Bluescreen
selbst.
Wir brauchen nicht nur den Arbeitsplatz
Wir brauchen die ganze Fabrik und die Kohle
und das Erz und
Die Macht im Staat.
Gut, das ist, was wir brauchen
Aber was
Bietet ihr uns an?«
aus: Bertolt Brecht,
»Die Mutter. Leben der Revolutionärin
Pelagea Wlassowa aus Twersk«
Diejenigen von uns, die auf die schicken Universitäten gegangen sind und sich dort ganz nebenbei das Selbstbewusstsein und das Savoir-faire der herrschenden Klasse angeeignet haben – wir haben Entscheidungen zu treffen. Wir müssen uns entscheiden, ob wir der Welt die Treue halten wollen, die uns dort gegeben wurde, oder derjenigen, aus der wir gekommen sind.
»Ah, du hast in Harvard studiert«, sagte eine junge Frau, die ich einmal zu beeindrucken versuchte, vor sehr langer Zeit. »Wow, ich bin beeindruckt! Manche lassen sich ja richtig einschüchtern von Leuten, die in Harvard studiert haben.« Ihre Worte machten mir Angst, aber auf eine Art ließen sie mich auch hoffen, dass sie eine von diesen Manchen sein könnte. Junge Männer brauchen solch zufällige Ermunterungen.
»Weißt du, das erinnert mich an etwas, das einer Freundin von mir passiert ist.« Sie lächelte ihr süßes Lächeln und erzählte folgende Geschichte:
»Eine Freundin von mir zog gleich nach dem College nach Northampton, und da gab es nun wirklich nicht viele Typen, mit denen sie sich hätte verabreden können. Bei der Arbeit lernte sie ein paar Leute in ihrem Alter kennen, die jede Woche zusammen Akte X schauten. Du erinnerst dich an die Serie, oder? In dieser Gruppe gab es auf jeden Fall einen total netten Kerl, der ihr schöne Augen machte und den sie auch sehr sympathisch fand. Er war ausnahmsweise mal nicht schwul und arbeitete als Grundschullehrer. Das einzig Merkwürdige an ihm war, dass er, wie sie wusste, in Harvard studiert hatte. Genau genommen, erwähnte er das selbst immer wieder, was sie tatsächlich ein wenig einschüchterte. Als sie einmal beide dieselbe Akte - X -Folge verpasst hatten und er sie zu sich nach Hause einlud, um die Episode ohne die anderen nachzuholen, sagte sie natürlich Ja.
Sie kuckten also Akte X , und alles lief ganz normal. Allerdings fiel ihr doch auf, dass er ein bisschen arg aufgeregt wurde, als Scully – das ist die Heldin – ihre schmutzig gewordene Bluse ausziehen und die Außerirdischen fortan im BH jagen musste. Ach, so sind Typen nun mal, dachte sich meine Freundin. Außerdem hatte er wirklich ein schönes Apartment, mit vielen üppigen Grünpflanzen. Als der Fernseher aus war, wurde die Situation zwar ein bisschen verkrampft, aber sie stand voller Bewunderung bei den Pflanzen, und schließlich sagte er: ›Ähm, willst du dir auch die Pflanzen ansehen, die in meinemSchlafzimmer stehen?‹ Und sie entschied: Ja, das wollte sie.
Sie geht also vorneweg ins Schlafzimmer, wo ihr auf den ersten Blick etwas Merkwürdiges auffällt: Auf Augenhöhe hat der Kerl ringsum an den Wänden Fotos von Audrey Hepburn aufgehängt. Audrey in Ein Herz und eine Krone . Audrey in Frühstück bei Tiffany . Sie kuckt sich also die Bilder an, die immer sexier werden, bis die Reihe von der Türöffnung unterbrochen wird, durch die gerade der Typ den Raum betritt. Sie macht natürlich die Tür zu, weil sie das Ende der Bilderserie sehen möchte. ›Nein!‹, ruft er noch, und macht einen Satz, um sie aufzuhalten – zu spät. Auf der Rückseite der Tür bemerkt sie sofort zwei Sachen: Erstens kulminiert die Serie in äußerst sinnlichen Aufnahmen von Audrey: Sie trägt nichts als einen BH und einen Hüfthalter oder eine Art durchsichtigen Slip. Und zweitens ein riesiges, mannshohes Ledergeschirr, das an einem Ausleger hängt, der oben an der Tür angebracht ist. Es gibt Schlaufen für die Beine, eine, in der man offensichtlich sitzen kann, und einen Riemen, der sich am Hals mit einer Schnalle festzurren lässt. Alles ist in einer Höhe angebracht, von der aus man – einmal angeschirrt und mit dem Riemen straff um die Kehle – genau auf Audrey kucken kann.
›Äh, was ist das denn?‹, fragte meine Freundin.
›Oh‹, sagte er mit zitternder Stimme. ›Das ist mein Geschirr.‹
›Klar. Natürlich. Und wofür brauchst du das?‹
›Nun, ich, . . . Ich benutze es zum Masturbieren‹, antwortete er mit einem Hauch fürchterlicher Scham in der Stimme. Doch dann gewann er plötzlich seine Selbstsicherheit zurück und meinte: ›Keine Sorge! In Harvard hat jeder
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