Bluescreen
so eins.‹«
Gesetzgebung aus dem Bauch heraus oder: Umverteilung
Eine der Lektionen, die man lernt, wenn man heutzutage ein Magazin gründet, das der Politik auch nur ein kleines bisschen Aufmerksamkeit widmet, besteht darin, dass sich sofort ein Haufen Miesmacher einfindet, der nach dem Was und Wozu, nach dem Ob und Wie zu wissen verlangt. Gehört man in die hinteren Regalreihen sortiert, gleich neben Mother Jones , Z und American Spectator ? Oder ganz nach vorne, zusammen mit The Nation , Weekly Standard und American Prospect ? Ob man wirklich keinen Präsidentschaftskandidaten unterstützen wolle? Oder eine Partei? Oder eine bestimmte Strömung innerhalb einer Partei? Oder ob man sich nicht wenigstens für ein Thema oder irgendeine Position einsetzen wolle? Die Idee, dass der Politik in diesem Land auch gedient sein könne, indem man über Probleme und prinzipielle Fragen nachdenkt, anstatt über konkrete Strategien zu diskutieren, irritiert diese Miesmacher nicht etwa, nein, sie macht sie wütend.
Die zornigen politischen Miesmacher wollen, dass man »Verantwortung« übernimmt, die in ihren Händen zu so etwas wie einer fiktiven Form der Macht wird. Wenn man die Welt lediglich vom Lehnstuhl aus infrage stellt, fühlen sie sich persönlich beleidigt. Bildet man sich jedoch ein, man könne sie von dort aus regieren, sind sie begeistert – weil man dann ebenfalls auf jene Fiktion aufgesprungen ist, die ihre elitistische Position rechtfertigt. Diese Kommentatoren, die keinerlei Zugang zum Gesetzgebungsverfahren haben und keine erhabenere Grundlage für ihr politisches Engagement als die ganz normale Staatsbürgerschaft (sie halten sich natürlich nicht für ganz normale Staatsbürger), blöken und fauchen und äußern sich ständig ganz offiziell zu den verschiedensten Gesetzesinitiativen im Kongress, auf die sie nicht den geringsten Einfluss haben. Sich andauernd offiziell zu etwas zu äußern, heißt allerdings, »politische Verantwortung« in eben jenem falschen Sinn zu übernehmen. Die Meinungshuberei selbst – dieses ritualisierte Ventilieren von Ansichten zu allem und jedem, das nur der Legitimation der aufgeregten Selbststimulierung einer Klasse von niemandem gewählter Schiedsrichter dient, die letztendlich den Staatsbürger in sich selbst nicht respektieren – wird keine Sekunde lang kritisch hinterfragt.
»Wofür setzt du dich ein? Was hast du vor?« Was die Gesetzgebung angeht? Soll das ein Witz sein? Nun, es gibt etwas, das man tun kann, ohne sich den Meinungsmachern zu unterwerfen: Für den Fall, dass der Kongress eines Tages tatsächlich an uns herantritt und uns nach unseren Gesetzesinitiativen fragt, sollte womöglich doch jeder Staatsbürger wissen, was ihm am Herzen liegt, und seine Vorschläge und Resolutionen zur Hand haben. Nennen wir diese Praxis »Politischen Surrealismus«: Fordern wir das in der Gegenwart Unmögliche, damit wir wenigstens die Grundsätze ans Licht bringen (ob nun über Umwege oder – was unwahrscheinlicher ist – auf direktem Weg), welche die Welt regieren würden, die wir uns statt derer wünschen, die wir de facto haben.
§ Grundsatz: Eine Regierung ist dazu da, das Geld so zu verteilen, dass kein Bürger arm ist – damit es niemanden gibt, für dessen elende Situation, in die er aufgrund der Willkür des Schicksals geraten ist, wir uns mitverantwortlich fühlen müssten. Im Leben geht es darum, die Einzelnen für den Individualismus zu befreien. Der Individualismus zielt als Projekt darauf ab, das eigene Leben so ansprechend und so außergewöhnlich zu machen, wie man es sich eben wünscht – und zwar ohne die Barrieren, welche uns eine ungerechte Gesellschaft, die alle Erfolge zu unverdienten werden lässt, in den Weg stellt. Die Regierung ist das externe Korrektiv, das uns ein Leben in wirklicher Freiheit ermöglicht.
§ Gesetzesinitiative Nr. 1: Individuelle Einkommen sollen bei einer bestimmten Höhe gedeckelt werden. Zu diesem Zweck müssen Menschen, die (aus welcher Quelle auch immer) mehr als 100 000 Dollar im Jahr verdienen, ab dieser Grenze 100 Prozent Einkommensteuer bezahlen.
§ Gesetzesinitiative Nr. 2: Jeder einzelne Bürger soll aus den Einnahmen der Regierung jährlich 10 000 Dollar ausbezahlt bekommen, in monatlichen Raten. Und zwar schlicht und ergreifend aufgrund der Tatsache, dass er eben ein erwachsener Amerikaner ist.
Vermögensumverteilung kann ziemlich zermürbend sein, wann immer sie zum Thema wird. Am
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