Blue
fahrung mit eingesperrt und gefesselt sein.“ Sie trat hinter den Stuhl, auf dem sie gesessen hatte. Im Zorn hob sie den Arm und schlug mit der Hand gegen die Lehne. Zumindest wollte sie das. Der Stuhl sollte lediglich umfallen. Stattdessen flog er hoch in die Luft und krachte gegen die Wand. Dort ze r splitterte er in zig Teile. Erstaunt blickte Blue erst auf ihre Hand, dann in die Runde. Sie hatte den Stuhl überhaupt nicht angefasst . Wenige Zentimeter , bevor sie ihn berührt hatte, war das Energiefeld aus ihrer Hand ausgebr o chen und hatte das Möbelstück quer durch den Raum katapultiert. Kurz bevor der Stuhl der Erdanziehung getrotzt hatte, hatte sich die Energie in einem kleinen, blauen Blitz entladen.
Tom war der Erste, der seine Stimme wiederfand. „Was zum Teufel war das?“
Gabriel und Boss waren wie vom Donner gerührt. Da Blue von dem ga n zen Theater die Schnauze gestrichen voll hatte, drehte sie sich auf dem A b satz um und ging zur Tür.
„Blue!“ Boss’ herrische Stimme prallte von ihr ab.
„Leckt mich doch alle! Ich komme, wie ihr gerade gesehen habt, sehr gut allein klar “, rief sie und streckte ihnen den Mittelfinger entgegen.
Tom war aufgesprungen und wollte ihr nachrennen.
„Untersteh dich“, brüllte sie ihn an . „Ich brauche keinen Babysitter.“
Erst sah er sie verdattert an. Doch gleich darauf funkelten seine Augen w ü tend. „ Hatten wir dieses Thema nicht schon abgehakt, Baby? “
„ Ich lass mir von niemandem vorschreiben , was ich zu tun habe.“ Es tat ihr im Herzen weh , so mit Tom zu reden. Doch Boss’ Engstirnigkeit hatte bei ihr alle Sicherungen durchbrennen lassen.
Tom sah sie gelassen an. „Und ich erinnere dich an unsere Abmachung und erwarte, dass du dich daran hältst.“
Blues Mund klappte auf und gleich wieder zu. Was sollte man darauf en t gegnen? Auf wen war sie eigentlich wütend? Die Antwort war einfach: Nur auf sich selbst.
Ohne zu antworten , drehte sie sich um und rannte davon. Was war nur g e schehen? Früher war sie niemandem Rechenschaft schuldig gewesen und Boss hatte ihr in solchen Dingen meist freie Hand gelassen. Doch jetzt ha t ten plötzlich drei Männer das Gefühl, sie könnten über sie bestimmen. Ein König, der jetzt auf einmal meinte , Regent spielen zu müssen. Ein selbst ernannter Bodyguard und ein Mann, der sie als seine hilflose, kleine Ehefrau ansah. Eins war klar, früher war sie besser dran gewesen, früher hatte sie ihr Leben selbst in der Hand. In diesem Moment fasste sie einen Entschluss. Sie wollte ihr Leben zurückbekommen. Sie wollte wieder Herr über sich sein. Tom würde das akzeptieren müssen, wenn er weiterhin mit ihr zusammen sein wollte. Sie war nicht das zerbrechliche Püppchen , für das er sie hielt.
Frustriert ging Blue zu ihrem Büro. Auf dem Weg dorthin lief sie Lucy in die Arme. Diese bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Blues Blick hielt sie jedoch davon ab, zu fragen.
„Hast du Zeit , mir die Haare zu schneiden, Lucy?“ Blue war inzwischen genervt von allem. Schon der Gedanke, wer alles gegen ihren Willen ihre Haare angefasst hatte, ließ sie schaudern.
„Na klar. Ich hab jetzt eine halbe Stunde Pause. Komm , lass uns in meine Garderobe gehen. Da hab ich alles , was ich brauche.“
Als sie kurz darauf auf dem Stuhl vor Lucys Schminkspiegel saß, bekam sie fast kalte Füße wegen ihres Entschlusses. Lucy stand hinter ihr und bürstete ihre Haare.
„Wie viel soll ich abschneiden?“, fragte Lucy.
„Alles“, antwortete Blue bestimmt, „es ist Zeit für einen Neuanfang.“
Lucy erstarrte. „Bist du sicher? Ich meine, du hast so schöne Haare.“
Blue ergriff ihre Hand, die auf ihrer Schulter lag. „Mach sie kurz, Lucinda. Ich kann mich so nicht mehr ansehen. Sorg einfach dafür, dass ich gut au s sehe.“
Lucy nickte und holte ihre Utensilien heraus. Das leise Klimpern der Sch e ren und Kämme erinnerte unangenehm an die Zeit im Labor. Energisch schob Blue diese Bilder in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins. In der Zwischenzeit verabschiedete sie sich von den hüftlangen schwarzen Haaren, die sie so viele Jahre begleitet hatten.
„Kannst du bitte dein e Jacke ausziehen? Sonst ist sie nachher voller Ha a re.“
Blue nickte s tumm und zog d ie Jacke aus. Sie trug darunter nur ein kur z ärmliges Shirt . Lucy atmete zischend aus. Blue nahm an, dass sie die mittle r weile verblassenden Narben an ihren Armen gesehen hatte. Nachdem Lucy Blue ein Handtuch über die Schultern
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