lange Flecken. An diesen Stellen hatten ihr die Bastarde buchstäblich die Haut abgezogen. Die Erinnerung an die unerträgl i chen Schmerzen ließ sie würgen.
„Leg dich hin, Süße.“ Tom drückte sie zurück in die Kissen und deckte sie zu. Danach legte er sich zu ihr. Er zog sie an seine Brust und schlang die Arme fest um sie. Es fühlte sich gut an. Sicher. „Ich dachte, ich hätte dich verloren.“ Seine Stimme brach fast. „Und als wir dich dann f a nden und du in meinen Armen fast gestorben wärst, bin ich beinahe wahnsinnig geworden.“
Blue war eigentlich zu müde , um zu sprechen. Dennoch brannte ihr eine Frage auf der Zunge. „Wie habt ihr mich gefunden?“
Tom räusperte sich und bettete sie beide leicht um. Schließlich erzählte er ihr von den Wochen nach ihrer Entführung und wie sie sie endlich entdeckt hatten .
„Ich dachte, du wärst tot. Du hast kaum geatmet und ich konnte dein Herz nicht fühlen.“ Er schluckte schwer. „Aber hören konnte ich es. Es schlug entsetzlich langsam und schwach. Und du warst so schrecklich kalt.“ Er hielt inne und hob mit seinem Finger ihr Kinn an. Diese Geschichte hatte ihn mehr gezeichnet als seine Folterungen durch die Outlaws.
„Du hast es fast nicht geschafft, Blue. Verlang nie wieder von mir, dass ich mich aus einem Kampf heraushalte, nur weil du mich schützen willst. Ich werde dich nie wieder allein lassen. Hörst du? Und vor allem wirst du dich regelmäßig nähren. Ob es dir gefällt oder nicht. Das ist ein Befehl!“ Die V e hemenz in seiner Stimme ließ ihr Herz stottern.
Blue fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und sie vergrub das G esicht an seiner Brust. Die Trä nen flossen in warmen Rinnsalen über ihre Wangen und hinterließen Flecken auf seinem Shirt. Sie wollte nicht weinen. Denn Weinen bedeutete Schwäche und sie war nicht schwach. Sie war eine Kriegerin, eine Sangualunaris und als solche durfte sie weder Tränen vergi e ßen noch Schwäche zeigen.
Aber die Wut, die Angst und die Schmerzen der letzten Wochen forderten ihren Tribut. Tom hielt dem Ansturm stand und war der Fels in der Bra n dung. Er drückte sie an sich und verankerte sie im Hier und Jetzt.
Nachdem die Tränen versiegt und die letzten Schluchzer aus Blues Kehle gekommen waren, suchte sie seinen Blick. „Es tut
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