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zermürbendsten ist sie wohl für diejenigen, die am wenigsten vermögend sind, weil sie am härtesten für jeden Dollar gearbeitet haben und es sich nicht leisten können, auch nur einen Dollar zu verlieren.
Umverteilung erfolgt allerdings in zwei Schritten, und wenn man sich diese Schritte einmal genauer anschaut, dann ist alles gleich gar nicht mehr so zermürbend. Der erste Schritt wurde bereits im vergangenen Jahrhundert vollzogen: die Einführung der progressiven Einkommenssteuer, einer der größten Triumphe der Zivilisation. Man einigte sich darauf, die Steuerlast zu staffeln, um die relative Belastung für alle Verdienenden anzugleichen. Für eine Person, die insgesamt über wenig Geld verfügt, ist ein kleiner Betrag so wertvoll wie ein weitaus größerer Betrag für eine Person mit einem Haufen Geld. Sie sind allerdings beide gleichrangige Bürger, und so trägt nun jeder die gleiche Last. Zahlen in diesem Sinne alle proportional dasselbe, leisten alle Steuerzahler denselben Beitrag zu unserem Staatswesen, und alle bringen vergleichbare Opfer.
Unsere Aufgabe ist es, in diesem Jahrhundert den nächsten Schritt zu tun. Dabei geht es darum, Vermögen aktiv umzuverteilen, damit sich jene zwei Teile der Gesellschaft auflösen, deren Existenz den Werten der Demokratie und der Zivilisation widerspricht und unter der die Angehörigen beider Klassen leiden: die obszön Armen und die absurd Reichen. Wir müssen beiden Gruppen helfen, und das bedeutet, dass nicht nur die Armut, sondern auch der absurde Reichtum abgeschafft werden muss. Obszöne Armut motiviert weder die Armen noch verschafft sie uns eine Befriedigung; sie lässt die Armen verzweifeln und in die Kriminalität abrutschen. Absurder Reichtum bringt den Reichen nichts und stellt für uns keinen Anreiz dar; sie verwandelt die Reichen (in der Mehrheit gute, anständige, hart arbeitende und begabte Leute) in selbstsüchtige Menschen, die indirekt für große soziale Probleme verantwortlich sind. Es ist grausam, unser System so zu manipulieren, dass diese Extreme entstehen, und es ist grausam, Mitbürger in Abwasserkanäle zu beiden Seiten des Weges unserer Nation zu werfen. Die Existenz der Kasten der Superreichen und der Superarmen führt dazu, dass alles, was wir erreichen, zu etwas Trivialem, ja Unwirklichem wird, und sie zerstört in letzter Konsequenz die amerikanischen Prinzipien der harten Arbeit und des gerechten Lohnes. Glücklicherweise kann die Überwindung des einen Übels (des absurden Reichtums einzelner Personen) zur Beseitigung des anderen beitragen (der extremen Armut).
Wahrer Besitz ist das, was wirklich zu einer Person gehört: etwas, in das sie ihre Hände hineingesteckt hat (John Locke), das für diese Person und niemanden sonst charakteristisch ist, das im Besitz von irgendjemand anderem seinen Zustand verändern würde: ihre Kleidung, ein Wohnhaus, Dinge, die sie berührt und benutzt, der Grund und Boden, auf dem sie tatsächlich wandelt. Eigentum ist das proprium , Besitztümer, die zu so etwas wie einer Eigenschaft werden. Zunächst könnte diese Sache auch irgendjemand anderem gehören, doch im Lauf der Zeit wird sie zu etwas, das eine Person von anderen unterscheidet. Wenn ein Stück Land die Spuren der Füße eines Menschen trägt und ein Gegenstand die Abdrücke seiner Finger, wenn eine Sache seinen Geruch und seine ganz persönliche Atmosphäre angenommen hat, dann stellt Eigentum wirklich etwas Besonderes und Unverletzliches dar, selbst wenn es einem auf ungerechte Art und Weise zugefallen ist, etwa durch Erbschaft oder unverhältnismäßiges Einkommen. Vor dem Gesetz genießen der Diamant, der jeden Abend am Hals getragen wird, und der zerrissene Mantel, der einen Frierenden wärmt, zu Recht denselben Schutz.
Anders verhält es sich jedoch mit jener Art von Reichtum, der angesichts der Bedürfnisse des alltäglichen Lebens, ja selbst des Wunsches nach normalen Luxusgegenständen keinen Nutzen mehr mit sich bringt. Reichtümer, die ihr Besitzer nicht täglich berühren, tragen oder beschreiten kann; Dinge, die nicht aus der eigenen Hände Arbeit hervorgehen und die niemanden in die Lage versetzen, arbeiten zu können, sondern ausschließlich in Form virtueller Kolonnen von Zahlen existieren, verwirken den Schutz, den das proprium genießt. Wenn man mehr Häuser besitzt, als man selbst oder die eigenen Angehörigen bewohnen können; mehr Autos, als man fahren kann; wenn man im Jahr viel mehr verdient, als man selbst oder die
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